Der Frühling - Hyddenworld ; 1
habe keine Ahnung, wer ihn gebacken hat.«
»Finden Sie es heraus, lieber Freund, denn sie ist ein Juwel.«
»Das werde ich.«
»Wenn Sie sie finden, Parlance, gleich unter welchen Umständen, und sie ist frei, machen Sie ihr auf der Stelle einen Heiratsantrag, denn glauben Sie mir, eine Wyf, die ein solches Brot backen kann, ist eine Wyf, wie man sie sich nur wünschen kann.«
»Ja, Mylord, aber wahrscheinlich ist sie schon verheiratet.«
»Wahrscheinlich, aber nicht sicher, und darum ist das ein Befehl, Parlance, und weder ein Vorschlag noch eine Bitte. Haben Sie verstanden?«
»Jawohl.«
Lord Festoon geriet nicht wieder auf Abwege. Weniger wegen der scharfen Vorhaltungen seines Kochs, sondern weil die Verkostung dieses außergewöhnlichen Brotes und die Tatsache, dass er in letzter Zeit besser geschlafen und sich morgens beim Aufwachen munterer gefühlt hatte, ihn daran erinnerten, dass gutes Essen und Völlerei schlechte Bettgenossen waren.
Er verdoppelte seine Anstrengungen, die ihm von Parlance auferlegte, gesunde Lebensweise einzuhalten, fühlte sich zusehends besser und stellte fest, dass seine Kleider regelmäßig enger genäht werden mussten und dass seine Spaziergänge häufiger, länger und befriedigender wurden.
Sein Befinden besserte sich in einem solchen Maße, dass er sogar anfing, mehr an die Gesundheit anderer zu denken als an seine eigene. So kam es, dass er nach einem beunruhigenden Besuch Katherines, bei dem sie über Jacks Kräfteverfall geklagt hatte, den Entschluss fasste, den Patienten aufzusuchen, um festzustellen, ob er etwas für ihn tun könne.
Wardine hatte in letzter Zeit einiges Ungewöhnliche erlebt, aber nichts annähernd so Denkwürdiges wie an jenem Tag, als sich Lord Festoon, flankiert von Katherine und einem Parlance ohne Mütze, denn dies war ein privater Besuch, langsam und behutsam die gepflasterte Hauptstraße hinaufschleppte. Es war ein ziemlicher weiter Weg und auf dem letzten Stück bis zu Mister Kiplings Haus ein steiler obendrein.
Leute strömten zusammen und folgten ihm, riefen ihm Aufmunterungen zu, erwiesen ihm auf die eine oder andere Art ihre Reverenz und gaben dem Hochaltermann ganz allgemein zu verstehen, dass er zumindest in ihrem Dorf große Sympathie und Unterstützung genoss. Einige klatschten sogar Beifall, als er schließlich an der Haustür Mister Kiplings anlangte, der bereitwillig öffnete. Er bedauerte nur, dass Stort ausgerechnet heute nicht im Dorf weilte und so den großen Augenblick nicht miterleben konnte.
Lord Festoon war von der Anstrengung erschöpft, sah aber unzweifelhaft dünner aus und glich wieder mehr dem großgewachsenen Hydden, der er eigentlich war. Noch hatte er einen sehr langen Weg vor sich, aber schon jetzt waren sein Aussehen und sein Gang eines Hochaltermanns wieder würdig.
Jack hingegen sah elend aus. Seine offenen Wunden hatten sich bläulich verfärbt und eiterten, seine Muskeln waren schwach von der Untätigkeit und seine Augen tief eingefallen. Er war blass, litt offensichtlich unter großen Schmerzen und machte auf Festoon den Eindruck, als habe er die Hoffnung auf Genesung aufgegeben.
Festoon war schockiert und sagte zunächst nichts. Doch dann kam ihm eine Idee. Parlance hatte ihm geholfen, konnte er da nicht auch Jack helfen? Schließlich war Essen in einem gewissen Sinn Medizin, und als Meisterkoch konnte Parlance als Heiler betrachtet werden.
Es war ein genialer Einfall. Parlance übernahm die Aufgabe und willigte ein, zu gegebener Zeit und nach gründlicher Konsultation den Versuch zu unternehmen, eine Diagnose zu stellen und den Patienten zu kurieren.
Dies nährte die Hoffnung, dass sich die dunkle Wolke, die in diesem Sommer in Gestalt von Jacks Krankheit über Wardine lag, endlich heben würde. So fieberten die Dorfbewohner dem Tag entgegen, an dem Parlance seine Meinung über den Patienten kundtat.
83
HEFEKUCHEN
P arlance tat es Ende Juli, als der Sommer seinen Höhepunkt erreichte.
Er hätte seinen Befund lieber in einem kleineren Kreis verkündet, doch in Wardine war dies schwierig. Deshalb tat er es, auf einer Fischtonne stehend, mitten auf dem Anger.
Die Menge war so groß, dass Katherine sich etwas abseits einen sonnigen Platz an einer niedrigen Mauer suchte, wo sie sich neben eine Frau setzte, die einen großen Korb bei sich hatte. Der Duft nach Brot, der dem Korb entstieg, war so köstlich und verlockend, dass er in ihr Innerstes zu dringen schien. Er wirkte auf sie so beruhigend,
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