Der Fünfte Elefant
nicht hier drin! Wir sind in einem Gebäu-
de!«
»Nur so lange, bis ich betätigt habe den Auslöser, Herr.«
»Wie zivilisiert «, sagte die Baronin. »Wie typisch für Ankh-Morpork. Du glaubst, nur drohen zu müssen, und schon fügen
sich die Angehörigen unwichtiger Völker.«
»Hast du kürzlich das Schlosstor gesehen?«, entgegnete Mumm.
»Wir sind Werwölfe !«, schnappte die Baronin. Es war tatsächlich ein Schnappen – die Worte klangen so scharf und abgehackt wie
gebel t. »Vor so dummen Spielzeugen haben wir keine Angst.«
»Aber sie halten euch eine Zeit lang auf. Und jetzt hol Lady Sy-
bil!«
»Lady Sybil ruht sich aus. Du bist nicht in der richtigen Position,
um Forderungen zu stellen, Herr Mumm. Wir sind keine Verbre-
cher.«
Mumms Kinnlade klappte nach unten, als die Baronin fortfuhr:
»Das Spiel verstößt nicht gegen die Regeln. Seit Tausenden von
Jahren wird es gespielt. Und was, glaubst du, haben wir uns abge-
sehen davon zuschulden kommen lassen? Hältst du uns für die
Diebe des Steins, der den Zwergen so wichtig ist? Wir…«
»Du weißt, dass er nicht gestohlen wurde«, sagte Mumm. »Und du weißt…«
»Du weißt nichts! Du verdächtigst alles und jeden.«
»Dein Sohn meinte…«
»Mein Sohn hat jeden Muskel in seinem Körper zur Perfektion
entwickelt, nur nicht diejenigen, die man zum Denken braucht«,
sagte die Baronin. »Im zivilisierten Ankh-Morpork kannst du viel-
leicht in die Häuser anderer Leute platzen und irgendwen beschul-
digen, aber hier in der zurückgebliebenen Provinz brauchst du
mehr als nur leere Behauptungen.«
»Ich rieche Furcht«, sagte Angua. »Und sie geht von dir aus,
Mutter.«
»Sam?«
Sie sahen auf. Lady Sybil stand oben auf einer steinernen Treppe,
die zu einem der unteren Stockwerke führte. Sie wirkte verwirrt
und zornig und hielt eine krumme Stange in der Hand.
»Sybil!«
» Sie meinte, du wärst auf der Flucht, und al e würden versuchen, dir zu helfen, aber das stimmt nicht, oder?«
Es war schrecklich, sich so etwas einzugestehen, aber wenn man
die Wand an den Schulterblättern fühlte, kam jede Waffe gelegen,
und derzeit war Sybil geladen und schussbereit.
Sie wusste mit Leuten umzugehen. Praktisch von dem Augen-
blick an, als sie sprechen gelernt hatte, verstand sie es auch zuzu-
hören. Und wenn Sybil anderen Personen zuhörte, fühlten sich die
Betreffenden besser. Es hatte vermutlich etwas damit zu tun, dass
sie ein… großes Mädchen war. Sie versuchte, kleiner zu werden,
und dadurch gewannen al e anderen in ihrer Nähe den Eindruck,
größer zu sein. Sie kam mit Leuten fast ebenso gut zurecht wie
Karotte. Kein Wunder, dass die Zwerge sie mochten.
Mehrere Seiten in Twurps Adelsstände befassten sich mit ihrer weit in die Vergangenheit zurückreichenden Ahnenreihe, und die
Zwerge respektierten jemanden, der den vol en Namen seines U-
rururgroßvaters kannte. Und Sybil konnte nicht lügen – sie lief rot
an, wenn sie es versuchte. Sybil war wie ein Fels. Neben ihr wirkte
Detritus wie ein Schwamm.
»Wir hatten einen herrlichen Lauf im Wald, Schatz«, sagte er.
»Und jetzt komm bitte hierher, denn wir sol ten zum König gehen.
Ich habe den Fall gelöst und werde ihm alles erklären.«
»Die Zwerge bringen dich um«, prophezeite die Baronin.
»Ich schätze, ich bin schnel er als ein Zwerg«, sagte Mumm.
»Und nun… Wir brechen auf. Angua?«
Angua hatte sich nicht gerührt. Sie starrte noch immer ihre Mut-
ter an und knurrte leise.
Mumm erkannte die Anzeichen. An jedem Samstagabend konnte
man sie in den Kneipen von Ankh-Morpork beobachten. Nacken-
haare richteten sich auf, und Fäuste wurden gebal t, und dann ge-
nügte es, wenn jemand eine Flasche zerbrach. Oder blinzelte.
»Wir verlassen das Schloss, Angua«, sagte Mumm. Die anderen Werwölfe standen auf und streckten sich.
Karotte griff nach Anguas Arm. Sie drehte sich um und fauchte.
Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, und eigentlich hatte
sie den Kopf gar nicht bewegt – dann war es vorbei, und sie brach-
te sich wieder unter Kontrol e.
»Dass isst alsso der junge Mann?«, fragte die Baronin. Ihre Aus-
sprache wurde undeutlicher. »Desshalb verrätst du deine Familie?«
Mumm glaubte zu sehen, wie ihre Ohren wuchsen, und die Mus-
keln in ihrem Gesicht bewegten sich auf seltsame Weise.
»Und wass hat dich Ankh-Morpork ssonsst noch gelehrrt?«
Angua schauderte. »Selbstbeherrschung«, erwiderte sie leise.
»Gehen wir,
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