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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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kurz angebunden. In die Direktion zu kommen, weigert sie sich. Sie müsse auf ihre Kinder aufpassen, und wenn wir etwas von ihr wollten, dann sollten wir uns gefälligst zu ihr bemühen. Klang nicht, als wäre sie gut auf uns zu sprechen.«
    Ich legte die Gabel zur Seite. Der Salat schmeckte mir nicht. Die Soße war zu ölig, die Oliven matschig, die Tomatenstücke zu wässrig. Der Schafskäse schmeckte nach aufgeweichtem Schuhkarton.
    Â»Was hört man von der Telefonüberwachung? Was redet man in Schriesheim?«
    Â»Bisher nichts von Interesse. Die Herrschaften genießen ihren freien Tag.«
    Vangelis schien es im Gegensatz zu mir zu schmecken. Draußen strahlte die Sonne von einem makellos blauen Himmel. Ich leerte meine Cola.
    Â»Was halten Sie davon, wenn wir einen kleinen Ausflug machen und ein paar Worte mit Frau Dobrev wechseln?«

    Rosalind Dobrev öffnete die Tür erst nach dem dritten Klingeln und freute sich nicht über unseren unangemeldeten Besuch. Im Hintergrund krakeelten Kinderstimmen.
    Â»Hab grad was auf dem Herd …«, murmelte sie zerstreut und sah zwischen uns hindurch. »Außerdem sind die Kids heute wieder mal … Was wollen Sie überhaupt?«
    Â»Wir werden auch nicht lange stören«, erwiderte ich liebenswürdig. »Wir haben nur ein paar Fragen, dann sind Sie uns wieder los.«
    Die Pupillen der Frau waren klein, als stünde sie unter Drogen. Sie trug ein verwaschenes T -Shirt undefinierbarer Farbe und eine ausgefranste Jeans. Ihre Füße steckten in bunt geringelten Wollsocken.
    Â»Und wenn ich Sie nicht reinlasse, dann kommen Sie mit der Kavallerie?«
    Unschuldig lächelnd hob ich die Hände. »Ganz so dramatisch ist es auch wieder nicht.«
    Â»Kommen Sie halt in Gottes Namen rein«, seufzte sie und ließ die Tür los. »Wird schon zu irgendwas gut sein.«
    Gefolgt von Klara Vangelis betrat ich ihre heruntergewirtschaftete Wohnung im dritten Obergeschoss eines schmutziggrauen Mietshauses in der Hans-Thoma-Straße. Der Laminatfußboden war abgetreten. Schon das Treppenhaus wirkte, als hätte der Besitzer seit dem Bau vor über fünfzig Jahren nie Geld in Renovierungen investiert. In allen Ecken sammelten sich dort Staub und Schmutz und Papierschnipsel. An jeder zweiten Tür, an der wir vorbeigekommen waren, klebten mehr als zwei Namensschildchen. Irgendwo weit unten wummerte Technomusik, dass der Boden zitterte.
    In Rosalind Dobrevs Wohnung roch es nach frischer Wäsche und altem Käse.
    Â»Machen Sie bloß keinen Krach«, murmelte sie. »Der Kleine ist endlich eingeschlafen. Grad wollt ich kochen, und jetzt kommen Sie.«
    Sie mochte Mitte dreißig sein, wirkte jedoch wie Anfang fünfzig. Das Gesicht hager und grau, der Blick müde, das dunkelblonde Haar strähnig, die Kleidung schlabberte um ihren mageren Körper. Im ersten Zimmer, an dem wir vorbeikamen, kauerte ein vielleicht vierzehnjähriger Junge mit Kopfhörern vor einem Computerbildschirm. Er schien uns nicht zu bemerken. Im nächsten Zimmer, dessen Tür nur einen Spalt offen stand, schien der »Kleine« zu schlafen.
    Der schlauchartige Flur war vollgestellt mit sperrmüllreifen Möbeln, Kinderkram und einem riesigen Karton, der vor Kurzem noch einen übergroßen Flachbildfernseher enthalten hatte. In einem Zimmer am Ende des Flurs stritten zwei Mädchenstimmen zu einer plärrend lauten TV -Show.
    Â»Macht endlich die blöde Kiste leiser«, kreischte die Mutter ohne Hoffnung, »oder es setzt was!«
    Die Mädchen schienen sie nicht gehört zu haben. Dafür war offenbar der Kleine aufgewacht und begann, schlaftrunken zu wimmern.
    Wir betraten eine ärmliche, aber aufgeräumte Küche. Auf dem Herd dampften zwei Töpfe.
    Â»Wie viele Kinder haben Sie?«, fragte ich.
    Â»Tun Sie doch nicht so, als wüssten Sie es nicht«, sagte sie über die Schulter und drehte die Herdplatten herunter, weil der größere Topf überzukochen drohte.
    Â»Selbstverständlich haben wir uns über Sie informiert.« Allmählich fiel es mir schwer, freundlich zu bleiben. »Deshalb weiß ich zum Beispiel auch, dass Ihr Mann in den vergangenen Jahren kaum Geld verdient hat. Seit Neuestem kann er sich auf einmal ein teures Auto leisten und ein mehrstöckiges Haus in Neuenheim kaufen und ein Restaurant aufmachen.«
    Vangelis besichtigte ungerührt das

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