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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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möchte ich im Augenblick nicht sagen, es wäre unklug. Doch ich schlage vor, wir beobachten das Tor. Vielleicht lässt das, was dort vorgeht, Rückschlüsse auf die Ereignisse in der Stadt zu. Mister Barklice, es könnte sein, dass wir Ihre Kenntnisse der Wege nach Deritend in Anspruch nehmen müssen.«
    Vorsichtig setzten sie ihren Weg fort, wobei sie sich im Schatten der Mauer hielten, die den Damm auf der Wasserseite begrenzte.
    Jack hatte sich von der durchrüttelnden Eisenbahnfahrt bereits vollständig erholt und war guter Dinge und aufgeregt. Die Aussichten, Katherine zu finden, waren gestiegen, und er fühlte sich in dieser neuen Welt, in der er sich befand, immer wohler.
    Trotz des unerbittlichen Regens und der Wassermassen überall freute er sich, wieder in einer Stadt zu sein. Ihre Geräusche waren dieselben wie die, mit denen er aufgewachsen war, und ebenso vertraut waren ihm ihre gebrochenen Schatten und Silhouetten, ihrSpiel von Hell und Dunkel, ihr Geruch, ihr geordnetes Chaos, ihre Geschäftigkeit, ihr schieres Leben. Er fühlte sich lebendig und stark und für alles gewappnet.
    »Hier überqueren wir die Schienen.« Pike drehte sich zu ihm um und deutete auf den länglichen Schatten eines hohen Gebäudes, das die Gleisanlage überragte. »Einer nach dem anderen … und höchste Wachsamkeit auf der anderen Seite! An dieser Stelle versuchen uns die Fyrd gern zu überrumpeln.«
    »Nicht an einem solchen Abend«, sagte Barklice zuversichtlich.
    Sie überquerten die Bahnlinie und erreichten kurz darauf einen Aussichtspunkt, der ihnen einen bequemen Blick auf das Westtor ermöglichte, obwohl Jack zunächst gar nicht sehen konnte, was die anderen damit meinten. Schließlich kam er jedoch dahinter, dass sie eine rechteckige Öffnung in einer Mauer beobachteten, die sich auf halber Strecke zwischen Bahndamm und Fluss erhob. Sie war mit einem Gitter verschlossen, doch als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte er, dass sich dort matte Lichter hin und her bewegten.
    Pike zog ein sperriges Fernrohr aus seinem Rucksack und nahm die Örtlichkeit eingehend in Augenschein. Barklice folgte seinem Beispiel, nur dass er seine halbgeschlossenen Hände benutzte.
    »Versuchen Sie es mal, Jack«, murmelte er.
    Jack tat es, und es funktionierte, denn die Hände blendeten das Umgebungslicht aus und lenkten den Blick auf die Szene, auf die sich die Augen einstellen mussten.
    Pike nahm sich Zeit und sagte schließlich: »Da liegt etwas in der Luft, nicht wahr, Barklice? Irgendwas ist faul. Am Tor stehen keine Wachen und … ich will verdammt sein, wenn es nicht einen Spalt offen steht! Da kommen sogar Leute heraus!«
    Es stimmte. Aus dem großen Tor traten Leute. Einige trugen Bündel, andere führten Kinder an der Hand, und alle eilten durch das Gestrüpp ans Flussufer, wo es so finster war, dass man sie nicht mehr sehen konnte.
    »Da links, auf acht Uhr!«, sagte Barklice grimmig. »Neben der Schutztür …«
    Jack entdeckt sofort, was er meinte: Da lag jemand mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden.
    »Das ist ein Wachmann! Und da liegt noch einer, auf zwei Uhr. Seht ihr ihn?«
    Pike lehnte sich zurück und ließ das Fernrohr sinken. »Da ist eine Revolution im Gang, und ich habe sie verpasst!«, sagte er.
    »Sehr viel haben Sie nicht verpasst, Mister Pike«, murmelte Brif. »Denn was da geschieht, hat vor weniger als einer Stunde begonnen.«
    Barklice zog sich in die Schatten zurück und führte sie geräuschlos näher heran. Das offene Tor und die leblosen Körper waren nun gut zu erkennen, aber sonst war im Augenblick niemand zu sehen.
    »Was sagen Sie, Master Brif?«, fragte Pike mit leiser Stimme.
    »Ich wollte eigentlich noch gar nichts sagen«, antwortete Brif langsam, »aber jetzt muss ich wohl. Das ist keine Revolution, womit wir es hier zu tun haben, sondern eine Rebellion. Das heißt, eine Revolte gegen die Fyrd aus den eigenen Reihen.«
    »Unter wessen Führung?«, fragte Pike.
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete Brif.
    »Gegen wen?«
    »Auch das weiß ich nicht.«
    »Wer ist Ihr Gewährsmann?«
    »Das kann ich nicht sagen – noch nicht.«
    Pike blickte erzürnt. »Und ich soll der Anführer Ihrer Knüppelmänner sein?«, knurrte er verbittert.
    »Mister Pike«, erwiderte Brif bedächtig, »ich wurde nur unter der Bedingung ins Vertrauen gezogen, dass ich mit niemandem darüber spreche. Die Person, die mich unterrichtet hat, war sich darüber im Klaren, dass dies alles möglicherweise

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