Der Frühling - Hyddenworld ; 1
gestrichenen Holzdielen bedeckte. Ein Bild an der Wand, das eine Hafenansicht mit Booten zeigte, verstärkte den Eindruck eines Zimmers in einer Strandpension aus den fünfziger Jahren. Jack fühlte sich, als habe er die Kulisse eines Films betreten, der in einem englischen Studio gedreht wurde, Handlung unbekannt. Außerdem gab es noch einen Schreibtisch am Fenster, einen Kleiderschrank, dessen schiefe Tür einen Spalt offen stand, eine Stehlampe mit cremefarbenem Schirm, den oben herum Brandflecken verunzierten, da irgendwann einmal eine zu starke Glühbirne eingesetzt worden war, die zu viel Hitze entwickelt hatte.
Jack stellte seine Tasche auf den Boden, setzte sich auf das Bett und ließ sich von der Dunkelheit umfangen. Ganz so war es freilich nicht, denn während es im Zimmer immer dunkler wurde, hellte sich der Himmel über dem Hügel für eine gewisse Zeit auf, wurde lichter und röter.
Er betrachtete ihn und spürte, wie sich sein Atem beruhigte.
Der heutige Tag war ein Ende und ein Anfang wie kein anderer, an den er sich erinnerte.
Er fasste mit der Hand hinter sich aufs Bett. Das Kissen war weich, das Laken glatt, frisch gewaschen und gebügelt, die Decke sorgfältig umgeschlagen. Er legte sich zurück, sah an die Decke und folgte ihren Rissen bis in die hinterste Zimmerecke, bevor er die Augen schloss und einzudämmern begann. Er fiel in seinen vertrauten Albtraum: Er liegt auf dem Rücken in der brennenden Dunkelheit, und das kleine Mädchen, das Katherine einmal gewesen ist, steht neben ihm und sieht ihn an. Dann der bärtige Mann, die Kühle auf seinem Rücken und das Bum-Bum-Bum von …
Der Gong weckte ihn, und er setzte sich sofort auf. Seine Tasche stand noch unausgepackt zu seinen Füßen. Er sah sich benommen um, und sein Blick fiel auf etwas, was ihm vorhin nicht aufgefallen war. Es war ein Blumenstrauß, vielmehr ein Frühlingssträußchen: Osterglocken und süß duftende Hyazinthen in einem Marmeladenglas. Katherine hatte es ordentlich auf einen gehäkelten, runden Untersetzer gestellt, um die Holzoberfläche darunter zu schonen.
Daneben stand ein kleineres Glas mit einem Teelicht darin, und daneben wiederum lag eine Schachtel Streichhölzer. Jack entzündete das Teelicht und rückte es etwas weiter von dem Sträußchen weg, achtete aber darauf, dass es nicht nur die Blumen anstrahlte, sondern auch von dem dreiteiligen Spiegel dahinter reflektiert wurde.
Der Strauß wurde von trockenen Grashalmen zusammengehalten, die geschickt zu einer Schleife geschlungen waren.
Am Nachmittag war Katherine herausgerutscht, dass er in ihren Augen zur Familie gehörte.
Das war eine Sache. Das hier eine ganz andere.
Nie zuvor in seinem Leben hatte ihm jemand so sehr das Gefühl gegeben, zu Hause zu sein.
Er bemerkte eine Bewegung im Spiegel, aber er drehte sich nicht um. Er sah, dass Katherine hinter ihm in der Tür stand und ihn beobachtete.
»Ich habe nichts gehört«, sagte sie, »da habe ich mir gedacht, du schläfst vielleicht noch. Habe ich dich mit dem Gong geweckt?«
Er nickte, doch eigentlich war es unwichtig, ob sie ihn geweckt hatte oder nicht. Er dachte über die Blumen nach.
»Danke«, sagte er. »So etwas hat noch nie jemand für mich getan.«
»Das Essen steht auf dem Tisch, Jack«, erwiderte sie nervös. »Falls du Hunger hast.«
»Ich habe immer Hunger.«
»Dann komm«, sagte sie ein wenig verlegen.
Er ging hinter ihr her, und sie empfand seine Schritte als sehr laut in dem sonst stillen Haus. Es hätte sie nicht überrascht, wenn die Blumentöpfe oben auf dem Treppenabsatz umgefallen wären oder, als sie in der Diele ankamen, Arthurs Schirmständer über den Eichenfußboden gehüpft wäre und seinen Inhalt gegen die Wände und die große Haustür geschleudert hätte.
»Du machst wohl nie viele Lampen an, was?«, bemerkte er.
»Im Allgemeinen nicht«, pflichtete sie ihm bei und fügte hinzu: »Trotzdem brennen ständig Glühbirnen durch, und niemand tauscht sie aus.«
Zum Abendessen gab es keinen dubiosen Eintopf, sondern Käsetoast und Salat mit einem Dressing. Jack hatte sich kaum an den Tisch gesetzt, da begriff Katherine, dass es bei weitem nicht genug war. Er sah aus wie ein zotteliger Löwe, dem Erdnüsse vorgesetzt wurden.
In Wahrheit hatte sie Mrs. Foales Eintopf wieder in den Kühlschrank gestellt, da er ihrem Empfinden nach für den heutigen Anlass zu deftig war und zu unappetitlich aussah. Jetzt begriff sie, dass er genau das Richtige gewesen wäre.
»Das war
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