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Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Titel: Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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ein spindeldürrer Kranich auf einem Bein balancierte und ihn unverwandt anstarrte. Im Gras zu seinen Füßen hockte eine Kröte. Er schob ihr die Schuhspitze unter den aufgeblähten Bauch und katapultierte sie in hohem Bogen ins Wasser.
    Wie jeder geduldige Jäger weiß, braucht man nur eine Weile still zu sitzen, und die Beute kommt von ganz allein. Phan war noch keine zehn Minuten auf seinem Posten, als er plötzlich die Stimmen von Kindern hörte, die den Trampelpfad heraufkamen. Durch das Schilf erkannte er etwa ein Dutzend Hemden in verschiedenen Weißtönen. Die Kinder verschwanden im langen Schatten des Berges, tauchten kurz darauf wieder auf und tollten lachend im letzten Sonnenlicht umher. Begleitet wurden sie von der perfekten Frau. Sie hatte einen Stapel Bücher auf dem Arm: vermutlich eine Lehrerin, die mit ihren Schäfchen aus der Schule kam. Sie war schlank und hatte dennoch volle Brüste. Ihre Hinterbacken waren so prall und rund, dass ihr phasin unterhalb der Gürtellinie einen Spaltbreit auseinanderklaffte. Es gab nichts Schlimmeres als eine Frau ohne Arsch. Und ihr Gesicht erst! Ah, ihr Gesicht war makellos, weder Pigmentflecken noch Muttermale, Aknenarben oder gar strähnige Koteletten. Genau seine Kragenweite. Obwohl seine letzten Flitterwochen noch nicht allzu lange zurücklagen, hatte er nicht die Absicht, eine Pause einzulegen. Er war unersättlich.
    Als ein kleines Mädchen ihn allein am Teich sitzen sah, knuffte es seine Spielkameradin in die Seite. Bald waren aller Augen auf ihn gerichtet, auch die der jungen Lehrerin. Fremde bekam man hier nur selten zu Gesicht, und ein gepflegter, gut gekleideter Fremder war wie ein Wesen von einem anderen Stern. Die Kinder blieben stehen, starrten ihn an und wurden von ihrer Lehrerin dafür getadelt.
    »Benehmt euch, Kinder. Wir sind hier nicht im Zoo«, sagte sie.
    Sie bedachte den Fremden mit einem entschuldigenden Nicken und trieb ihre Herde zusammen. Er wusste, dass sie sich noch einmal umsehen würde. Und ihr Blick würde ihm verraten, ob sie ledig oder verheiratet war. Eine verheiratete Frau strotzte im Allgemeinen vor Selbstbewusstsein, weil es ihr gelungen war, sich einen Mann zu angeln und ihn unter ihre Knute zu zwingen. War eine Frau erst einmal defloriert, wurde sie automatisch zur Schlampe, befleckt, unrein, leichte Beute. Eine gemeine Ehehure hätte sich mit einem schamlosen, auffordernden Lächeln zu ihm umgedreht.
    Er wartete. In letzter Sekunde wandte sie sich um. Es war ein flüchtiger, fast zufälliger Blick. Als er ihn erwiderte, lief sie vor Scham rot an. Sie beschleunigte ihre Schritte, bis die Vegetation links und rechts des Trampelpfades sie verschlungen hatte. Aber das war genug. Mehr als genug. Sie gehörte ihm.
    Unersättlich und unwiderstehlich.
    Als Dr. Siri um Viertel nach acht in der Mahosot-Klinik eintraf, lag ein schlafender Hund auf seinem Parkplatz. Musste sich das Vieh denn ausgerechnet heute ausgerechnet hier breitmachen? Es war der einzige Platz, dem ein Baum des Schüchternen Verlangens zur heißesten Tageszeit ein we nig Schatten spendete, und Siri hatte sein Revier mit einer entschärften Landmine markiert, die seine Initialen trug. Ringsum gab es zwanzig andere leere Parkplätze, auf denen er hätte schlafen können, doch der Hund ging offenbar nach denselben Kriterien vor wie der Doktor. Siri hupte. Nichts. Er rückte dem Köter mit dem Vorderreifen auf den Pelz. Keine Reaktion. Er spielte mit dem Gedanken, das Tier einfach zu überfahren, als der Hund plötzlich den Kopf hob und ihn ansah. Seine Augen waren hepatitisgelb, ohne sichtbare Iris.
    »Saloop?«
    Zu Lebzeiten war Saloop Siris Hund gewesen. Oder, besser: war Siri Saloops Mensch gewesen. Der Hund hatte Siri nicht nur adoptiert, sondern ihm obendrein das Leben gerettet. Er hatte zum festen Inventar des Bungalows in That Luang gehört, bis ein Nachbar ihm mit einer Gartenschaufel kaltblütig den Schädel eingeschlagen hatte.
    Der Doktor war erstaunt, aber keineswegs erschrocken, ihm hier zu begegnen. Er hatte schon Schlimmeres gesehen. Er unterhielt eine zwiespältige Beziehung zur Geisterwelt. Zu Siris Verdruss beherbergte sein greiser Körper die Seele von Yeh Ming, einem tausendjährigen Hmong-Schamanen. Wie es schien, hatte sich der Geist nach zähen Verhandlungen mit Siris Vater in ihm eingenistet. Siri war damals noch zu klein gewesen, um sich dessen entsinnen zu können. Sein Vater hatte offenbar wenig Wert darauf gelegt, in Siris Kindheits

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