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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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kleinen Pupillen nieder. »Slavko kann nicht viel, wissen Sie. Bevor der Alte aufgetaucht ist, hat er immer bloß rumgejobbt und seine Zeit in Muckibuden oder beim Boxen verplempert. Dann ist der Alte gekommen, und seither hat er Arbeit. Und Geld.«
    Â»Das Geld für das Haus und für den Cayenne stammt von seinem Onkel?«
    Â»Er hat es mitgebracht«, flüsterte sie. »In bar. Über anderthalb Millionen in Scheinen, völlig irre. Slavko hat eine unglaubliche Rennerei gehabt, bis alles auf irgendwelchen Konten eingezahlt war. Es durften ja immer nur Beträge unter zehntausend sein. Es sind viele verschiedene Konten gewesen, bei allen möglichen Banken. Ein Wahnsinnstheater, wirklich. Ein paar von den Konten laufen auch auf meinen Namen. Ich wollt nichts davon wissen. Hab Slavko Vollmachten unterschrieben und ihn machen lassen. Hab mir gleich gedacht, dass da nichts Gutes bei rauskommt. Aber was sollt ich machen? Sagen Sie mir doch: Was sollte ich machen? Ist ja wohl kein Verbrechen, ein Konto zu eröffnen und seinem Mann eine Vollmacht zu geben, oder doch?«
    Â»Klingt nicht danach, als hätte Slavkos Onkel das Geld auf ehrliche Weise verdient.«
    Im Wohnzimmer lärmte immer noch der Fernseher, die Mädchen waren jedoch seit einiger Zeit still. Dafür meinte ich, im Flur Rascheln und Wispern zu hören.
    Â»Der Alte hat Slavko nie mehr Geld in die Hand gegeben als unbedingt nötig. Geizig ist der, richtig geizig. Und ganz unglaublich misstrauisch, dabei ist er doch so reich.« Ihr Atem ging jetzt heftig, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Ȇber jeden einzelnen Hunderter muss Slavko Rechenschaft ablegen. Immer. Auf der anderen Seite hat er sich dann auf einmal dieses tolle Auto kaufen dürfen vom zusammengestohlenen Geld seines sogenannten Onkels. Ich hab gleich gesagt: Lass die Finger von so was. Lass dich nicht auf die Geschäfte von dem Alten ein. Wir brauchen keinen Porsche. Wir brauchen keine Anzüge, die fünfzehnhundert Euro kosten.«
    Â»Frau Dobrev«, sagte ich eindringlich. »Deswegen müssen Sie sich keine Gedanken machen. Gedanken sollten Sie sich machen wegen dieser Geschichte gestern.«
    Â»Gestern?«, fragte sie mit angstweiten Augen. »Was für eine Geschichte denn?«
    Â»Es hat einen Bombenanschlag auf Ihren Mann gegeben. Wussten Sie das nicht?«
    Ihre starre Miene ersetzte eine Antwort. Slavko Dobrev hatte also gelogen, als er behauptete, er habe seine Frau angerufen.
    Â»Ihm ist nichts passiert, keine Sorge. Nur sein schöner Cayenne, der ist hinüber.«
    Mit unerwarteter Energie sprang sie zur Tür, riss sie auf und verscheuchte kreischend die Mädchen, die dahinter gelauscht hatten. Dann warf sie die Tür wieder ins Schloss. Als sie sich umwandte, war sie noch bleicher als zuvor.
    Â»Ich hab’s immer gewusst«, murmelte sie mit herumirrendem Blick und sank wieder auf ihren Stuhl. »Da kommt nichts Gutes bei rum, ich hab’s immer gewusst.«
    Ich beugte mich vor und sah ihr in die Augen. »Haben Sie irgendeine Idee, Frau Dobrev, wer hinter dem Mordanschlag auf Ihren Mann stecken könnte?«
    Sehr langsam schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß nichts, und ich will auch nichts wissen. Slavko … Slavko und ich, wir …« Sie fand ein Taschentuch in irgendeiner Tasche ihrer alten Jeans und schnäuzte sich. »Er gibt mir Geld. Und ich kann es verdammt gut brauchen, sein Geld. Woher er es hat, ist mir egal, solang er keinen umbringt oder so was. Klar, was der Onkel mit den Mädels macht, ist nicht okay …«
    Ein kurzer, aber heftiger Hustenanfall schüttelte sie. Dann sah sie mich mit wundem Blick an.
    Â»Was soll denn jetzt werden?«, fragte sie mit erstickter Stimme. »Wie soll das denn gehen, wenn Slavko was passiert?«

8
    Um halb fünf erschien endlich eine Übersetzerin, und es konnte losgehen. Balke und Vangelis waren irgendwo unterwegs, und so führte ich die Vernehmung wider jede Vorschrift allein durch. Um der Sache eine gewisse Ernsthaftigkeit zu verleihen, ließ ich Roman Siderov nicht in mein Büro, sondern ins Verhörzimmer im Erdgeschoss bringen, mit Videokamera und Gittern vor den Fenstern und nur von außen durchsichtigem Spiegel. Das Mikrofon stand auf dem Tisch, an der Kamera glimmte das rote Lämpchen.
    Die kugelrunde Dolmetscherin stellte sich als Julia Södergren vor. Wenn sie nicht gerade in der

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