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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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wenige Fackeln erleuchteten die spiralförmige Rampe, die entlang der Außenmauer nach oben auf die Terrassen, die Wehrgänge, zum Geheimarchiv und den Schatzkammern führte – und zu den Verliesen. Am Ende der Spiralrampe wandten wir uns nach links und überquerten eine hölzerne Brücke über der Grabkammer des römischen Kaisers Hadrianus, um dann weitere Treppen nach oben zu steigen.
    Francescos Zelle befand sich in den Arkaden oberhalb des Zinnenkranzes.
    Er stand am Fenster, als die schwere Zellentür aufgeschlossen wurde und ich in das finstere Verlies eintrat. Er wandte sich zu mir um und kam mir entgegen, um mich zu umarmen. »Raffaello! Du bist gekommen!«
    Ich trat einen Schritt zurück. »Euer Exzellenz!« Ich neigte den Kopf zu einer angedeuteten Verbeugung. »Ihr habt mich hergebeten …«
    Francesco blieb stehen. Er sah aus, als hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen. »Raffaello!«, sagte er. »Ich bin froh, dass du hier bist.«
    Erneut kam er mir einen Schritt entgegen, und ich wich vor ihm zurück. Ich wollte ihm zeigen, wie weit er bei mir gehen durfte.
    »Ich könnte dasselbe sagen, Euer Exzellenz«, sagte ich kalt. »Auch ich bin froh, dass Ihr hier seid. Hier in der Engelsburg. Giuliano de’ Medici hat mir von der Ermordung Kardinal Alidosis erzählt. Da Euch niemand für die Ermordung von Gian Andrea Bravo, Eures Onkels Guido und meines Sohnes Luca zur Rechenschaft gezogen hat, wird es Euer Onkel hoffentlich für den Mord an Francesco Alidosi tun.«
    »Bist du nur gekommen, um mir das zu sagen?«, fragte Francesco leise.
    »Nur deswegen, Euer Gnaden. Zwischen uns ist alles gesagt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Ich bin hier, weil Ihr mich gebeten habt, herzukommen. Nicht, weil Ihr es mir als mein Herzog befohlen hättet.«
    Francesco ließ sich auf das schmale Bett fallen und barg sein Gesicht in den Händen. »Es ist nicht alles gesagt, Raffaello.«
    »Nein? Ist es nicht?« Ich erinnerte mich unseres kurzen Zusammentreffens im Vorzimmer des Papstes vor einem Jahr. Er hatte mich stehen lassen und war gegangen, ohne ein Wort zu sagen.
    »Wir sind Freunde, Raffaello! Wir kennen uns, seit ich laufen kann. Wir vertrauen uns. Wie oft haben wir uns gegenseitig unser Leben anvertraut.« Als ich schwieg, erhob er sich vom Bett und kam zu mir herüber. Langsam, vorsichtig, als würde er mich erschrecken, wenn er sich mir mit seinem ungebändigten Temperament näherte. »Ich will dir heute Nacht mein Leben anvertrauen, Raffaello«, flüsterte er. »Ich lege mein Schicksal in deine Hände, mein Freund.«
    »Ja, Francesco, wir sind Freunde. Immer noch. Trotz meiner Verbannung aus Urbino. Trotz des Mordes an Gian Andrea Bravo. Trotz der Ermordung von Herzog Guido und meines kleinen Luca. Trotz des Todes von Kardinal Alidosi, den ich sehr geschätzt habe. Frage mich nicht, warum. Aber wir sind Freunde.«
    »Dann sprich mit Onkel Giuliano! Er muss mich empfangen. Er muss mich anhören. Er braucht mich – als Herzog von Urbino und als Gonfaloniere der Kirche. Er kann niemand anderen ernennen! Wer sollte Urbino regieren?«
    »Eleonora«, schlug ich vor. »Sie hat für dich während deiner Abwesenheit Urbino regiert.«
    »Eleonora ist eine Gonzaga«, winkte Francesco ab. »Wer soll die Kirche gegen die Invasion der Franzosen verteidigen? Aus Bologna haben sie uns schon vertrieben. Es ist eine Frage der Zeit, dass sie nach Süden marschieren und Urbino, Perugia und Rom erobern.«
    »Er könnte Francesco Gonzaga ernennen.«
    »Der Marchese von Mantua ist ein Verbündeter der Franzosen. Was glaubst du, wer König Louis’ Condottieri nach Bologna geführt hat? Francesco Gonzaga! Raffaello, ich bitte dich! Wenn du es nicht für mich tust, deinen Freund Francesco, dann tue es für Onkel Giuliano. Für Urbino. Und für die Kirche.«
    »Was hat dein Onkel davon?«
    »Die Franzosen haben Bologna eingenommen. Venedig ist ein unzuverlässiger Bündnispartner. Florenz wird von Piero Soderini, einem Gonfaloniere ohne militärische Erfahrung, regiert. Der Herzog von Urbino sitzt in der Engelsburg eingesperrt und kann nichts tun. Und in Perugia herrscht Gian Paolo Baglioni, der sich nur zu gerne an Onkel Giuliano für seine Demütigung rächen möchte und dafür sogar den Franzosen freien Durchzug durch Umbrien garantieren würde. Wer, glaubst du, kann die Franzosen auf ihrem Weg nach Rom aufhalten?«
    »Du, Francesco?«
    »Nur ich! Er muss mich freilassen.«
    »Und dann? Wenn du frei bist?«
    »Dann werde ich meiner

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