Der Fürst der Dunkelheit
Straße.
“Ich bin doch nicht der, hinter dem du her bist”, sagte Jonas in vollem Ernst.
“Wo ist Lauren, verdammt noch mal?”
“Lauren?” Jonas war verwirrt. “Deanna ist doch die, die im Krankenhaus liegt. Hör mir doch mal eine Minute zu. Ich bin nicht böse.”
Nicht böse? Vielleicht nicht, dachte Mark, aber er war zweifellos ein Vampir.
Mark zog die Ampulle mit dem Weihwasser heraus. Der andere Mann starrte ihn an, ohne mit der Wimper zu zucken. “Tu, was du nicht lassen kannst, aber ich sage die Wahrheit. Ich will euch helfen. Ich … Deanna bedeutet mir viel. So jemandem wie ihr bin ich noch nie begegnet. Sie ist … Sie ist …” Zorn blitzte in seinen Augen auf. “Sie ist viel zu großartig, um als Spielzeug für so einen hinterhältigen Bastard zu enden wie
ihn
.”
“Keiner hier kennt dich”, sagte Mark knapp. “Die Bullen wissen, dass es hier Vampire gibt – zumindest einige von ihnen. Aber
dich
kennt keiner.”
Jonas hob eine Hand und zog eine Halskette aus seinem T-Shirt hervor.
Er trug ein Kreuz.
“Könnte ich so etwas tragen, wenn ich zu diesem Monster Stephan gehören würde?”, wollte er wissen.
Mark hob eine Braue.
“Hör zu, ich bin neu in der Gegend”, fuhr Jonas fort. “Lange Zeit war ich in New York City. Da oben kümmert sich keiner um den anderen, es gibt jede Menge Blutbanken. Ich bin hierhergekommen, um Musiker zu werden. Das ist alles. Nicht um irgendjemandem etwas anzutun.” Er lächelte kläglich. “Es gibt schließlich genug Ratten, weißt du.”
“Komm mir bloß nicht noch mal unter die Augen”, warnte Mark.
“Ich kann euch helfen. Ich will euch helfen. Sieh mal, ich bin noch nicht … Das, was ich jetzt bin, bin ich noch nicht besonders lange. Ich bin auch nicht besonders mächtig, aber ich würde alles tun, um Deanna zu helfen. Wirklich alles.”
“Hau einfach ab.”
Mark ließ ihn stehen, seine Angst um Lauren gewann wieder die Oberhand. Er würde diesen Jonas nicht umbringen – obwohl es ein schwerer Fehler sein mochte, ihn am Leben zu lassen. Aber er hatte jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Er musste Lauren finden.
“Was zum Teufel soll ich tun, um es zu beweisen?”, rief Jonas ihm nach.
Mark ging weiter, ohne zu antworten. Er ging mit großen Schritten, um die Bourbon Street endlich hinter sich zu lassen. Er hatte das Gefühl, innerlich zu schreien.
Er musste sie finden.
Sofort.
Die Gestalt am Ende der Gasse stand da und sah sie an.
Sie stand ganz still und starrte zurück.
Sie hatte fast kein Weihwasser mehr und versuchte verzweifelt, sich an alles zu erinnern, was Mark gesagt hatte. Das da war Stephan, da war sie sich ganz sicher. Mark sagte, er wäre sehr stark. Vielleicht könnte sie ihn mit dem Rest des Weihwassers treffen. Das würde ihn bestimmt verletzen, aber würde es genügen? Es könnte ihn nur noch wütender machen, sodass er erst recht seine Reißzähne in ihren Hals graben …
“Ich bin nicht Katya!”, rief sie.
“Du bist diejenige, die mein sein wird”, erwiderte er sanft.
Es war, als würde die Erde stillstehen. Als ob die Zeit angehalten worden wäre. Sie war ganz allein mit ihm in dieser Gasse, umgeben von Schatten.
“Nein”, sagte sie genauso sanft. “Du weißt überhaupt nicht, wie es ist, wenn jemand wirklich dein wäre. Ich jedenfalls werde das niemals sein. Und du wirst dich mit deiner ganzen Brutalität und Grausamkeit selbst zerstören.”
Er kam auf sie zu.
Wie weit reichte diese Wasserpistole?
“Leg die Waffe nieder. Und leg das Kreuz ab. Denn ich
werde
dich besitzen. Ich werde dich so besitzen, wie ich es will, und das ist alles, was zählt. Wenn ich deiner müde bin, na ja … Vielleicht hast du Glück, und das wird nie passieren.”
Sie trat einen Schritt zurück.
Plötzlich schien er näher zu sein, als er eben noch gewesen war.
Als wäre er geschwebt.
Aber jetzt ging er wieder lässig auf sie zu, als wären sie alte Bekannte und würden nach einer zufälligen Begegnung ein bisschen miteinander schwatzen.
Ein plötzliches Flattern – sie ahnte es mehr, als dass sie es spürte.
Ein Schatten in der Luft. Dunkelheit …
Wie Flügel.
Lauren bemerkte, dass Stephan die Stirn runzelte.
Dann nahm plötzlich ein anderer Mann vor ihr Gestalt an, der sich zwischen sie und Stephan stellte.
Es war Jonas, der dunkelhaarige Fremde, der Deanna so in seinen Bann geschlagen hatte.
“Lass sie gehen”, sagte Jonas.
Stephan blieb stehen, dann fing er beinahe sofort an zu lachen.
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