Der fünfte Elefant
deinem Häubchen, Nobby. Es ist von einem recht hübschen Blumenband umgeben.«
»Oh… ja…«
»Ich will mich nicht beschweren«, sagte Angua. »Aber als wir mit diesem Einsatz beauftragt wurden, sollte
ich
der Lockvogel sein und mir von
dir
helfen lassen.«
»Ja, aber du bist…« Nobby schnitt eine Grimasse, als er sich auf unvertrautes linguistisches Terrain wagte. »… mor… pho… lo… gisch begabt…«
»Du meinst, ich bin ein Werwolf, Nobby. Ich kenne das Wort.«
»Ja. Und deshalb kannst du wesentlich besser auf der Lauer liegen als ich, und… Es ist nicht richtig, dass Frauen bei der Polizeiarbeit als Lockvogel fungieren müssen…«
Angua zögerte, was oft geschah, wenn sie versuchte, Nobby schwierige Dinge zu erklären. Sie hob die Hände und bewegte sie so, als wollte sie den Teig ihrer Gedanken kneten.
»Es ist nur…«, begann sie. »Ich meine, die Leute könnten… Weißt du, wie die Leute Männer nennen, die Perücken und Kleider tragen?«
»Ja, Fräulein.«
»Wirklich?«
»Ja, Fräulein. Die Leute nennen sie Anwälte.«
»Äh, gut, ja«, erwiderte Angua langsam. »Und sonst noch?«
»Äh… Schauspieler, Fräulein?«
Angua gab auf. »Taft steht dir gut, Nobby«, sagte sie.
»Glaubst du nicht, dass ich darin zu dick wirke?«
Angua schniefte. »O nein…«, kam es leise über ihre Lippen.
»Das Parfüm habe ich wegen der Auatenzität aufgelegt«, sagte Nobby hastig.
»Was? Oh…« Angua schüttelte den Kopf und atmete tief durch. »Ich… rieche… etwas… anderes…«
»Das überrascht mich, weil dieses Zeug ziemlich geruchsintensiv ist. Um ganz ehrlich zu sein: Ich glaube nicht, dass es echter Maiglöckchenduft ist…«
»Ich meine kein Parfüm.«
»… aber mit dem Lavendelwasser in dem Laden hätte man Messing reinigen können…«
»Kannst du allein zur Wache in der Kröselstraße zurückkehren, Nobby?«, fragte Angua. Trotz der sich verdichtenden Panik fügte sie in Gedanken hinzu:
Ich meine, was könnte ihm schon passieren?
»Ja, Fräulein.«
»Es gibt da etwas, um das ich mich… kümmern muss.«
Angua eilte fort, und der neue Geruch beanspruchte ihre ganze olfaktorische Aufmerksamkeit. Es war tatsächlich eine ganze Menge nötig, um Eau de Nobbs in den Hintergrund zu drängen, und diesem speziellen Geruch gelang das mühelos. O ja…
Nicht hier, dachte sie. Nicht jetzt.
Nicht er.
Der fliehende Mann hangelte sich an einem schneefeuchten Ast entlang und schaffte es schließlich, einen tiefer gelegenen Ast zu erreichen, der zu einem anderen Baum gehörte. Inzwischen war er schon ein ganzes Stück vom Bach entfernt. Wie gut mochte ihr Geruchssinn sein? Ziemlich gut, das wusste er. Aber so gut?
Er hatte den Bach an einem überhängenden Ast verlassen. Wenn sie den Ufern folgten – und zweifellos waren sie klug genug, eine solche Entscheidung zu treffen –, konnten sie wohl kaum feststellen, an welcher Stelle er an Land zurückgekehrt war.
Links von ihm erklang dumpfes Heulen.
Er wandte sich nach rechts und hastete durch die Düsternis des Waldes.
Mumm hörte, wie Karotte in der Dunkelheit umhertastete, und dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss.
»Ich dachte, das Komitee Gleiche Höhe Für Zwerge verwaltet diesen Ort«, sagte der Kommandeur.
»Es ist sehr schwer, Freiwillige zu finden«, erwiderte Karotte. Er geleitete Mumm durch die niedrige Tür und zündete eine Kerze an. »Ich komme jeden Tag hierher, um die Dinge im Auge zu behalten, aber ansonsten scheint niemand sehr interessiert daran zu sein.«
»Der Grund dafür ist mir ein Rätsel«, sagte Mumm und sah sich im Zwergenbrotmuseum um.
Das einzig Positive, das sich über die hier ausgestellten Brotprodukte sagen ließ, war vermutlich: Sie waren ebenso genießbar wie an jenem Tag, an dem man sie gebacken hatte.
Eigentlich war es in diesem Zusammenhang besser von »geschmiedet« zu sprechen. Zwergenbrot war nicht nur als Notration gedacht, sondern auch als Waffe und Währung. Zwerge hielten nicht viel von Religion, soweit Mumm wusste, aber ihre Einstellung dem Brot gegenüber konnte man durchaus fromm nennen.
Irgendwo in der Dunkelheit klimperte es, und dann kratzte etwas.
»Ratten«, sagte Karotte. »Die armen Tiere versuchen immer wieder, Zwergenbrot zu fressen. Ah, da sind wir. Die Steinsemmel. Natürlich eine Nachbildung.«
Mumm betrachtete das unförmige Etwas in der staubigen Vitrine. Die Ähnlichkeit mit einer Semmel war nur zu erkennen, wenn man vorher darauf hingewiesen worden
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