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Der fuenfte Berg

Der fuenfte Berg

Titel: Der fuenfte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coelho
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ich wollte dich nicht verletzen.«
    Der Junge umarmte ihn. Doch seine Augen blieben trocken.
    Sie gelangten zum Haus in der Mitte des Tales. Eine Frau stand an der Tür, und zwei kleine Kinder spielten davor. Die Herde war im Pferch - das bedeutete, daß der Hirte an jenem Morgen nicht in die Berge aufgebrochen war.
    Die Frau blickte den Mann und den Jungen, die auf sie zukamen, erschrocken an. Sie wollte sie wegschicken, doch die Tradition - und die Götter - verlangten, daß sie ihnen Gastrecht gewährte. Wenn sie sie jetzt nicht aufnahm, würden dereinst ihre Kinder dafür büßen müssen.
    »Ich habe kein Geld«, sagte sie. »Doch ich kann euch ein wenig Wasser und etwas zu essen geben.«
    Sie setzten sich auf die kleine Veranda mit dem Strohdach, und sie brachte getrocknete Früchte und einen Krug Wasser. Sie aßen schweigend und hatten zum ersten Mal
    wieder das Gefühl von Alltag. Die Kinder waren erschreckt über ihren Anblick ins Haus geflüchtet.
    Als er seinen Teller leer gegessen hatte, fragte Elia nach dem Hirten.
    »Er wird bald kommen«, antwortete sie. »Wir haben den Lärm bis hier heraus gehört, und heute morgen kam jemand hier vorbei, der sagte, Akbar sei zerstört. Nun ist mein Mann nachsehen gegangen, was geschehen ist.«
    Die Kinder riefen, und sie ging ins Haus.
    >Es bringt nichts, den Jungen umstimmen zu wollen<, dachte Elia. >Er wird keine Ruhe geben, bis ich nicht tue, worum er mich bittet. Ich muß ihm zeigen, daß es unmöglich ist, nur so wird er sich überzeugen lassen.<
    Das Essen und das Wasser wirkten Wunder. Er fühlte sich wieder als ein Teil der Welt.
    Ein Gedanke jagte den anderen, und er suchte nach Lösungen statt nach Antworten.
    Wenig später kam der Hirte. Zuerst blickte er ängstlich auf den Mann und den Jungen. Doch dann begriff er:
    »Ihr seid sicher Flüchtlinge aus Akbar«, sagte er. »Da komme ich gerade her.«
    »Und was geschieht dort?« fragte der Junge.
    »Die Stadt ist zerstört, und der Stadthauptmann auf und davon. Die Götter brachten Chaos in die Welt.«
    »Wir haben alles verloren, was wir hatten«, sagte Elia. »Wir wären Euch dankbar, wenn Ihr uns aufnehmen könntet.«
    »Ich denke, meine Frau hat euch bereits aufgenommen und gespeist. Jetzt müßt ihr aufbrechen und euch dem Unabwendbaren stellen.«
    »Ich weiß nicht, was ich mit einem Jungen anfangen soll. Ich brauche Hilfe.«
    »Natürlich wißt Ihr es. Er ist jung, aufgeweckt und voller Energie. Ihr habt in Eurem Leben viele Siege errungen und viele Niederlagen einstecken müssen. Beides zusammen wird Euch helfen, zur Weisheit zu finden.«
    Der Mann untersuchte Elias Armverletzung, die er nicht weiter schlimm fand. Als er mit einigen Kräutern und einem Stück Stoff zurückkam, half ihm der Junge, den Umschlag anzulegen, und ließ sich nicht abwimmeln, als der Hirte meinte, er käme allein zurecht: »Ich habe meiner Mutter versprochen, mich um diesen Mann zu kümmern.«
    Der Hirte lachte.
    »Ihr Sohn ist ein Mann, der zu seinem Wort steht.«
    »Ich bin nicht sein Sohn. Und auch er ist ein Mann, der zu seinem Wort steht. Er wird die Stadt wieder aufbauen, denn er muß meine Mutter wieder zurückbringen, so wie er es mit mir getan hat.«
    Elia begriff plötzlich, was den Jungen bewegte, doch noch bevor er etwas sagen konnte, rief der Hirte ins Haus: »Ich muß gleich wieder weg.« Und zu den beiden sagte er: »Mit dem Aufbauen fangt lieber gleich an. Es wird lange dauern, bis alles wieder so ist, wie es einmal war.«
    »Es wird niemals wieder so.«
    »Ihr mögt ein weiser junger Mann sein und vieles verstehen, was ich nicht verstehe. Doch die Natur hat mich etwas gelehrt, was ich nie vergessen habe: Ein Mensch hängt vom Wetter und den Jahreszeiten ab. Und nur so kann ein Hirte die Schläge der Natur überleben. Er sorgt für seine Herde, kümmert sich um jedes Tier, als wäre es das einzige, versucht den Muttertieren mit ihren Jungen zu helfen, entfernt sich nie weit von einem Ort, an dem die Tiere trinken können. Dennoch kommt hin und wieder eins seiner Schafe um. Es wird von einer Schlange gebissen, von einem wilden Tier angefallen oder es stürzt in einen Abgrund. Das Unabwendbare geschieht immer.«
    Elia sah nach Akbar hinüber und erinnerte sich an das Gespräch mit dem Engel. Das Unabwendbare geschieht immer.
    »Man braucht Disziplin und Geduld, um es zu überwinden.«
    »Und Hoffnung. Ohne sie gibt man den Kampf gegen das Unmögliche lieber gleich auf.«
    »Es geht dabei nicht um die Hoffnung

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