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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Ruder.
    Jack starrte den Neuankömmling an, mächtig beeindruckt. Sein Gesicht lag im Schatten, aber er schien von dunkler Hautfarbe zu sein, und seine bescheidene Kleidung hatte etwas Indisches. Er trug lediglich eine dunkle Weste und einen Lendenschurz, und seine kräftigen Beine und Füße waren nackt. Ein dicker roter Umhang lag über seinen Schultern, und um seinen Kopf war keck ein Stofftuch derselben Farbe gewickelt.
    Er trat mit stolzem Gang näher, blieb direkt vor ihnen stehen und stellte ein Ende seines Ruders auf dem Boden ab, sodass es senkrecht über ihn hinausragte. Sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Lächeln, das weiße Zähne entblößte.
    Jack betrachtete ihn erstaunt, denn »Old Mallarchi« erschien ihm ein seltsamer Name für einen so jungen Mann. So stark dieser Knabe auch sein mochte, er war nicht älter als zwölf Jahre.
    »Wo ist dein Großvater, Arnold?«, fragte Barklice beunruhigt.
    »Bis über beide Ohren beschäftigt, Mister Barklice. Vor einer halben Stunde hat sich das Wasser in unserem Revier gestaut, und das hat Vorrang, deshalb konnte er nicht länger hier warten und hat mich stattdessen geschickt. Unser Luggerbill liegt da unten im Dunkeln. Das ist das beste Boot bei solchen Bedingungen.«
    »Das gefährlichste Boot, das je erfunden wurde!«, knurrte Pike,zwängte sich an ihm vorbei durch das Gestrüpp bis zum Rand des Kanals. Wellen schlugen gegen das Ufer. Pike blickte auf das Boot hinab und schüttelte den Kopf. »Er ist noch nicht alt genug, um seine Lehre abgeschlossen zu haben, geschweige denn in der Lage, ganz allein eines der heikelsten Wassergefährte zu steuern, das es gibt. Ich will Ihnen mal was sagen, Barklice …«
    »Sagen Sie ihm, was Sie wollen, Mister Pike«, unterbrach ihn Arnold Mallarchi, »aber wenn wir nicht gleich ablegen, und das heißt
auf der Stelle,
werden wir nicht nur durchgerüttelt, sondern auch durchgegurgelt. Bald kommt es nämlich zum großen Rückstau. Das spüre ich in meinen Knochen.«
    Arnold, der Jüngste aus der Schifferfamilie der Mallarchi, lächelte wieder. Dann nickte er Brif respektvoll zu und stach Jack einen Finger in die Brust.
    »Bist du schon einmal in einem Luggerbill gefahren?«
    »Na ja, ich …« Aus irgendeinem Grund bekam Jack einen trockenen Mund.
    »Bist du schon einmal mit einem Kanu gepaddelt?«
    »Na ja, ein Mal. Ich …«
    »Gut! Wie heißt du?«
    »Jack.«
    »Jackboy, hüpf rein, am Bug, bleib schön in der Mitte und hilf den Fahrgästen beim Einsteigen. Tu, was ich sage,
mach schon!
Aus Minuten werden Sekunden, und wenn die Sekunden abgelaufen sind, werden wir nicht bloß gegurgelt – wir werden wieder ausgespuckt!«
    »Beim Spiegel, Barklice, ich werde …«, rief Pike.
    »Hilf ihm hinein, Jackboy!«
    Unwillkürlich befolgte Jack die Befehle. Er schlüpfte an Pike vorbei und besah sich das Boot. Es war lang und schmal und in Klinkerbauweise gefertigt, wirkte sehr instabil und tanzte wie ein Korken auf dem aufgewühlten, tückisch aussehenden Wasser.
    Vorsichtig setzte er einen Fuß hinein, mit dem Gesicht Richtung Heck, stellte sich in die Mitte und zog, da er spürte, dass die Zeit drängte, Pike einfach hinter sich her.
    Er verstaute Rucksack und Knüppel, nahm Pike das Gepäck ab, als dieser an Bord kletterte, und reichte Barklice die Hand. Der Luggerbillschaukelte nun sehr bedenklich, und Barklice purzelte in das kleine Boot. Unterdessen half der junge Bootsführer am Heck Brif, begleitet von der respektvollen Bemerkung: »So ist es recht, Master, setzen Sie sich einfach hin und denken Sie an etwas Schönes!«
    Als Letzter stieg Stort ein, und das so unbeholfen, dass er um ein Haar ins Wasser geplumpst wäre, hätte ihn Arnold nicht am Hosenboden gepackt und ohne erkennbare Mühe an Bord gehoben, sodass er jetzt, ein wirres Knäuel aus Gliedern und Gepäck, in der Bilge lag.
    Der Wind war kräftig und blies ihnen Gischt ins Gesicht. Beinahe wäre Jack ins kühle Nass gefallen, ehe es ihm gelang, sich ordentlich hinzusetzen und das Gleichgewicht wiederzufinden.
    Irgendwie verstand sich Arnold so gut aufs Kommandieren, dass im Nu alle abfahrbereit im Boot saßen.
    Jack hatte immer angenommen, Kanalwasser fließe nicht, aber dieser Kanal hatte sehr wohl eine Strömung, noch dazu eine, die sich zuerst in die eine und dann in die andere Richtung bewegte. Nun, da alle Mann an Bord saßen, verstand Jack auch, warum Arnold zuvor von Kanus gesprochen hatte. Dieses Boot verhielt sich genauso. Bei jeder Welle, die

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