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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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glaubte, dass sie nie heiratete. Und Mumm war nur ein Hauptmann der Wache gewesen, jemand, der ziemlich vielen Leuten auf die Nerven ging.
    Sybil betrachtete die Ikonographien der Hochzeit. Sie sah sich selbst, recht eindrucksvoll, wenn auch nicht unbedingt eine strahlende Schönheit. Sam schnitt eine recht finstere Miene und schien sich das Haar hastig glatt gestrichen zu haben. Feldwebel Colon hatte die Brust so weit aufgebläht, dass seine Füße fast den Bodenkontakt verloren. Nobby grinste von einem Ohr bis zum anderen. Vielleicht schnitt er auch eine Grimasse; bei ihm ließ sich das kaum feststellen.
    Sybil blätterte vorsichtig. Seidenpapier schützte die einzelnen Blätter.
    In vielerlei Hinsicht, so sagte sie sich, konnte sie
wirklich
von Glück sagen. Sie war stolz auf Sam. Er arbeitete hart für das Wohl der Allgemeinheit. Er kümmerte sich um Leute, die als unwichtig galten. Er musste immer mit mehr fertig werden, als gut für ihn war. Sybil kannte keinen
zivilisierteren
Mann. Er gehörte nicht zur Kategorie »Gentleman«, dem Himmel sei Dank, aber er war liebenswürdig und zuvorkommend.
    Eigentlich blieb es ihr ein Rätsel, was er
machte.
Oh, sie wusste natürlich, welchen
Beruf
er ausübte, aber ganz offensichtlich verbrachte er nicht viel Zeit hinter seinem Schreibtisch. Wenn er schließlich zu Bett ging, legte er seine Sachen direkt in den Wäschekorb. Erst später, bei Gesprächen mit der Wäscherin, erfuhr sie von den Blutflecken und dem Schlamm. Man munkelte von Verfolgungsjagden über Dächer und Kämpfe, bei denen nicht nur Fäuste zum Einsatz kamen, sondern auch Knie in besonders empfindliche Körperstellen gestoßen wurden. Sams Gegner dabei hatten Namen wie Herribert »Schraubenschneider« Wumms…
    Es gab einen Sam Mumm, den Sybil kannte, der fortging und irgendwann zurückkehrte. Und es gab noch einen anderen Mumm, der kaum ihr gehörte und in der gleichen schrecklichen Welt lebte wie die Männer mit diesen abscheulichen Namen.
    Sybil Käsedick war dazu erzogen worden, sparsam, rücksichtsvoll und nach außen hin vornehm zu sein. Sie neigte dazu, gut von anderen Leuten zu denken.
    Erneut betrachtete sie die Bilder in der Stille des Hauses. Dann putzte sie sich laut die Nase, um anschließend mit dem Packen zu beginnen und sich anderen vernünftigen Dingen zu widmen.
     
    Korporal Grinsi Kleinpo war eine Sie und somit eine seltene Blume in Ankh-Morpork.
    Man konnte keineswegs behaupten, dass sich Zwerge nicht für Sex interessierten. Sie erkannten durchaus die Notwendigkeit neuer Zwerge, denen man sein Eigentum vererben konnte und die die Arbeit in den Bergwerken fortsetzten. Allerdings sahen sie nur privat einen Sinn darin, zwischen den Geschlechtern zu unterscheiden. In der Zwergensprache gab es kein weibliches Pronomen, und auch keine allein für Frauen bestimmte Arbeit, sobald die Kinder feste Nahrung zu sich nahmen.
    Dann kam Grinsi Kleinpo nach Ankh-Morpork und sah zum ersten Mal Männer, die
keine
Kettenhemden oder Unterwäsche aus Leder 3 trugen, sich stattdessen mit interessanten Farben und aufregendem Make-up schmückten, und diese Männer hießen »Frauen« 4 . Daraufhin keimte eine Frage in ihrem kugeligen Kopf: »Warum nicht auch ich?«
    Inzwischen schimpfte man sie in Kellern und Zwergenkneipen überall in der Stadt den ersten Zwerg von Ankh-Morpork, der einen Rock trug. Er bestand aus strapazierfähigem braunen Leder und war so objektiv erotisch wie ein Stück Holz, doch manche ältere Zwerge deuteten darauf hin, dass sich irgendwo darunter seine
Knie
befanden. 5
    Schlimmer noch: Sie mussten nun erkennen, dass unter ihren Söhnen auch – sie erstickten fast an dem Wort – »Töchter« waren. Grinsi bildete nur die Schaumkrone ganz oben auf der Welle. Einige jüngere Zwerge begannen vorsichtig damit, Lidschatten aufzutragen, und sie behaupteten sogar, kein Bier zu mögen. Der Strom der Veränderung spülte durch die Gesellschaft der Zwerge.
    Die Zwergengesellschaft verbot es nicht, Steine nach denen zu werfen, die in einem solchen Strom schwammen, aber Hauptmann Karotte hatte keine Zweifel daran gelassen, dass er ein solches Verhalten als Angriff auf einen Angehörigen der Wache interpretieren musste, was
Konsequenzen
nach sich ziehen würde: Ganz gleich, wie klein die Übeltäter sein mochten – sie konnten
nicht
damit rechnen, dass ihre Füße den Boden berührten.
    Natürlich hatte Grinsi Bart und Helm behalten. Es war eine Sache, sich als Frau zu erklären. Etwas ganz

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