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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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und ich überlegte, ob ich mir einen zweiten machen sollte. Obwohl sie die halbe Nacht im Büro verbracht hatte, wirkte Vangelis frisch und ausgeruht. Ich dagegen fühlte mich, als hätte ich drei Nächte in Folge durchgezecht.
    Â»Bisher gibt es leider nichts Interessantes«, sagte sie und nahm neben Balke Platz. »Es ist ruhig in Schriesheim. Fast ein bisschen zu ruhig.«
    Â»Die haben auch Handys«, gab Balke zu bedenken. »Internet, E -Mail. Die leben auch nicht hinter dem Mond.«
    Wir diskutierten kurz über die Fernzündung der Bombe.
    Â»Schon irgendwie komisch«, fand auch Balke. »Eine Funkzündung macht ja nur Sinn, wenn der Täter Sichtverbindung zu dem Teil hat, das er in die Luft jagen will. Und hätte er Sichtverbindung gehabt, dann hätte er ja wohl kaum im falschen Moment abgedrückt.«
    Â»Vielleicht war es ja der richtige Zeitpunkt.« Vangelis schlürfte aus ihrem Becher, auf dem ich die Akropolis zu erkennen meinte. »Vielleicht sollte das Ganze nur so etwas wie eine ernste Warnung sein?«
    Â»Sie denken, der Täter wollte bewusst vermeiden, dass Menschen zu Schaden kamen?«, fragte ich.
    Â»Es wäre eine Möglichkeit.«
    Â»Die Bulgaren sind übrigens weiter auf Tauchstation.« Balke schob seine Papiere zusammen und sprang auf. »Weder in dem Bungalow in Wieblingen noch in Dobrevs Wohnung in Handschuhsheim hat sich was getan seit gestern. Vielleicht haben die Russen sie sich ja schon gegriffen und durch den Wolf gedreht. Wie geht’s übrigens Ihrer Küche?«
    Â»Ist wieder trocken. Danke der Nachfrage.«
    Â»Mir ist eingefallen, ich hab’s natürlich Evalina erzählt, das mit Ihrer Waschmaschine.« Evalina Krauss, die junge, aschblonde Kollegin, mit der er seit einigen Monaten Tisch und Bett teilte. »Sie hat’s aber nicht weitererzählt, ich habe sie gefragt, nachdem Sie angerufen hatten. Aber ich verstehe immer noch nicht, warum das eigentlich so geheim ist.«
    Mein Handy summte auf dem Schreibtisch, eine neue Nachricht. Ich nahm das Gerätchen zur Hand – Theresa. Ich legte es wieder hin und versuchte, eine unbeteiligte Miene zu ziehen.
    Vangelis betrachtete die Fotos, die Balke mitgebracht hatte. »Nach den Beschreibungen hatte ich mir den Mann ein wenig breiter vorgestellt.«
    Â»Um das Knöpfchen an einem Funkzünder zu drücken, dürfte er kräftig genug sein«, meinte Balke gut gelaunt.
    Als ich wieder allein war, machte ich mir tatsächlich einen zweiten Cappuccino und las Theresas Nachricht. Natürlich wusste sie schon, was in der Nacht geschehen war. Sie klang ein wenig, als hätte sie ein schlechtes Gewissen, und wollte wissen, wie es mir ging, in der neuen Situation.
    Ja, wie ging es mir? Ich wusste es selbst nicht und verzichtete deshalb vorerst auf eine Antwort. Erst musste ich mit mir selbst ins Reine kommen.

    Es dauerte dann doch länger als erwartet, bis mir der junge Mann gegenübersaß, der sich in den Tagen vor der Explosion so oft in der Nähe des Bella Napoli herumgetrieben hatte. An Stelle des von unseren Zeugen beschriebenen, verschlagen dreinblickenden Finsterlings saß mir ein intelligenter junger Mann gegenüber, bei dessen traurigem Blick und schmalen Händen ich unwillkürlich an die Nocturnes von Chopin denken musste.
    In der Zwischenzeit hatten wir eine kleine, kurzfristig anberaumte Pressekonferenz veranstaltet. Bei dieser Gelegenheit hatte ich meinen Chef wiedergesehen, der nicht weniger übernächtigt wirkte als ich. Wir hatten uns dennoch gut geschlagen, fanden wir anschließend. Natürlich war Heidelberg in Aufregung, hatte die Presse längst eins und eins zusammengezählt und ihre Vermutungen angestellt. Zum Glück war jedoch noch niemand auf den Gedanken gekommen, die mächtige russische Mafia habe einen Krieg gegen zwei bulgarische Kleinkriminelle begonnen. Noch stellte niemand einen Zusammenhang her zwischen der Wasserleiche, dem ausgebrannten Cayenne und dem Anschlag auf Piotr Voronins schwarzen Audi.
    Die kriminaltechnischen Labors in Heidelberg und Stuttgart lieferten jetzt nahezu stündlich neue Erkenntnisse, doch weder an den spärlichen Resten des Sprengsatzes noch an der Zündelektronik oder am Cayenne selbst fand sich irgendetwas, das als Beweis oder wenigstens Indiz hätte dienen können. Der Tote aus dem Neckar hatte noch immer keinen Namen. Die Kugel, die Voronins

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