Der Fünfte Elefant
mich bringen.«
»Warum müssen wir uns so beeilen ?«, fragte Sybil.
»Der Pass ist… ein wenig gefährlich«, antwortete Inigo. »Ein
bisschen… gesetzlos. Mhm, mhm.«
»Nur ein bisschen?«, erwiderte Mumm.
»Nun, wir können sicher aufatmen, wenn der Pass hinter uns
liegt«, sagte Inigo. »Es wäre gut, wenn uns die zweite Kutsche in
möglichst geringem Abstand folgt und deine Leute wachsam sind,
Euer Gnaden.«
»In Lord Vetinaris politischem Büro wird anscheinend auch Tak-
tik unterrichtet«, bemerkte Mumm.
»Nur gesunder Menschenverstand, mhm, mhm, Herr.«
»Warum warten wir nicht bis morgen, bevor wir versuchen, den
Pass zu überqueren?«
»Bei al em Respekt, Euer Gnaden, davon rate ich ab. Das Wetter
wird schlechter. Und ich bin sicher, dass man uns beobachtet. Wir
müssen zeigen, dass im Wappen von Ankh-Morpork die Farbe der
Feigheit fehlt.«
»Oh, ich weiß nicht«, erwiderte Mumm. »Das Wappen von
Ankh-Morpork ist ziemlich bunt.«
»Ich meine, wir müssen den Beweis dafür erbringen, dass die
Farben von Ankh-Morpork nicht weglaufen«, erklärte Inigo.
»Sie laufen nicht weg, sondern zerlaufen«, sagte Mumm. »We-
nigstens bis zum Einsatz der neuen Farbstoffe. Schon gut, schon
gut. Ich verstehe, was du meinst. Nun, ich will nicht das Leben der
Bediensteten riskieren, wenn wirklich Gefahr droht. Dieser Punkt
steht nicht zur Debatte. Sie können hier bleiben und morgen mit
der Postkutsche nachkommen. Postkutschen werden nicht mehr
überfallen.«
»Ich schlage vor, Lady Sybil bleibt ebenfal s hier, Herr. Mhm.«
»Kommt nicht in Frage«, erwiderte Sybil. »Auf keinen Fall! Wenn es für Sam nicht zu gefährlich ist, so ist es auch nicht zu gefährlich für mich.«
»An deiner Stel e würde ich ihr nicht widersprechen«, wandte
sich Mumm an Inigo. »Nein, ganz bestimmt nicht.«
Der Wolf war nicht besonders glücklich darüber, dass er an einen
Baum gebunden wurde, aber Gaspode vertrat den Standpunkt:
Trau, schau, wem.
Etwa fünf Meilen von dem Ort entfernt machten sie im Wald
Rast. Es würde nur eine kurze Verschnaufpause sein, meinte Ka-
rotte. Mehrere Männer auf dem Marktplatz hatten den Eindruck
erweckt, dass sie ausgesprochen humorlos waren.
Nach einigem Bel en und Knurren sagte Gaspode: »Du solltest
wissen, dass dieser Wolf in der hiesigen Wolfgesellschaft eine Art
persona non gratis ist, sozusagen ein einsamer Wolf, haha…«
»Ja?« Karotte nahm die Brathähnchen aus der Satteltasche.
Gaspodes Blick klebte an ihnen fest.
»Aber nachts hört er das Heulen.«
»Ah, Wölfe kommunizieren miteinander?«
»Im Grunde ist das Heulen eines Wolfs wie Hundeurin an einem
Baum, der die Botschaft verkündet: Dies ist mein verdammter
Baum. Aber es werden auch Nachrichten weitergegeben. Irgend-
etwas Scheußliches geschieht in Überwald, aber er weiß nicht, was
es ist.« Gaspode senkte die Stimme. »Unter uns gesagt: Der Bur-
sche dort drüben stand ziemlich weit hinten, als die Gehirne ver-
teilt wurden. Wenn Wölfe wie Menschen wären, hätten wir es hier
mit einem zweiten Stinkenden Alten Ron zu tun.«
»Wie heißt er?«, fragte Karotte nachdenklich.
Gaspode warf ihm einen erstaunten Blick zu. Wer scherte sich
darum, wie ein Wolf hieß?
»Wolfsnamen sind recht schwierig«, sagte er. »Sie stel en eine Be-
schreibung dar. Sie heißen nicht Fiffi oder Bonzo oder so…«
»Ja, ich weiß. Nun, wie lautet sein Name?«
»Du willst wirklich wissen, wie sein Name lautet?«
»Ja, Gaspode.«
»Um keinen Zweifel daran zu lassen: Es geht dir tatsächlich dar-
um, den Namen des Wolfs in Erfahrung zu bringen?«
»So ist es.«
Gaspode zögerte vol er Unbehagen. »Arschloch«, sagte er dann.
»Oh.« Zur großen Verblüffung des Hunds errötete Karotte.
»Nun, es ist eine Zusammenfassung der Beschreibung, und die Ü-
bersetzung trifft es ziemlich genau«, sagte Gaspode. »Ich hätte es
nicht erwähnt, aber du wol test es ja unbedingt wissen…«
Er unterbrach sich, jaulte einige Sekunden und versuchte anzu-
deuten, dass er aufgrund eines akuten Mangels an Brathähnchen
die Stimme verlor.
»Äh, es wird viel über Angua geheult«, fuhr er fort, als Karotte
nicht zu verstehen schien. »Man hält sie für eine schlechte Nach-
richt.«
»Warum? Immerhin ist sie als Wolf unterwegs.«
»Wölfe verabscheuen Werwölfe.«
»Was? Das kann unmöglich stimmen! Wenn sie die Gestalt eines
Wolfs hat, unterscheidet sie sich nicht von anderen Wölfen!«
»Na und?
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