Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
Vom Netzwerk:
Streifen darüber hinweg, eine Flut aus Licht, die sich aus einem Loch in den Wolken ergoss. Stück für Stück tauchte sie den Kamm des Hügels in eine blasse Helligkeit, bis plötzlich die weißen Umrisse einer Figur aus dem Dunkel hervortraten. Es war das Kreidebild des Weißen Pferdes von Uffington: die Beine nur einfache Bogen, das Auge hell, die Ohren spitz, schien es mit wehendem Schweif durch den Sonnenschein gen Himmel zu preschen.
    Umrahmt von den beiden höchsten Bäumen, leuchtete es verblüffend hell, doch dann glitt der Lichtstreifen weiter und das Pferd verblasste, bis es nur noch ein grauer Schatten war.
    »Das ist es«, sagte Katherine. »Das ist unser Pferd.« Ihre Hand berührte ganz leicht seinen Arm, während sie in Richtung Hügel nickte. Dann fügte sie flüsternd hinzu: »Sie wird morgen Nachmittag mit dir sprechen, das ist ihre beste Zeit. Lass sie jetzt schlafen.«
    Jack blickte wieder zu Clare. Sie war fest eingeschlafen. Er ließ ihre Hand los, nachdem er sie aufs Bett zurückgelegt hatte, dann beugte er sich ganz ungeniert vor und küsste sie auf die Wange.
    »Ich werde immer für Katherine da sein«, flüsterte er. »Von nun an bis in alle Ewigkeit.«
    Sie regte sich, hob eine Hand halb zu ihm hinauf, murmelte etwas zum Zeichen, dass sie verstanden habe, drehte den Kopf zurück und schlief weiter.
    Weder sie noch Jack sahen, wie Katherine mit den Lippen unhörbar die Worte formte: »Und ich werde für ihn da sein.«

29
DAS HAUS
    M rs. Foale kommt erst am späten Abend nach Hause, und da sie über den Stallungen schläft, könnte es sein, dass du sie erst morgen früh siehst«, erklärte Katherine später. »Möchtest du jetzt vielleicht deine Tasche nach oben auf dein Zimmer bringen? Komm, ich zeige es dir.«
    Die Treppe war breit, und die Stufen knarrten. Auf halber Höhe bogen sie um eine Ecke und gelangten auf eine kleine Galerie mit Balustrade, von der man in die Diele hinabblicken konnte. Außer dort unten brannte nirgendwo im Haus eine Lampe, denn Katherine hatte die Angewohnheit, nur Licht zu machen, wenn es unbedingt nötig war. Sie stiegen weiter die dunkle Treppe hinauf. Die einzige Lichtquelle war ein Dachfenster weit über ihnen.
    Als Nächstes führte Katherine Jack durch einen langen Flur, der nur in der Mitte mit einem Läufer ausgelegt war und dadurch noch schmaler wirkte.
    »Mein Zimmer ist da hinten. Mum hat dort geschlafen, bis sie nicht mehr Treppen steigen konnte. Du wirst im Gästezimmer untergebracht. Es heißt so, obwohl wir nie Gäste haben.«
    »Jetzt habt ihr einen«, sagte Jack.
    »Aber du gehörst doch zur Familie«, erwiderte Katherine, ohne nachzudenken. »Na ja, gewissermaßen jedenfalls. Hier ist es.«
    Sie öffnete die Tür, trat aber nicht ein, da sie das Gefühl hatte, sie ginge damit einen Schritt zu weit, nun, da Jack hier war. Sie hatte sein Zimmer mit unendlicher Sorgfalt hergerichtet, hatte geputzt, Staub gewischt, gebohnert und das Bett aus der Zeit Edwards VII. mindestens drei Mal gemacht, bis es ihr ordentlich genug war.
    Aber jetzt war er hier und verwirrte sie durch seine Gegenwart. Mit einem Mal war es sein Zimmer und nicht mehr ihres.
    »Äh … also, ich lass dich jetzt allein. Abendessen um halb sieben?Wir brauchen uns nur zu bedienen. Mrs. Foale hat einen ihrer dubiosen Eintöpfe gekocht, also Vorsicht!«
    Er sah sie an. Er wollte nicht, dass sie ging, wusste aber nicht recht, wie er sie bitten sollte zu bleiben. Der ganze Tag war merkwürdig gewesen, er war müde und ein wenig durcheinander, und jetzt das Haus – es hatte etwas beunruhigend Schwermütiges und Abwartendes. »Danke. Dann also bis halb sieben.«
    »Wir haben hier einen Gong, den werde ich anschlagen. Mum hat es gern, wenn sie hört, dass alles seinen gewohnten Gang nimmt. Das hilft ihr durch den Tag.«
    »Ist gut.«
    Dann eilte sie fort, und Jack blieb allein. Das Zimmer überraschte ihn. Es war riesig, verglichen mit denen, die er gewohnt war. Die hohen Flügelfenster, deren sandfarbener Anstrich Risse aufwies und abblätterte, blickten auf den Garten und den White Horse Hill dahinter, der jetzt nur noch eine dunkle, drohende Masse vor einem malvenfarbenen Himmel war. Sie konnten mit Läden verschlossen werden, die auf beiden Seiten eingeklappt waren.
    Die Einrichtung bestand aus einem Holzbett, einem Nachttisch mit einer alten gebogenen Lampe, die jemand aus einer Zierweinflasche gebastelt hatte, und einem großen, abgewetzten Teppich, der kaum die Hälfte der schwarz

Weitere Kostenlose Bücher