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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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dürfte. Einverstanden?«
    »Ja, Mylord«, antwortete Parlance höchst vergnügt, denn so exzellent seine Kochkünste auch waren, so wusste er doch, dass Festoons Eingebungen dem Ganzen eine besondere Note verliehen, die das Ergebnis bisweilen ans Geniale grenzen ließen.
    »Wie steht es mit den Weinen, Parlance?«
    In ähnlicher Weise besprachen sie die Weine, die Biere und Dünnbiere, die Fruchtsäfte und Mete, ergänzten und verwarfen, bis eine harmonische Ausgewogenheit hergestellt war.
    »Das wäre erledigt«, sagte Festoon schließlich, »jetzt muss ich mich sputen! Parlance, geben Sie mir Ihre Hand, helfen Sie mir aufstehen, denn in Bälde habe ich eine Audienz, der ich nicht eben mit Freuden entgegensehe.«
    »Eine komplizierte Angelegenheit, Mylord?«, erkundigte sich Parlance taktvoll.
    »Betrüblich und unumgänglich, aber nicht kompliziert. Sub-Quentor Brunte wünscht mir eine Frage zu stellen, und ich muss sie beantworten.«
    Parlance hob die Augenbrauen und seufzte mitfühlend.
    »Er möchte mich nach der Gästeliste fragen«, setzte Festoon leise hinzu.
    »Wie viele darauf stehen?«
    Festoon schüttelte den Kopf. »Er möchte nur die Namen derer erfahren, die abgesagt haben.«
    »Und das sind, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, vermutlich sehr wenige.«
    »Drei, um genau zu sein. Möge der Spiegel ihnen beistehen.«
    Parlance nickte ernst, und das erste Stirnrunzeln des Tages legte sich auf sein Gesicht. Wenn Brunte nach Namen fragte, taten deren Besitzer gut daran, auf ihr Leben achtzugeben.
    »Die Zusammenkunft ist in drei Stunden, daher bleibt mir kaum Zeit, mich zu waschen und meinen Körper der nicht eben sanften Barmherzigkeit der Schwestern zu überantworten, ehe ich mich dann der Pein unterziehe, meine Garderobe auszuwählen und mich anzukleiden, was stets mit mannigfaltigen Risiken verbunden ist.«
    Parlance brummte teilnahmsvoll, reichte ihm eine hilfreiche Hand und trat vorsichtshalber beiseite. Denn sobald Festoon seine baumstammdicken Beine über die Bettkante gewuchtet hatte, drohte er immer nach vorn auf den Fußboden zu fallen, und dabei wollte ihm der Küchenmeister nicht im Wege stehen. Gleichzeitig freilich hatte Parlance dafür Sorge zu tragen, dass sich sein Herr weit genug nach vorn beugte und nicht wieder nach hinten kippte. Aber glücklicherweise erschienen just in dem Augenblick, als er ihn mehr oder weniger ins Gleichgewicht gebracht hatte, die Oberin und ihre Schwestern und nahmen ihn auf ihre zupackende Art in Obhut, sodass Parlance ihnen den Rest überlassen konnte.
    »Wie spät ist es?«, rief Festoon bei ihrem Anblick in gespielter Panik.
    »Der Zug kommt früh, Mylord«, verkündete die Oberin und blickte auf die große Uhr an der Wand, deren unterhalb der Zeiger angebrachte Aufschrift GWR verriet, dass sie irgendwann in der Vergangenheit der Great Western Railway gestohlen worden war.
    Es gehörte zu den vielen verschrobenen Späßen, die Festoon mit sich und anderen trieb, dass er zu Beginn jedes Tages in die Rolle eines Dampfzugs schlüpfte, den die Schwestern abfahrbereit zu machen hatten. Dies erleichterte ihm den schwierigsten Teil des Tages, der im Aufstehen bestand.
    Während eine Schwester ihn zu entkleiden begann, legte die andere frische Waschlappen und Handtücher sowie eine Saisonauswahl an Seifen und Ölen bereit.
    »Wir wären dann so weit, Mylord.«
    Festoon seufzte und nickte, worauf mit der feierlichen Würde einer alten, fernöstlichen Teezeremonie aus einem Krug heißes Wasser in eine Schüssel aus feinstem Porzellan gegossen wurde.
    Weit über ihnen regnete es in Strömen. Überall um sie herum, nah und fern, brauste Wasser. Sie warteten schweigend, bis der Letzte der Avons eine Entscheidung traf.
    »Lavendelöl, würde ich sagen«, murmelte er, »und Weihrauch für meine Schläfen, denn heute gedenke ich, jemanden zu treffen, der, wie ich glaube, unser aller Leben verändern wird.«
    »Wie lautet sein Name, Mylord?«, fragte die Schwester Oberin.
    »Es ist eine Sie, meine Liebe«, antwortete Festoon Avon.

65
DURCHGERÜTTELT
    E rst als Barklice das dritte Mal nach seinem Bootsführer rief, bekam er aus der zunehmenden Dunkelheit eine Antwort.
    Aus dem Gestrüpp ein Stück kanalaufwärts ertönte ein Rascheln, dann ein Rumpeln und Klappern von Holz, und jemand rief: »Hallo, da drüben! Master Barklice und seine Leute?«
    »Ganz recht«, antwortete Barklice.
    Ein Gestalt erschien, in der einen Hand eine Laterne und in der anderen ein stabiles

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