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Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Titel: Der Fruehling des Commissario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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seitdem nicht mehr gesehen? Verstanden? Kein Wort.«
    Sie bedeutete ihm ein Ja. Sie hätte alles getan, um ihren Arm aus dem Griff dieses Mannes zu befreien, der ihr wie der leibhaftige Teufel erschien. Ein Fischer sang, das ruhige Meer des Morgens rauschte leise.
    Der Mann, der sie immer noch ansah, ließ sie los und verließ rückwärts die Waschküche. Teresa hämmerte das Herz in den Ohren. Der Professor war verschwunden: Vielleicht hatte sie geträumt, vielleicht hatte sie ihn nie gesehen. Sie erzitterte und senkte den Blick.
    Auf dem Fußboden sah sie den Abdruck, den der Schuh des Professors hinterlassen hatte: Er war schwarz, wie von Schlamm. Oder von Blut.
XI
    Maione trat gemeinsam mit Filomena, die er stützte, aus der Tür der Kellerwohnung heraus. Er presste sein Taschentuch auf das gemarterte Gesicht, es war bereits blutgetränkt. Blitzschnell hatte sich die typische Menschenansammlung gebildet, die in den Arbeitervierteln jedem Ereignis, ob Glück oder Unglück, zuteil wird: Im ersten Fall war der Neid zu spüren, im zweiten, der weitaus häufiger vorkam, das Gefühl, einer Gefahr entgangen zu sein, sowie ein kühles Mitleid.
    Diesmal allerdings las Maione in den Augen der Frauen auf dem kleinen Platz eine Feindseligkeit, die stärker pulsierte als die schreckliche Wunde, die er durch das Taschentuch hindurch berührte. Die Person, die er aus der Dunkelheit ans Licht geschleppt hatte, wurde ganz sicher nicht geliebt. Der Brigadiere blickte sich um.
    »Das geschieht dir recht, du Hure!«, hörte er jemanden hinter seinem Rücken zischen. Er drehte sich um, hätte aber nicht sagen können, aus welchem grausamen Mund diese Worte gekommen waren. Die Augen der Frau waren wie versteinert, als ob sie blind geworden wäre.
    »Wie heißen Sie?«, fragte Maione, erhielt aber keine Antwort von ihr.
    »Filomena heißt sie«; antwortete an ihrer Stelle die Alte, die er als Erstes angetroffen hatte, die Frau, die geschrieen hatte.
    »Filomena und weiter?«, fragte Maione und sah sie streng an. Die Feindseligkeit, das Fehlen jedweder Anteilnahme waren greifbar.
    »Filomena Russo, glaub’ ich.«
    Hätte er Zeit dazu gehabt, hätte Maione bitter gelacht: An einem Ort, an dem jeder wirklich alles vom anderen weiß, klang dieses »glaub’ ich« so lächerlich wie eine Karnevalströte.
    »Ist irgendeine Freundin der Signora hier? Möchte jemand sie ins Krankenhaus begleiten?«
    Schweigen. Die Frauen, die ihm am nächsten standen, gingen sogar einen Schritt zurück. Angewidert bahnte Maione sich einen Weg in Richtung Piazza Carità, zum Pilgerkrankenhaus.

    Vor dem Tor hatte sich schon das übliche Grüppchen eingebildeter Kranker versammelt, die jeden Morgen versuchten, eingelassen zu werden und das Mitleid von Ärzten, Krankenpflegern und Bediensteten zu wecken, um nur ein warmes Plätzchen und vielleicht etwas zu essen zu bekommen, bevor sie zurück auf die Straße mussten. Maione, der die Hand um Filomenas Schulter gelegt hatte und das Taschentuch auf ihr Gesicht gedrückt hielt, bahnte sich entschlossen einen Weg in Richtung Haupteingang. Draußen auf dem Pignasecca-Markt wimmelte es nur so von Leben; die Luft war von den Rufen der Verkäufer erfüllt, die miteinander um das beste Geschäft eiferten.
    Der Brigadiere hatte der Frau seinen Mantel um die Schultern gelegt; sie hatte kein Wort gesagt und sich während des Weges auch nicht beklagt. Ein paar Mal war sie zusammengezuckt, wenn eine Unebenheit im Boden Maione dazu veranlasst hatte, ihr die Hand fester aufs Gesicht zu drücken. Die Schmerzen mussten grauenvoll sein. Er fragte sich, wer einer so schönen Frau so etwas Entsetzliches hatte antun können; und warum die Nachbarinnen, bei denen sonst Solidarität und Trost zu finden waren, sie so hassten.
    Die Verletzung befand sich auf der Seite des Gesichts, die Maione verdeckte, und so kam es, dass manche der fliegenden Händler auf dem Markt grinsten, als sie ihn erkannten, seht, seht, der Brigadiere mit unserer hübschen Freundin. Er kümmerte sich nicht darum, stattdessen machte er sich allmählich Sorgen wegen all des verlorenen Blutes. Als er die Vorhalle des Krankenhauses betrat, rief er den Wärter.
    »Hat Doktor Modo Dienst?«
    »Ja, Brigadiere, er hat in einer Stunde Schluss, hatte Nachtdienst.«
    »Rufen Sie ihn sofort. Beeilen Sie sich.«

    Doktor Bruno Modo war Chirurg und Gerichtsmediziner. Er hatte in Norditalien im Militär gedient, die schlimmsten Dinge aber erst danach gesehen, als er erkennen

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