Der fünfte Elefant
schloss sie auf.
Dahinter lag ein großes Dachzimmer, erhellt vom Sonnenlicht, das durch die Fenster in der Decke drang. Es schien eine Mischung aus Werkstatt und Speicher zu sein. Mehrere Vogelskelette hingen neben den Fenstern, und einige Knochen lagen auf den Arbeitstischen, zusammen mit Drahtrollen, metallenen Federn, Farbtuben und mehr Werkzeugen – die meisten von ihnen einzigartig –, als man für gewöhnlich an einem Ort sah. Nur ein schmales Bett ließ vermuten, dass hier jemand wohnte; es stand zwischen einer Bronzestatue und einem Ding, das aussah wie ein Webstuhl mit Flügeln. Die Umgebung deutete darauf hin, dass sich hier jemand für
alles
interessierte.
Lord Vetinaris Interesse galt derzeit einem Apparat, der mitten im Zimmer ganz allein auf einem Tisch stand. Er wirkte wie eine Ansammlung aus Kupferkugeln, die aufeinander balancierten. Dampf zischte leise aus einigen Nieten, und gelegentlich machte die Vorrichtung
Blup…
»Euer Exzellenz!«
Vetinari sah sich um. Eine Hand winkte hinter einer umgedrehten Werkbank.
Etwas veranlasste ihn, nach oben zu blicken. An der Decke sah er eine braune Substanz, die stalaktitenartige Krusten bildete.
Blup
Vetinari wurde erstaunlich schnell, stand praktisch von einem Augenblick zum anderen hinter der Werkbank. Leonard von Quirm lächelte unter seinem selbst gefertigten Schutzhelm.
»Oh, Entschuldigung«, sagte er. »Ich habe nicht mit Besuch gerechnet. Wie dem auch sei: Diesmal funktioniert es bestimmt.«
Blup
»Was ist das?«, fragte Vetinari.
Blup
»Ich bin nicht
ganz
sicher, aber ich
hoffe,
dass es…«
Und dann war es plötzlich zu laut für ein Gespräch.
Leonard von Quirm dachte nicht einmal im Traum daran, dass er ein Gefangener war. Ganz im Gegenteil. Er war Vetinari dankbar dafür, dass er ihm einen so hellen, luftigen Raum für seine Arbeit zur Verfügung stellte. Und damit nicht genug. Der Patrizier ließ ihm regelmäßige Mahlzeiten bringen, seine schmutzige Wäsche waschen und beschützte ihn vor den Leuten, die seine völlig harmlosen, zum Nutzen der Menschheit bestimmten Erfindungen aus irgendeinem Grund für verabscheuungswürdige Zwecke verwenden wollten. Es war bemerkenswert, wie viele von ihnen es gab – sowohl von den Leuten als auch von den Erfindungen. Das Genie einer ganzen Zivilisation schien sich in nur einem Kopf zu konzentrieren, der dadurch einen kontinuierlichen schöpferischen Höhenflug erlebte. Vetinari fragte sich manchmal, welches Schicksal die Menschheit erwartet hätte, wenn Leonard fähig gewesen wäre, sich länger als eine Stunde auf eine Sache zu konzentrieren.
Das Zischen und Fauchen verklang.
Blup.
Leonard spähte vorsichtig über die Werkbank hinweg und lächelte. »Ah! Allem Anschein nach ist es uns gelungen, Kaffee zu machen«, sagte er.
»Kaffee?«
Leonard ging zum Tisch und zog einen kleinen Hebel an dem Apparat. Hellbrauner Schaum strömte in eine wartende Tasse. Dabei erklang ein Geräusch, wie man es normalerweise von einem verstopften Rohr erwartete.
»
Anderer
Kaffee«, erklärte Leonard. »Sehr
schnellen
Kaffee. Er wird dir bestimmt gefallen. Ich glaube, ich nenne diese Vorrichtung ›Maschine-für-sehr-schnellen-Kaffee‹.«
»Das ist die heutige Erfindung, nicht wahr?«, fragte Vetinari.
»Ja. Eigentlich arbeitete ich an dem maßstabsgerechten Modell eines Apparats, mit dem man den Mond erreichen kann, aber dann habe ich Durst bekommen.«
»Zum Glück.« Vetinari nahm vorsichtig eine experimentelle, mit Pedalen betriebene Schuhputzmaschine von einem nahen Stuhl und setzte sich. »Ich habe dir noch mehr kleine… Nachrichten mitgebracht.«
Leonard hätte fast in die Hände geklatscht. »Oh, gut! Mit den anderen bin ich gestern Abend fertig geworden.«
Lord Vetinari wischte sich behutsam Kaffeeschaum von der Oberlippe. »Wie bitte? Du bist mit
allen
fertig? Du hast den Code
aller
Nachrichten aus Überwald entziffert?«
»Oh, nach der Fertigstellung des neuen Geräts war das nicht weiter schwierig«, erwiderte Leonard. Er kramte zwischen den Unterlagen auf einer Werkbank und reichte dem Patrizier mehrere eng beschriebene Blätter. »Sobald man erkennt, dass jede Person nur eine begrenzte Anzahl von Geburtsdaten haben kann und dass die Leute dazu neigen, in den gleichen Bahnen zu denken, ist die Entschlüsselung eines Codes kein Problem mehr.«
»Du hast gerade ein neues Gerät erwähnt«, sagte der Patrizier.
»Oh, ja. Das… Dingsbums. Derzeit befindet es sich noch in einem recht
Weitere Kostenlose Bücher