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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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bis sie die richtigen gefunden hatten?
    Jede neue Wendung stellte mich vor neue Rätsel. Balke hatte recht: Alles schien in diesem verworrenen Fall irgendwie mit allem zusammenzuhängen und mit jeder neuen Erkenntnis immer noch verworrener zu werden. An einen Zufall mochte und konnte ich nicht glauben. Andererseits – woher hätten die Täter wissen sollen, wen sie da beklauten? Und wer, um Himmels willen, kam auf die wahnwitzige Idee, ausgerechnet die russische Mafia zu bestehlen?

    Heinzjürgen Machatscheck schien zugleich dicker und hagerer geworden zu sein. Wie bei unserem letzten Treffen trug er einen hellgrauen Anzug, der nicht wirklich an seinen unförmigen Körper passte. Vermutlich gab es einfach keine passende Konfektionsgröße für ihn. Und wahrscheinlich hätte er in einem Maßanzug nicht weniger schäbig ausgesehen. Wie am Telefon vereinbart, trafen wir uns in einer ruhigen Eckkneipe wenige Hundert Meter nördlich vom Frankfurter Hauptbahnhof, die von einem riesenhaften Griechen betrieben wurde. Es war kurz vor Mittag.
    Der Journalist kam fast eine Dreiviertelstunde zu spät und schimpfte lauthals auf die Deutsche Bahn. Heute schien er immerhin ohne Pistole unter der Achsel unterwegs zu sein. Und offenbar hatte er dem Rotwein abgeschworen. Seine Nase hatte eine fast natürliche Farbe, und er bestellte sich einen dieser nach aufgelösten Gummibärchen riechenden Drinks, die meine Töchter seit Neuestem so liebten. Ich selbst hatte mir eine große Cola bestellt und die Wartezeit genutzt, um mit Theresa ein paar SMS auszutauschen. Heute Abend würden wir uns treffen, hatten wir vereinbart, außer der Reihe, und dieses Mal freute ich mich darauf.
    Â»Wenn ich Ihre Andeutung gestern am Telefon richtig verstanden habe«, begann der Journalist, als sein Getränk auf dem Tisch stand, »dann interessieren Sie sich für die Witwe des alten Lebedev.«
    Â»So ist es.«
    Wir saßen am selben Tisch, an dem wir schon vor zehn Monaten gesessen hatten. Wieder hatte Machatscheck einen Stuhl gewählt, auf dem er die Wand im Rücken und die Tür im Blick hatte.
    Â»Darf man wissen, in welchem Zusammenhang? Und wie kommen Sie ausgerechnet auf mich, in dieser Angelegenheit?«
    Ich berichtete ihm von den Ereignissen, die seit dem vergangenen Samstag Heidelberg erschütterten. »Und Ihr Name ist mir eingefallen, weil Sie letztes Jahr diese Geschichte erwähnten mit dem Brand in einer psychiatrischen Klinik. Deshalb hoffe ich, dass Sie ein paar Dinge über die russischen Verbrechersyndikate wissen, die ich über offizielle Kanäle nie und nimmer erfahren würde.«
    Der Wirt, ein Zweimeterriese, spülte hinter seiner Theke Gläser und summte die griechische Melodie mit, die aus billigen Lautsprechern drang. Wir waren die einzigen Gäste.
    Â»Was genau möchten Sie wissen?«, fragte Machatscheck. »Und was wäre mein Gewinn, wenn ich es Ihnen verrate?«
    Â»Fangen wir mit der zweiten Frage an: Wie gehabt, erfahren Sie alles, was für die Öffentlichkeit interessant sein könnte, als Erster. Und die Frage, die mich interessiert, ist: Was ist los mit dieser Russin? Haben Sie eine Erklärung dafür, dass sie anscheinend den Schutz höchster politischer Kreise Deutschlands genießt?«
    Machatscheck trank einen Schluck und verzog angewidert das Gesicht.
    Â»Lassen Sie mich ebenfalls mit Teil zwei beginnen«, erwiderte er. »Wo die Mafia ist, da ist Geld. Und wo Geld ist, da sind politische Interessen nicht weit.«
    Â»Ich habe recherchieren lassen, womit die Russin ihr Geld verdient. Da geht es um Immobilien, da gibt es eine große Spedition. Es ist ein verzweigtes Imperium, aber nichts davon scheint verboten zu sein. Seit ihr Mann tot ist, hat sie sich offenbar auf die legalen Teile des Geschäfts verlegt.«
    Â»Ja und nein.« Machatscheck nahm einen weiteren vorsichtigen Schluck und schien sich nun doch nach einem anständigen Rotwein zu sehnen. »Die Russen halten es da nicht anders als die Italiener: Wo man zu Hause ist, hält man seinen Namen sauber.«
    Â»Sie wollen sagen, die kriminellen Geschäfte finden woanders statt?«
    Er nickte. »In Russland gibt es viele Möglichkeiten, rasch zu viel Geld zu kommen. Das Problem ist, das Geld anschließend nach Westeuropa zu schaffen, wo man es dann in ehrenwerte Geschäfte investiert.«
    Vor den Fenstern summte eine

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