Der Fünfte Elefant
zurück.
»Was habe ich dir über den Marquis von Fantailler erzählt?«,
fragte Mumm.
»Entschuldigung, Herr.«
Etwas Helles stieg aus dem fernen Wald auf. Es verschwand,
und dann dehnte sich grüner Glanz aus. Wenige Sekunden später
ertönte das dumpfe Pochen des Signalmörsers.
»Die Nachrichtenübermittler haben den Turm erreicht«, sagte
Mumm.
»Kann dieses verdammte Ding nicht schneller fahren?«, fragte
Angua.
»Ich meine, jetzt können wir uns mit Ankh-Morpork in Verbin-
dung setzen«, sagte Mumm. Erstaunlicherweise verbesserte das
seine Stimmung beträchtlich. Es war wie eine Art menschliches
Heulen. Er zappelte nicht mehr im Nichts, sondern am Ende einer
sehr langen Leine, und das war ein großer Unterschied.
Der Versammlungsraum lag über einem Laden in Bums, und da er
al en gehörte, erweckte er den Eindruck, niemandem zu gehören.
Staub lag in den Ecken, und die zu einem Kreis angeordneten
Stühle waren nicht wegen ihrer Bequemlichkeit ausgewählt wor-
den, sondern vor al em deshalb, weil sie sich gut stapeln ließen.
Lady Margolotta bedachte die versammelten Vampire mit einem
freundlichen Lächeln. Sie mochte diese Treffen.
Die anderen bildeten eine bunt zusammengewürfelte Gruppe,
und Lady Margolotta fragte sich, was ihre Motive sein mochten.
Vielleicht teilten sie alle eine Überzeugung: Zwar wurde man mit
einer bestimmten Identität geboren, aber man blieb nicht in ihr
gefangen und konnte zu jemand anderem werden…
Der Trick bestand darin, klein anzufangen. Saugen, aber nicht
aufspießen. Kleine Schritte. Und dann stellte man fest, dass man
vor al em Macht wol te, und es gab sanftere Methoden, sie zu er-
ringen. Und dann begriff man, dass Macht im Grunde genommen
banal war. Jeder Halunke auf der Straße konnte mächtig sein. In
Wirklichkeit ging es um Kontrolle. Lord Vetinari wusste das. Wenn schwere Gewichte an der Waage hingen, musste man die Stelle
erkennen, wo der Daumen zudrücken sol te.
Und die Kontrolle begann mit der eigenen Person.
Lady Margolotta stand auf. Sie musterte ein wenig besorgte, aber
freundliche Gesichter.
»Mein Name lautet in der kurzen Form Lady Margolotta Amaya
Katerina Assumpta Crassina von Überwald, und ich bin ein Vam-
pir…«
»Hal o, Lady Margolotta Amaya Katerina Assumpta Crassina von
Überwald!«, intonierten die anderen.
»Inzwischen sind es fast vier Jahre«, sagte Lady Margolotta, »und
noch immer nehme ich mir jeweils die nächste Nacht vor. Ein
Hals wäre auf jeden Fall ein Hals zu viel. Aber… es gibt einen
Ausgleich…«
Am Tor von Bums standen keine Wachen, aber Zwerge warteten
vor der Botschaft, als der Schlitten hielt. Die angespannten Wölfe
wurden nervös und jaulten Angua zu.
»Ich muss sie laufen lassen«, sagte sie und stieg aus. »Sie sind nur bis hierher gekommen, weil sie Angst vor mir haben…«
Das überraschte Mumm nicht. Im Moment hätte Angua überall
Furcht hervorgerufen.
Trotzdem eilten einige Zwerge zum Schlitten.
Bestimmt brauchten sie einige Sekunden, um sich einen Über-
blick zu verschaffen, vermutete Mumm. Sie sahen Stadtwächter,
einen Igor und einen Werwolf. Das musste sie verwirren und Arg-
wohn in ihnen wecken. Dadurch hatte Mumm einen Ansatzpunkt.
Er gab es nur ungern zu, aber ein arroganter Mistkerl hatte immer
einen Vorteil.
Er richtete einen scharfen Blick auf den Anführer der Zwerge.
»Wie heißt du?«, fragte er.
»Du bist ver…«
»Weißt du, dass die Steinsemmel gestohlen wurde?«
»Du… was?«
Mumm griff nach unten und hob einen Sack vom Schlitten.
»Bringt die Fackeln näher!«, rief er, und sie gehorchten ihm, weil
er die Anweisung in einem Tonfall erteilte, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie der Anweisung nachkommen würden. Ich habe etwa
zwanzig Sekunden, dachte Mumm. Dann lässt der Zauber nach.
»Seht euch das an«, sagte er und zog einen Gegenstand aus dem
Sack.
Einige Zwerge sanken auf die Knie. Ein Murmeln breitete sich
aus. Noch ein Heulen, noch ein Gerücht… In seinem Zustand sah
er vor dem blutunterlaufenen inneren Auge, wie sich die Signalar-
me der Türme bewegten und Gennua exakt die Nachricht übermittelten, die von Ankh-Morpork geschickt worden war.
»Ich möchte das hier dem König bringen«, sagte er und beendete
damit die andachtsvolle Stille.
» Wir bringen sie dem König«, sagte der Anführer der Zwerge und trat vor.
Mumm wich zur Seite.
»Guten Abend, Jungs«, sagte Detritus und richtete sich auf
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