Der fuenfte Berg
nichts dergleichen wird geschehen.
Wenn sie es müde geworden sind, dann laß vier Gefäße mit Wasser füllen und gieße sie über dein Kalb. Du wirst dies ein zweites Mal tun. Und du wirst dies ein drittes Mal tun. Dann rufe den Gott Abrahams, Isaaks und Israels an und bitte ihn, daß Er allen Seine Macht zeige.
In diesem Augenblick wird der Herr das Feuer des Himmels schicken und Sein Opfer verbrennen.«
Elia kniete nieder und dankte.
»Allerdings«, fuhr der Engel fort, »kannst du dieses Wunder nur einmal in deinem Leben tun. Wähle, ob du es hier tun willst, um eine Schlacht zu vermeiden, oder ob du es in deinem Land tun willst, um die Deinen vor der Bedrohung durch Isebel zu befreien.«
Und der Engel des Herrn verschwand wieder.
Die Frau wachte früh auf und sah Elia auf der Schwelle des Hauses sitzen. Er sah übernächtigt aus.
Sie hätte ihn gern gefragt, was in der Nacht vorgefallen war, doch sie fürchtete seine Antwort. Vielleicht war das Gespräch mit dem Stadthauptmann der Grund für seine schlaflose Nacht. Doch vielleicht lag es auch an der Tontafel, die sie ihm gegeben hatte. Wenn sie daran rührte, lief sie Gefahr, daß er antwortete, die Liebe zu einer Frau sei nicht mit dem Ratschluß Gottes zu vereinbaren.
»Komm und iß etwas«, sagte sie nur.
Ihr Sohn wachte ebenfalls auf, und sie setzten sich zu dritt zu Tisch und aßen.
»Ich wäre gestern gern bei dir geblieben«, sagte Elia, »doch der Stadthauptmann brauchte mich.«
»Mach dir deswegen keine Sorgen«, sagte sie und spürte, wie sich ihr Herz beruhigte. »Seine Familie regiert Akbar schon seit Generationen, und er wird wissen, was er angesichts der Bedrohung zu tun hat.«
»Ich habe auch mit einem Engel gesprochen. Und er verlangte von mir eine sehr schwierige Entscheidung.«
»Du brauchst dir auch wegen der Engel keine Sorgen zu machen. Vielleicht ist es besser zu glauben, daß die Götter sich mit der Zeit ändern. Meine Großeltern beteten die ägyptischen Götter an, die Tiergestalt hatten. Diese Götter verschwanden, und, bis du kamst, wurde ich dazu erzogen, Astarte, El und Baal und allen Bewohnern des Fünften Berges zu opfern. Jetzt habe ich den Herrn kennengelernt, doch womöglich verläßt auch Er uns eines Tages. Und vielleicht sind die nächsten Götter weniger fordernd.«
Der Junge bat um etwas Wasser. Es gab keines.
»Ich hole welches«, sagte Elia.
»Ich möchte mit dir gehen«, bat der Junge.
Die beiden gingen zum Brunnen. Unterwegs kamen sie an dem Platz vorbei, auf dem der Kommandant seit dem frühen Morgen mit seinen Soldaten exerzierte.
»Laß uns ein wenig zuschauen«, sagte der Junge. »Ich werde auch Soldat sein, wenn ich groß bin.«
Elia blieb stehen.
»Wer von uns beiden kann das Schwert besser führen?« fragte ein Krieger.
»Geh zu dem Ort, an dem gestern der Spion gesteinigt wurde«, sagte der Kommandant. »Nimm einen richtig großen Stein und beschimpfe ihn.«
»Warum sollte ich das tun? Der Stein wird mir nicht antworten.«
»Dann greif ihn mit deinem Schwert an.«
»Mein Schwert wird zerbrechen«, sagte der Soldat. »Doch ich habe Euch nicht danach gefragt. Ich will wissen, wer von uns das Schwert am besten führt.«
»Der Beste ist der, der hart ist wie ein Stein«, antwortete der Kommandant. »Ohne die Klinge zu ziehen, gelingt es ihm zu beweisen, daß niemand ihn besiegen kann.«
>Der Stadthauptmann hat recht: Ihr seid weise, Kommandant/, dachte Elia. >Doch Eure Weisheit ist gegen Eitelkeit nicht gefeit.<
Sie gingen weiter. Der Junge fragte, warum die Soldaten so viel übten.
»Nicht nur die Soldaten, auch deine Mutter und ich, alle, die ihrem Herzen folgen. Alles im Leben verlangt Übung.«
»Auch Prophet zu werden?«
»Auch, um die Engel zu verstehen. Wir sind so darauf aus, mit ihnen zu reden, daß wir nicht hören, was sie sagen. Zu hören ist nicht leicht. In unseren Gebeten versuchen wir immer zu sagen, wo wir einen Fehler gemacht haben und was wir uns wünschen. Doch der Herr weiß dies alles längst und bittet uns manchmal nur darum, zu hören, was uns das Universum sagt. Und daß wir geduldig sein sollen.«
Der Junge blickte erstaunt. Er schien nichts zu begreifen, dennoch hatte Elia das Bedürfnis, das Gespräch weiterzuführen. Vielleicht könnte ihm eines seiner Worte in einer schwierigen Lage helfen.
»Alle Schlachten im Leben dienen dazu, uns etwas zu lehren. Auch die, die wir verlieren. Wenn du größer bist, wirst du entdecken, daß du Lügen verteidigt, dich
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