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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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war. Andernfalls hätte man das Objekt vermutlich als Klumpen wahrgenommen. Größe und Form entsprachen einem gut eingesessenen Kissen. Hier und dort zeigten sich einige versteinerte Rosinen.
    »Nach einem arbeitsreichen Tag stützt meine Frau die Füße auf so etwas«, sagte Mumm.
    »Die Steinsemmel ist eintausendfünfhundert Jahre alt«, erwiderte Karotte mit Ehrfurcht in der Stimme.
    »Ich dachte, dies sei eine Nachbildung.«
    »Nun ja…«, räumte Karotte ein. »Aber es ist die Nachbildung eines sehr wichtigen Gegenstands.«
    Mumm schnupperte. Ein beißender Geruch lag in der Luft. »Riecht ziemlich stark nach Katze hier drin.«
    »Ich fürchte, sie folgen den Ratten hierher. Eine Ratte, die an Zwergenbrot geknabbert hat, kann nicht mehr sehr schnell laufen.«
    Mumm zündete sich eine Zigarre an. Karotte bedachte ihn mit einem Blick, in dem unsichere Missbilligung zum Ausdruck kam. »Wir danken den Besuchern, dass sie hier nicht rauchen, Herr«, sagte er.
    »Wieso?«, fragte Mumm. »Woher wollt ihr wissen, dass sie nicht doch rauchen?« Er lehnte sich an die Vitrine. »Na schön, Hauptmann. Warum schickt man mich
wirklich
nach… Bums? Ich weiß nicht sehr viel über Diplomatie, aber mir ist klar, dass es dabei nie um nur eine Sache geht. Was hat es mit dem Niederen König auf sich? Warum fallen die Zwerge übereinander her?«
    »Nun, Herr, hast du jemals vom
Kruk
gehört?«
    »Meinst du das Minengesetz der Zwerge?«, erwiderte Mumm.
    »Ausgezeichnet, Herr. Allerdings steckt noch viel mehr dahinter. Das Kruk betrifft… die Lebensweise der Zwerge. Besitz und Eigentum, Eherecht, Erbschaft, Regeln bei Kontroversen und so weiter. Der Niedere König… Nun, man könnte ihn als letztes Berufungsgericht bezeichnen. Er wird beraten, hat aber das letzte Wort. Kannst du mir folgen?«
    »Bisher ergibt alles einen Sinn.«
    »Er wird auf der Steinsemmel gekrönt und sitzt darauf, wenn er seine Urteile fällt, weil das alle Niedere Könige getan haben, seit B’hrian Blutaxt vor tausendfünfhundert Jahren. Es… verleiht Autorität.«
    Mumm nickte verdrießlich. Auch das ergab einen Sinn. Man setzte eine bestimmte Verhaltensweise fort, weil sich die Vorfahren ebenso verhalten hatten, und die Erklärung lautete: »So ist es immer schon gewesen.« Eine Million Tote können sich nicht irren, oder?
    »Wird er gewählt oder als König geboren?«, fragte Mumm.
    »Ich glaube, man könnte es eine Wahl nennen«, sagte Karotte. »Aber eigentlich läuft es darauf hinaus, dass die alten Zwerge es unter sich ausmachen. Nachdem sie anderen Zwergen zugehört haben. In diesem Zusammenhang spricht man von ›sondieren‹. Traditionell stammt der Niedere König aus einer der großen Familien. Aber… äh…«
    »Ja?«
    »In diesem Jahr sieht die Sache ein wenig anders aus. Die Gemüter sind… erhitzt.«
    Ah,
dachte Mumm.
    »Der falsche Zwerg hat gewonnen?«, fragte er.
    »Das würden einige Zwerge behaupten«, sagte Karotte. »Aber eigentlich wird der ganze Vorgang in Frage gestellt, und zwar von den Zwergen der größten Zwergenstadt außerhalb von Überwald.«
    »Nenn den Namen nicht. Du meinst bestimmt den Ort mittwärts von…«
    »Ich meine Ankh-Morpork, Herr.«
    »Was? Dies ist keine Zwergenstadt!«
    »Inzwischen leben hier fünfzigtausend Zwerge, Herr.«
    »Im Ernst?«
    »Ja, Herr.«
    »Bist du
sicher

    »Ja, Herr.«
    Natürlich ist er sicher, dachte Mumm. Und wahrscheinlich kennt er sie alle mit Namen.
    »Derzeit findet eine große Debatte statt«, fügte Karotte hinzu. »Man diskutiert über die Definition des Begriffs ›Zwerg‹.«
    »Nun,
manche
Leute sind der Meinung, dass man Zwerge deshalb Zwerge nennt, weil…«
    »Nein, Herr. Die Größe spielt dabei keine Rolle. Nobby Nobbs ist kleiner als viele Zwerge, aber deshalb kämen wir nicht auf den Gedanken,
ihn
Zwerg zu nennen.«
    »Es fällt uns sogar schwer, ihn als Menschen zu bezeichnen«, sagte Mumm.
    »Und immerhin bin auch ich ein Zwerg.«
    »Weißt du, Karotte, ich wollte schon längst mit dir darüber reden…«
    »Zwerge haben mich adoptiert. Ich bin bei Zwergen auf gewachsen. Für Zwerge bin ich ein Zwerg, Herr. Ich kann das
K’zakra-
Ritual durchführen. Ich kenne die Geheimnisse des
H’ragna.
Ich kann meine
G’rakha
richtig
ha’lk…
Ich bin ein Zwerg.«
    »Was bedeuten diese Worte?«
    »Das darf ich Nichtzwergen nicht verraten.« Karotte versuchte taktvoll, den Zigarrenrauch zu meiden.
    »Unglücklicherweise glauben einige Bergzwerge, Emigranten wären keine

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