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Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition)

Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition)

Titel: Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Hennig
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Welt tun, um meine Jugend wiederzuerlangen, außer Sport treiben, früh aufstehen oder ehrbar werden.
    Oscar Wilde, Das Bildnis des Dorian Gray
    Es kommt auf die Länge an …
    Was heißt das eigentlich: Langschläfer sein? Lang ist das Gegenteil von kurz. Aber tatsächlich kommen nur die wenigsten Menschen hierzulande mit einem kurzen Schlaf aus. Die durchschnittliche nächtliche Ruhephase vom Lichtlöschen bis zum Weckerklingeln dauert acht Stunden. Das gilt für jeden Vierten in der Bevölkerung. Fast zwei von drei Personen, also die Mehrzahl, benötigen eine halbe Stunde weniger (7,5 Stunden) oder eine halbe Stunde mehr (8,5 Stunden) Schlaf, um die Batterien wieder aufzuladen. Menschen, deren Schlafbedürfnis wirklich gering ist, also lediglich ca. fünf Stunden beträgt, gibt es nur wenige – nämlich etwa ein Prozent der Gesamtbevölkerung. Ebenso viele brauchen mehr als zehn Stunden Schlaf, um jenen Zustand zu erreichen, den sie mit »wach« beschreiben würden. Das sind die echten Langschläfer – nicht diejenigen, die sich bloß weigern, mit den sprichwörtlichen Hühnern aufzustehen.
    »Lang« ist also durchaus eine relative Größe, und in den allermeisten Fällen schlafen Langschläfer genauso lang wie Frühaufsteher. »Lang« bedeutet also nur »etwas länger in den Tag hinein« – und da stellt sich die Frage: Was ist überhaupt ein Tag? Auch das ist ziemlich relativ.
    Für viele beginnt der Tag, wenn die Sonne aufgeht, für andere erst dann, wenn die Läden öffnen oder man sich langsam den Geschäften des Tages widmet, und er endet abends mit dem Untergang der Sonne bzw. wenn die Läden wieder schließen oder man sich langsam auf die Nachtruhe vorbereitet. Und selbst diese unterschiedlichen Definitionen sind im Vergleich zu sehen. Denn während in Thailand wegen seiner Äquatornähe die Sonne das gesamte Jahr über gegen 5.45 Uhr auf- und gegen 17.45 Uhr untergeht, ein Tag dort also gut und gerne zwölf Stunden umfasst, ist die Tageslänge in allen nördlicheren und südlicheren Regionen über das ganze Jahr hinweg umso variabler, je näher sie sich in der Nähe der Pole befinden. In allen Ländern vom 60. Breitengrad bis zu den Polen geht um die Wintersonnenwende herum die Sonne über mehrere Tage gar nicht auf, während es im Sommer zu den sogenannten »Weißen Nächten« kommt, in denen die Sonne niemals hinterm Horizont verschwindet. An den Polen ist die Situation so extrem, dass sich dieser Zeitraum über ein halbes Jahr erstreckt: Ein Polartag dauert also sechs Monate. Wer hier die Sonnenauf- und Sonnenuntergangsstrategie verfolgt, erleidet Schiffbruch.
    Mit der Erfindung der Uhr entstand eine andere Möglichkeit, einen Tag zu definieren. Ein Tag beginnt demnach um 0 Uhr und endet um 24 Uhr, wobei hier der Anfang des einen Tages zeitgleich auf das Ende des vorhergehenden Tages fällt. Dies ist eine künstliche und von Menschen definierte Sichtweise, aber immerhin eine, die sich an die ungefähre Periode einer Erdumdrehung anpasst, die nach natürlichem Empfinden einen Tag ausmacht.
    Nicht immer war die Mitternachtssekunde der Anfang bzw. das Ende eines Tages. Als Europa die Handelswege nach Asien erschloss, schaute man sich die Art, wie man die Zeit zählt, aus dem Orient ab und führte die sogenannte »Italienische Stunde« ein, die so heißt, weil sie besonders in den norditalienischen Handelsmetropolen Furore machte: In dem Moment, in dem die Sonne untergeht, zählte man schon die Stunden des neuen Tages. Der neue Tag begann also schon spätabends. Ein Relikt dieser Zeitmessung ist der Sabbat, der am Freitag mit Sonnenuntergang beginnt. Das heißt: Wenn man aufwachte, wusste man gleich, wie viele Stunden bis zur Abenddämmerung vom Tage noch übrig blieben – und bei dieser Zeitrechnung fällt es tatsächlich ins Gewicht, wenn jemand die kostbaren Stunden des Tageslichtes verschläft. Dieses Konzept knüpfte an die Notwendigkeiten der neuen florierenden bürgerlichen Gesellschaften der Renaissance an. Nur wer zu einem bestimmten, allgemein vereinbarten Zeitpunkt die Türen seiner Kontore, Büros und Läden öffnete oder seine Waren auf den Markt- und Handelsplätzen präsentierte, hatte die Garantie, auf Kundschaft zu stoßen und gute Geschäfte zu machen, denn umgekehrt wusste ein potentieller Käufer somit genau, wann er nach Angeboten suchen und vielleicht ein Schnäppchen machen konnte, und unter solchen Bedingungen hatte der Spruch »Morgenstund hat Gold im Mund« durchaus seine

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