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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Bums war er natürlich kein Polizist, zumindest nicht offiziell. Je länger er darüber nachdachte, desto weniger gefiel ihm die ganze Sache. Sie gefiel ihm noch weniger als all die anderen Dinge.
    Mumm hatte sich nur selten außerhalb von Ankh-Morpork aufgehalten. Bei diesen wenigen Gelegenheiten hatte er entweder andere Städte besucht, wo man einer Dienstmarke aus Ankh-Morpork mit großen Respekt begegnete, oder irgendwelche Verbrecher verfolgt – die älteste und ehrenvollste Aktivität eines jeden Polizisten. Karottes Auskünfte deuteten darauf hin, dass Mumms Dienstmarke in Bums nicht mehr war als Ballaststoff auf irgendeiner Speisekarte.
    Erneut bildeten sich dünne Falten auf seiner Stirn. »Serafine?«
    »Lady Serafine von Überwald«, sagte Sybil. »Feldwebel Anguas Mutter. Im vergangenen Jahr habe ich dir von ihr erzählt, weißt du noch? Wir haben zusammen das Mädchenpensionat besucht. Natürlich wussten wir alle, dass sie ein Werwolf war, aber damals hätte es niemand auch nur im Traum gewagt, über solche Dinge zu reden. Es
gehörte
sich einfach nicht. Natürlich gab es da den Zwischenfall mit dem Skilehrer, aber ich bin sicher, dass er in eine Gletscherspalte gestürzt ist oder so. Serafine hat den Baron geheiratet, und sie wohnen außerhalb von Burums. Ich nehme jedes Silvesterfest zum Anlass, ihr zu schreiben und von Neuigkeiten zu berichten. Sie stammt aus einer sehr alten Werwolffamilie.«
    »Reinrassig«, kommentierte Mumm geistesabwesend.
    »Es würde Angua bestimmt nicht gefallen, das zu hören, Sam. Mach dir keine
Sorgen.
Du bekommst bestimmt Gelegenheit, dich zu entspannen. Die Abwechselung wird dir gut tun.«
    »Ja, Schatz.«
    »Es könnten zweite Flitterwochen für uns sein«, sagte Sybil.
    »Ja, stimmt«, entgegnete Mumm und dachte daran, dass sie aus dem einen oder anderen Grund nie erste Flitterwochen gehabt hatten.
    »Da wir gerade bei dem, äh, Thema sind…«, sagte Sybil und zögerte kurz. »Erinnerst du dich daran, dass ich die alte Frau Zufrieden besuchen wollte?«
    »Oh, ja, wie geht es ihr?« Mumm starrte erneut zum Kamin. Es waren nicht nur alte Schulfreunde. Manchmal hatte er den Eindruck, dass Sybil zu allen Leuten Kontakt hielt, die sie jemals kennen gelernt hatte. Ihre Adressenliste für die Silvesterkarten beanspruchte so viel Platz, dass sie ein zweites Buch beginnen musste.
    »Recht gut, soweit ich weiß. Wie dem auch sei: Sie ist der Meinung…«
    Es klopfte an der Tür.
    Sybil seufzte. »Heute Abend hat Willikins frei«, sagte sie. »Du solltest besser gehen und öffnen, Sam. Das entspricht gewiss deinem Wunsch.«
    »Ich habe extra darauf hingewiesen, dass ich nicht gestört werden möchte«, sagte Mumm. »Es sei denn, es ist sehr wichtig.«
    »Ja, aber du hältst alle Verbrechen für wichtig, Sam.«
    Karotte stand vor der Tür. »Es handelt sich um eine… politische Angelegenheit, Herr.«
    »Was kann um Viertel vor zehn abends politisch sein, Hauptmann?«
    »Jemand ist ins Zwergenbrotmuseum eingebrochen, Herr«, antwortete Karotte.
    Mumm blickte in Karottes ehrliche blaue Augen.
    »Mir ging da gerade ein Gedanke durch den Kopf, Hauptmann«, sagte er langsam. »Vermutlich fehlt ein ganz bestimmter Gegenstand.«
    »Da hast du Recht, Herr.«
    »Die Nachbildung der Steinsemmel.«
    »Ja, Herr. Entweder brachen die Unbekannten nach unserem Aufenthalt ins Museum ein, oder…« Karotte befeuchtete sich nervös die Lippen. »Oder sie versteckten sich, während ich dir die Semmel zeigte.«
    »Es waren also doch keine Ratten.«
    »Nein, Herr. Tut mir Leid.«
    Mumm streifte seinen Mantel über und nahm den Helm vom Haken.
    »Jemand hat die Nachbildung der Steinsemmel gestohlen, und zwar einige Wochen bevor das echte Exemplar bei einer wichtigen Zeremonie verwendet wird«, sagte er. »Das finde ich sehr interessant.«
    »Das dachte ich ebenfalls, Herr.«
    Mumm seufzte. »Ich
hasse
die politischen Fälle.«
    Als sie gegangen waren, blieb Sybil noch eine Zeit lang sitzen und blickte auf ihre Hände hinab. Dann nahm sie eine Lampe, ging in die Bibliothek und griff nach einem dünnen, in weißes Leder gebundenen Buch. Goldene Buchstaben bildeten die beiden Worte »Unsere Hochzeit«.
    Es war ein recht seltsames Ereignis gewesen. Ankh-Morporks Highsociety – sie stand so weit oben, meinte Sam, dass sie zum Himmel stank – hatte es sich aus reiner Neugier nicht nehmen lassen, daran teilzunehmen. Sybil galt zu jener Zeit als eine besonders interessante Ledige, die von sich selbst

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