Der Fünfte Elefant
im Son-
nenschein.
»Aber… ich verkaufe sie für zehn Cent das Stück am Stadttor!«,
brachte er hervor. »Sie hätten doch nur fragen müssen!«
»Wahrscheinlich wol ten sie dich nicht stören«, sagte der Reiter.
»Da ich schon einmal hier bin, Herr… Ich wäre dir sehr dankbar,
wenn du mir ein Huhn verkaufen könntest…«
Hinter dem Bauern sagte der Hund: »Wuff, wuff!«
»… zwei Hühner. Anschließend werde ich nicht noch mehr von
deiner Zeit in Anspruch nehmen.«
»Wuff, wuff, wuff.«
» Drei Hühner«, sagte der Reiter und seufzte leise. »Wenn du sie braten könntest, während ich mich um mein Pferd kümmere…
dann bin ich gern bereit, für jedes Huhn einen Dol ar zu bezah-
len.«
»Wuff, wuff.«
»Zwei Exemplare bitte ohne Knoblauch und andere Gewürze«,
sagte der Reiter.
Der Bauer nickte wortlos. Ein Dollar pro Huhn war viel Geld.
So eine Gelegenheit ließ man nicht einfach so verstreichen. Und
was noch viel wichtiger war: Einem Mann, der auf diese Weise
lächelte, gehorchte man besser. Das Lächeln schien sich überhaupt
nicht zu verändern und weckte in dem Bauern den Wunsch, mög-
lichst weit entfernt davon zu sein.
Er eilte zum Gehege mit seinem besten Geflügel, streckte die
Hand aus, um nach dem dicksten Huhn zu greifen… und zögerte.
Wenn ein Mann verrückt genug war, einen Dollar für ein gutes
Huhn zu bezahlen, so gab er sich viel eicht auch mit einem durchschnittlichen Huhn zufrieden. Er richtete sich auf.
»Nur die Besten, mein Lieber.«
Er wirbelte herum. Niemand stand hinter ihm, von dem struppi-
gen Hund abgesehen. Das Tier war ihm gefolgt und wirbelte eine
Staubwolke auf, als es sich kratzte.
»Wuff?«, sagte es.
Der Bauer verscheuchte den Hund mit einem Stein und wählte
dann drei der besten Hühner aus.
Karotte lag unter einem Baum, den Kopf auf eine Satteltasche
gestützt.
»Hast du gesehen, wo sie versucht hat, ihre Spur im Staub zu
verwischen?«, fragte Gaspode.
»Ja«, sagte Karotte und schloss die Augen.
»Bezahlt sie immer für ihre Hühner?«
»Ja.«
»Warum?«
Karotte drehte sich auf die Seite. »Weil Tiere nicht bezahlen.«
Gaspode betrachtete Karottes Hinterkopf. Im Großen und Gan-
zen freute er sich über das ungewöhnliche Talent des Sprechens,
doch die sich rötenden Ohren Karottes verrieten ihm, dass jetzt
die noch seltenere Fähigkeit des Schweigens angesagt war.
Er ließ sich nieder und nahm die Haltung ein, die er fast unbe-
wusst der Kategorie »Treuer Freund hält Wache« zuordnete. Schon
nach kurzer Zeit empfand er Langeweile, kratzte sich geistesabwe-
send und nahm eine andere Haltung ein, die er »Treuer Freund
rollt sich zusammen und presst die Schnauze gegen sein eigenes
Hinterteil« nannte.* Innerhalb weniger Sekunden schlief er ein.
Stimmen weckten ihn nicht viel später. Außerdem nahm er aus
der Richtung des Bauernhauses den Geruch bratender Hühner
* Kein anderes Geschöpf auf der Welt wäre dazu bereit.
wahr.
Gaspode rollte herum und sah, wie der Bauer mit einem anderen
Mann sprach, der auf einem Karren saß. Er lauschte eine Zeit lang
und richtete sich dann auf, in einem metaphysischen Rätsel gefan-
gen.
Schließlich weckte er Karotte, indem er sein Ohr leckte.
»Fzwl…Was?«
»Zuerst musst du mir versprechen, die gebratenen Hühner zu
holen«, sagte Gaspode rasch.
»Was?« Karotte setzte sich auf.
»Du holst die Hühner, und dann machen wir uns auf den Weg.
Du musst es mir versprechen.«
»Na schön, na schön, ich verspreche es. Was ist denn los ?«
»Hast du jemals von einem Ort namens Dummer Tropf gehört?«
»Ich glaube, er ist etwa zehn Meilen von hier entfernt.«
»Der Bauer hat von einem Nachbarn erfahren, dass man dort ei-
nen Wolf gefangen hat.«
»Lebt er noch?«
»Ja, ja, aber die Wolfsjäger… Weißt du, in dieser Gegend gibt es
Wolfsjäger, wegen der Schafe in den Bergen und so… Nun, sie
müssen zuerst ihre Hunde abrichten und du hast mir versprochen,
zuerst die Hühner zu holen !«
Genau um elf Uhr klopfte es zackig an Lord Vetinaris Tür. Der
Patrizier richtete einen verwunderten Blick auf das Holz, schließ-
lich sagte er: »Herein.«
Fred Colon betrat das Zimmer, aber nicht ohne Schwierigkeiten.
Vetinari beobachtete ihn einige Sekunden, bis sich Mitleid in ihm
regte.
»Amtierender Hauptmann, es ist nicht nötig, die ganze Zeit über
stramm zu stehen«, sagte er freundlich. »Du darfst dich lange ge-
nug entspannen, um den Türknauf richtig
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