Der Fünfte Elefant
stalaktitenartige Krusten bildete.
Blup
Vetinari wurde erstaunlich schnel , stand praktisch von einem
Augenblick zum anderen hinter der Werkbank. Leonard von
Quirm lächelte unter seinem selbst gefertigten Schutzhelm.
»Oh, Entschuldigung«, sagte er. »Ich habe nicht mit Besuch ge-
rechnet. Wie dem auch sei: Diesmal funktioniert es bestimmt.«
Blup
»Was ist das?«, fragte Vetinari.
Blup
»Ich bin nicht ganz sicher, aber ich hoffe, dass es…«
Und dann war es plötzlich zu laut für ein Gespräch.
Leonard von Quirm dachte nicht einmal im Traum daran, dass er
ein Gefangener war. Ganz im Gegenteil. Er war Vetinari dankbar
dafür, dass er ihm einen so hellen, luftigen Raum für seine Arbeit
zur Verfügung stellte. Und damit nicht genug. Der Patrizier ließ
ihm regelmäßige Mahlzeiten bringen, seine schmutzige Wäsche
waschen und beschützte ihn vor den Leuten, die seine völlig harm-
losen, zum Nutzen der Menschheit bestimmten Erfindungen aus
irgendeinem Grund für verabscheuungswürdige Zwecke verwen-
den wol ten. Es war bemerkenswert, wie viele von ihnen es gab –
sowohl von den Leuten als auch von den Erfindungen. Das Genie
einer ganzen Zivilisation schien sich in nur einem Kopf zu kon-
zentrieren, der dadurch einen kontinuierlichen schöpferischen
Höhenflug erlebte. Vetinari fragte sich manchmal, welches Schick-
sal die Menschheit erwartet hätte, wenn Leonard fähig gewesen
wäre, sich länger als eine Stunde auf eine Sache zu konzentrieren.
Das Zischen und Fauchen verklang. Blup.
Leonard spähte vorsichtig über die Werkbank hinweg und lächel-
te. »Ah! Allem Anschein nach ist es uns gelungen, Kaffee zu ma-
chen«, sagte er.
»Kaffee?«
Leonard ging zum Tisch und zog einen kleinen Hebel an dem
Apparat. Hellbrauner Schaum strömte in eine wartende Tasse.
Dabei erklang ein Geräusch, wie man es normalerweise von einem
verstopften Rohr erwartete.
» Anderer Kaffee«, erklärte Leonard. »Sehr schnel en Kaffee. Er wird dir bestimmt gefal en. Ich glaube, ich nenne diese Vorrichtung
›Maschine-für-sehr-schnel en-Kaffee‹.«
»Das ist die heutige Erfindung, nicht wahr?«, fragte Vetinari.
»Ja. Eigentlich arbeitete ich an dem maßstabsgerechten Model
eines Apparats, mit dem man den Mond erreichen kann, aber dann
habe ich Durst bekommen.«
»Zum Glück.« Vetinari nahm vorsichtig eine experimentel e, mit
Pedalen betriebene Schuhputzmaschine von einem nahen Stuhl
und setzte sich. »Ich habe dir noch mehr kleine… Nachrichten
mitgebracht.«
Leonard hätte fast in die Hände geklatscht. »Oh, gut! Mit den
anderen bin ich gestern Abend fertig geworden.«
Lord Vetinari wischte sich behutsam Kaffeeschaum von der O-
berlippe. »Wie bitte? Du bist mit allen fertig? Du hast den Code aller Nachrichten aus Überwald entziffert?«
»Oh, nach der Fertigstel ung des neuen Geräts war das nicht wei-
ter schwierig«, erwiderte Leonard. Er kramte zwischen den Unter-
lagen auf einer Werkbank und reichte dem Patrizier mehrere eng
beschriebene Blätter. »Sobald man erkennt, dass jede Person nur
eine begrenzte Anzahl von Geburtsdaten haben kann und dass die
Leute dazu neigen, in den gleichen Bahnen zu denken, ist die Ent-
schlüsselung eines Codes kein Problem mehr.«
»Du hast gerade ein neues Gerät erwähnt«, sagte der Patrizier.
»Oh, ja. Das… Dingsbums. Derzeit befindet es sich noch in ei-
nem recht primitiven Entwicklungsstadium, aber es genügt, um
einen so einfachen Code zu knacken.«
Leonard zog ein Tuch von einem im Großen und Ganzen recht-
eckigen Gegenstand. Er schien zum größten Teil aus Holzrädern
und langen, dünnen Rundhölzern mit vielen eingeritzten Zahlen
und Buchstaben zu bestehen. Manche Räder waren nicht rund,
sondern oval oder herzförmig – der Patrizier bemerkte vielfältige
Strukturen. Als Leonard eine Kurbel drehte, setzte sich das ganze
Ding mit komplexer Geschmeidigkeit in Bewegung. Es wirkte
irgendwie beunruhigend, auf einem rein mechanischen Niveau.
»Und wie nennst du das Gerät?«
»Oh, du weißt ja, dass ich mit Namen so meine Probleme habe,
Euer Exzel enz. In Gedanken bezeichne ich den Apparat als ›Er-
findung zur Neutralisation von Informationen durch die Generie-
rung miasmatischer Alphabete‹, aber ich muss zugeben, dass einem
das nicht sehr glatt über die Zunge kommt. Äh…«
»Ja, Leonard.«
»Ist es nicht… äh… falsch, die Nachrichten anderer Leute zu lesen?«
Vetinari seufzte. Vor ihm saß ein
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