Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
laute Klopfen hin die Tür geöffnet. Sie hatte sich den Ausweis des Mannes zeigen lassen, bevor sie ihn hereingebeten und ihren verkaterten Gatten aus dem Schlaf gerissen hatte. Obwohl Siri in Sandalen nur etwa einen Meter fünfundfünfzig maß, überragte er den Eindringling im schiefergrauen Safarianzug um einen halben Kopf.
»Wer sind Sie?«, fragte Siri.
»Ist dies Ihr ständiger Wohnsitz?«
»Hat Ihnen eigentlich niemand beigebracht, dass man eine Frage nicht mit einer Gegenfrage beantwortet, weil das äußerst unangenehme Folgen für Ihre …?«
»Siri!«, fiel Madame Daeng ihm gerade noch rechtzeitig ins Wort. Es war unklug, einen Beamten zu reizen, selbst einen so kleinen wie diesen. Die beiden Männer sahen auf, als sie die Fensterläden öffnete, um dem Mekong einen tiefen Einblick in das Innere ihrer Küche zu gewähren. Die Morgensonne verwandelte das Wasser in ein funkelndes Sternenmeer. Ein einsamer Fischer ruderte gegen die Strömung an und schien rückwärtszufahren – oder trog der Schein, und er fuhr tatsächlich rückwärts?
»Wie ich Ihrer … wie ich der Genossin bereits mitgeteilt habe«, sagte der Mann, »ist mein Name Koomki, und ich komme vom Wohnungsamt.«
Siris Magen machte einen Satz. Insgeheim hatte er diesen Besuch erwartet. Er wich zwei Schritte zurück und sank auf den nackten Dielenboden. Im Hinterzimmer der Garküche machte Daeng sich daran, das Gemüse für die feu -Nudeln zu putzen.
»Dr. Siri«, fuhr Koomki fort, »wir sind in unseren Akten auf eine Unregelmäßigkeit gestoßen.«
»Nämlich welche?« Siri beschloss, den Ahnungslosen zu spielen.
»Sie, Genosse.«
»Madame Daeng«, rief Siri, »hast du das gehört? Ich bin eine Unregelmäßigkeit.«
»Genau deshalb habe ich dich geheiratet, mein Schatz.«
Der Mann vom Wohnungsamt errötete.
»Wie Sie gleich feststellen werden, gibt es da nicht allzu viel zu lachen«, sagte Koomki. »Ist dies Ihr ständiger Wohnsitz oder nicht?«
Siri missfiel Koomkis Ton. »Nein.«
»Sie stehen in Unterhosen vor mir, und diese Dame ist eindeutig Ihre Frau …«
»Bin ich nicht«, fuhr Daeng dazwischen.
»Was, seine Frau?«
»Nein, eine Dame.«
Der Mann war diesem Pärchen offensichtlich nicht gewachsen. Er starrte mit feuchten Glubschaugen auf sein Klemmbrett und las: »Dr. Siri, Sie sind der eingetragene Haushaltsvorstand der Ihnen staatlicherseits zugewiesenen Wohneinheit 22B742 in That Luang.«
»Dann werde ich dort wohl auch wohnen«, versicherte Siri.
»Also, laut den uns vorliegenden Informationen wohnen in fraglichem Bungalow zwar mehrere Personen, aber Sie sind definitiv nicht darunter.«
»Und was, bitte, verstehen Sie unter einer ›Wohnung‹?«, wollte Siri wissen.
»Ich … äh …«
»Irgendetwas wird Ihnen dazu doch wohl einfallen?«
»Äh … eine Wohnung ist der Ort, wo man schläft.«
»Ach ja? Und wer an Schlaflosigkeit leidet, hat demzufolge kein Anrecht auf ein Dach über dem Kopf?«
»Was?«
»Sie werden zugeben müssen, dass uns die Regierung jede Menge schlaflose Nächte bereitet. Ich wette, die meis ten Leute machen die ganze Nacht kein Auge zu. In meinem Haus steht zwar ein Bett für mich bereit, aber wenn ich um zwei Uhr morgens wieder einmal keinen Schlaf finde, setze ich mich auf mein Motorrad und fahre hierher, um ein wenig Ruhe und Erholung zu suchen.«
»Oder zu einer seiner zahlreichen Geliebten«, setzte Madame Daeng hinzu.
»Ganz recht.« Siri nickte.
Koomki wandte sich an Daeng, die breit grinsend am Kessel stand. Der Dampf, der ihrer Brühe entstieg, legte sich wie ein Schleier über ihr Gesicht und erfüllte die beiden Männer mit einem unbändigen Hungergefühl. Der Magen des Wohnungsbeamten knurrte.
»Genossin«, sagte er zu Madame Daeng, »ich warne Sie. Einen Regierungskader zu belügen ist ein schwerwiegendes Vergehen.«
»Ehrlich, ich bekomme ihn kaum zu sehen«, sagte sie mit ernstem Blick. »Wie Sie unseren Akten entnommen haben dürfen, wohne ich hier ganz allein. Ich habe natürlich andere Liebhaber, die von Zeit zu Zeit vorbeischauen.«
Siri lächelte und kratzte sich geistesabwesend an seinem fehlenden Ohrläppchen.
Koomki schwante allmählich, dass sie sich über ihn lustig machten. Da er keinen Humor besaß, auf den er hätte zurückgreifen können, klammerte er sich an die Vorschriften.
»Genossen, den gesetzlichen Bestimmungen zufolge ist es streng verboten, Sozialwohnungen unterzuvermieten. Dank der Mildtätigkeit unserer geliebten Republik ist es Ihnen
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