Der Fünfte Elefant
er braucht.
Noch ein Idiot, fuhr es Mumm durch den Sinn. Wenn der Gegner
am Boden liegt, lässt man ihn nicht aufstehen! Verdammter Mar-
quis von Fantail er! Einen Kampf nach bestimmten Regeln zu füh-
ren, mochte theoretisch eine gute Idee sein, aber letztendlich kam
es nur darauf an, wer als Erster auf dem Boden lag und sich nicht
mehr rührte.
»Ah, und er hat noch andere Knochen!«, sagte Wolfgang und
schob Karotte vor sich her. Er warf Angua einen kurzen Blick zu.
»Zurück mit dir, zurück. Oder ich bereite ihm noch mehr Pein.
Ach, soll er leiden!«
Karotte trat ihm in den Bauch.
Wolfgang kippte nach hinten, stieß sich ab und vol führte einen
Salto rückwärts. Er landete auf den Beinen, sprang sofort wieder
vor und versetzte dem verblüfften Karotte zwei wuchtige Schläge
gegen die Brust.
Es hörte sich an, als träfen Schaufeln auf nassen Beton.
Wolfgang packte den fal enden Mann, hob ihn mit einer Hand
über den Kopf und schleuderte ihn vor Angua auf die Zugbrücke.
»Ein zivilisierter Mann!«, rief er. »Da hast du ihn, Schwester!«
Mumm hörte ein Geräusch neben sich. Gavin beobachtete das
Geschehen aufmerksam, und sein dumpfes Knurren klang drän-
gend. Ein kleiner Teil von Mumm, der granitharte Kern aus Zy-
nismus tief in seinem Innern, dachte: Damit wäre für dich alles in
Ordnung, nicht wahr?
Dampf stieg von Wolfgang auf. Sein Leib glänzte im Fackel-
schein. Das blonde Haar an seinen Schultern wirkte wie ein ver-
rutschter Heiligenschein.
Angua kniete mit ausdrucksloser Miene neben Karotte. Mumm
hatte einen wütenden Schrei erwartet.
Stattdessen hörte er ein Schluchzen.
Gavin jaulte. Mumm starrte auf den Wolf hinab. Der sah zu An-
gua, die Karotte hochzuziehen versuchte, dann zu Wolfgang und
wieder zu Angua.
»Sonst noch jemand?«, fragte Wolfgang und tänzelte auf der
Brücke. »Wir wär’s mit dir, Herr Zivilisiert?«
»Sam!«, zischte Sybil. »Du kannst nicht…«
Mumm zog sein Schwert, obwohl es jetzt keinen Unterschied
mehr machte. Wolfgang spielte nicht. Er schlug nicht zu, um an-
schließend wegzulaufen. Solche Arme konnten eine Faust ganz
durch Mumms Brustkasten schieben.
Ein Schemen sauste in Schulterhöhe an ihm vorbei. Gavin pral te
an Wolfgangs Kehle und warf ihn von den Beinen. Sie rollten über
die Zugbrücke. Wolfgang verwandelte sich in einen Wolf und biss
ebenfal s zu. Wenige Sekunden später lösten sie sich voneinander,
schlichen umeinander herum und begannen dann mit der zweiten
Runde.
Wie im Traum vernahm Mumm eine leise Stimme: »Zu Hause
würde er keine fünf Sekunden durchhalten, wenn er so kämpft.
Der dumme Kerl bekommt eine Abreibung, wenn er so weiter-
macht! Verdammter Marquis-von-Fantailler-Kram!«
Gaspode saß kerzengerade, und sein Schwanzstummel vibrierte.
»Dämlicher Kerl! So zieht man sich aus der Affäre, wenn’s ernst wird!«
Während die beiden Wölfe hin und her rollten – Wolfgangs
Zähne bohrten sich in Gavins Bauch –, traf Gaspode ein, kläffte
und schnappte nach der empfindlichsten Stel e des Werwolfs.
Ein Jaulen erklang, und Gaspodes Knurren wurde dumpfer.
Wolfgang kam senkrecht in die Höhe, und Gavin sprang ebenfal s.
Zwei große Wölfe und eine kleine Promenadenmischung stießen
an die Brüstung, deren bröckliges Gestein nachgab. Für einen Au-
genblick formten sie einen knurrenden Bal , dann fielen sie dem
tief unten schäumenden Fluss entgegen.
Seit Tantony die Brücke überquert hatte, war nicht mehr als eine
Minute vergangen.
Die Baronin starrte in die Schlucht. Mumm behielt sie im Auge,
als er sich an Detritus wandte.
»Sind Werwölfe für dich wirklich keine Gefahr, Feldwebel?«
»Nein, Herr. Außerdem ich jetzt wieder gespannt habe die Arm-
brust.«
»Geh ins Schloss und hol den dortigen Igor«, sagte Mumm.
»Wenn jemand versucht, dich aufzuhalten, erschieß ihn. Und er-
schieß auch die Leute in seiner Nähe.«
»Kein Problem, Herr.«
»Wir sind hier nicht bei Herrn Vernünftig zu Hause, Feldwebel.«
»Ich ihn nicht anklopfen höre, Herr.«
»Dann los mit dir. Feldwebel Angua?«
Sie sah nicht auf.
»Feldwebel Angua!«
Jetzt hob sie den Kopf.
»Wie kannst du so… ruhig sein?«, fragte sie scharf. »Er ist verletzt !«
»Ich weiß. Geh und sprich mit den Wächtern am anderen Ende
der Brücke. Sie wirken verunsichert. Ich möchte nicht, dass es zu
irgendwelchen Zwischenfäl en kommt. Wir brauchen sie noch.
Grinsi, deck Karotte und den anderen Mann mit
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