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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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wirken, bis er einem schließlich die Socken klaute, aber Lady Margolotta hatte einige Botschafter von Ankh-Morpork kennen gelernt, und ihrer Meinung nach konnte niemand
so
gut schauspielern.
    Das Heulen draußen ging ihr allmählich auf die Nerven. Sie läutete nach dem Diener.
    »Fur Ftelle, gnä’ Frau«, sagte Igor und materialisierte aus den Schatten.
    »Geh und sag den Kindern der Nacht, sie sollen ihre wundervolle Musik woanders erklingen lassen. Ich habe Kopfschmerzen.«
    »Fehr wohl, gnä’ Frau.«
    Lady Margolotta gähnte. Eine lange Nacht lag hinter ihr, und der Tag brachte hoffentlich ungestörten Schlaf. Anschließend konnte sie bestimmt klarer denken.
    Als sie die Kerze auspusten wollte, fiel ihr Blick erneut auf das Buch. Ein Lesezeichen steckte beim M.
    Aber… der Patrizier konnte doch nicht
so viel
wissen.
    Sie zögerte und zog dann den Klingelzug über dem Sarg. Igor erschien erneut, auf typische Igor-Art.
    »Die tüchtigen jungen Männer beim Nachrichtenturm sind wach, nicht wahr?«
    »Ja, gnä’ Frau.«
    »Lass unserem Agenten eine Mitteilung zukommen. Er soll
alles
über Kommandeur Mumm von der Wache herausfinden.«
    »Ift er der Diplomat, gnä’ Frau?«
    Lady Margolotta legte sich hin. »Nein, Igor. Er ist der
Grund
für Diplomaten. Bitte schließ den Deckel.«
     
    Sam Mumm konnte sich in Gedanken mit zwei Dingen gleichzeitig befassen. Die meisten Ehemänner sind dazu imstande. Sie lernen, über eigene Dinge nachzudenken, während sie
gleichzeitig
auf das achten, was ihre Ehefrauen sagen. Das Zuhören ist wichtig, denn sie müssen jederzeit mit der Aufforderung rechnen, den letzten Satz zu wiederholen. Eine sehr praktische zusätzliche Fähigkeit besteht darin, nach verräterischen Ausdrücken im Dialog Ausschau zu halten, in der Art von »Es kann bereits morgen geliefert werden«, oder »Deshalb habe ich sie zum Essen eingeladen«, oder »Das gibt es auch in Blau und es kostet überhaupt nicht viel«.
    Lady Sybil wusste davon. Sam konnte ein Gespräch mit ihr führen, ohne den sprichwörtlichen Faden zu verlieren, während er an etwas ganz anderes dachte.
    »Ich sagte Willikins, dass er Wintersachen einpacken soll«, meinte sie und musterte ihren Mann. »In dieser Jahreszeit ist es dort oben ziemlich kalt.«
    »Ja. Das ist eine gute Idee.« Mumms Blick galt weiterhin einer Stelle dicht über dem Kamin.
    »Ich schätze, dass wir selbst einen Empfang veranstalten müssen, deshalb sollten wir genügend Spezialitäten aus Ankh-Morpork mitnehmen. Um ein Zeichen zu setzen. Was hältst du davon, wenn wir uns von einem Koch begleiten lassen?«
    »Ja, Schatz. Das wäre eine gute Idee. Außerhalb von Ankh-Morpork weiß niemand, wie man ein ordentliches Hachsenbrötchen macht.«
    Sybil war beeindruckt. Vollständig im automatischen Modus funktionierende Ohren hatten den Mund veranlasst, einen kleinen, aber durchaus relevanten Diskussionsbeitrag zu leisten.
    »Glaubst du, wir sollten den Alligator mitnehmen?«, fragte sie.
    »Ja, das könnte ratsam sein.«
    Sybil beobachtete Sams Gesicht. Kleine Furchen bildeten sich auf seiner Stirn, als die Ohren das Gehirn anstießen. Er blinzelte.
    »Welchen Alligator?«
    »Du warst meilenweit entfernt, Sam. In Überwald, nehme ich an.«
    »Entschuldige.«
    »Gibt es ein Problem?«
    »Warum schickt er
mich,
Sybil?«
    »Bestimmt teilt Havelock meine Ansicht, dass es verborgene Tiefen in dir gibt, Sam.«
    Mumm sank etwas tiefer in den Sessel, und ein Schatten fiel auf sein Gesicht. Sybil war sehr praktisch und einfühlsam, doch in ihrem Wesen gab es einen hartnäckigen Fehler: Sie bestand darauf, ihn für einen Mann mit vielen Talenten zu halten. Er
wusste,
dass es verborgene Tiefen in ihm gab, doch sie enthielten nichts, was er an die Oberfläche bringen wollte. Gewisse Dinge ließ man besser ruhen.
    Darüber hinaus wuchs in seinem Innern ein Unbehagen, das ihm keine Ruhe gönnte. Wäre er in der Lage gewesen, die richtigen Worte zu finden, hätte er es vielleicht so beschrieben: Polizisten fuhren nicht in Urlaub. Der Patrizier hatte einmal selbst darauf hingewiesen, dass sich überall dort Verbrechen ereigneten, wo sich Polizisten aufhielten. Woraus folgte: Wenn er nach Bums reiste – oder wie auch immer der verdammte Ort hieß –, würde es dort zu einem Verbrechen kommen. Solche »Überraschungen« hielt die Welt ständig für Angehörige der Polizei bereit.
    »Es wäre nett, Serafine wieder zu sehen«, sagte Sybil.
    »Ja, in der Tat«, erwiderte Mumm.
    In

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