Der Fürst der Maler
Perlen und Diamanten besetzte Tiara zu stehlen. Selbst der Aufstand der römischen Machthaber, der Familien Colonna und Orsini, schien Tradition zu sein, wenn ein Papst im Sterben lag. Gian Giordano Orsini war der Schwiegersohn des Papstes. Was hatte er vor?
»Wie geht es ihm?«, fragte ich und trat an das Bett heran.
»Unverändert. Er ist seit gestern Nacht bewusstlos. Der dritte Medicus experimentiert nun an ihm herum. Er lässt ihn jede Stunde zur Ader. Ich weiß nicht, was das bringen soll. Julius hat kein Blut in seinen Adern wie wir anderen Sterblichen, sondern flüssige Lava.«
Ich ließ mich auf einen Sessel neben dem Bett fallen. »Es scheint dich nicht zu berühren, Paris.«
»Nein, mon ami , du irrst! Julius ist der dritte Papst, an dessen Sterbebett ich sitze. Man kann über Il Terribile sagen, was man will, aber er war der Beste von allen, die ich kennen gelernt habe. Sein Tod wird ein großes Unglück für die Kirche sein, die einen hervorragenden Feldherrn verlieren wird, einen großen Maecenas der Künste und einen sehr eigenwilligen, undogmatischen Theologen. Sein Tod wäre eine Katastrophe!
Aber das scheint nur wenige zu bekümmern: dich, mich, Maître Michelangelo und Monsieur Chigi. Mit seinem Freund Chigi hat Julius gestern noch zu Abend gegessen, dann ist er zusammengebrochen. Monsieur Chigi hat die ganze Nacht an seinem Bett gewacht. Er ist vor einer Stunde nach Hause gegangen, um ein wenig zu schlafen. Maître Michelangelo hat die Nacht in der Loggia vor der Schlafzimmertür verbracht und hat kein Auge zugetan. Im Gegensatz zu einigen Kardinälen, die tagsüber ihre Intrigen spinnen und nachts sein Sterbebett belagern, um im entscheidenden Moment mit einem verlogenen Seufzer in Nomine Dei auf den Lippen die Hand mit dem Fischerring zu ergreifen, versuche ich, einen klaren Kopf zu bewahren.
Ich muss herausfinden, wer dahinter steckt.«
»Wie meinst du das?«, fragte ich überrascht.
»Julius hatte keinen Schlaganfall, Raphaël! Er ist schon achtundsechzig, aber vor einigen Tagen ritt er wie der Teufel von Ravenna nach Rom, so schnell, dass wir ihm kaum folgen konnten. Er war gesund und kräftig wie ein römischer Gladiator, der seinen Stock zu führen weiß. Er hat gebrüllt und uns alle mit wüsten Beschimpfungen bedacht. Der Tod Alidosis hat ihm das Herz gebrochen, und seine Hände haben zum ersten Mal in seinem Leben so gezittert, dass er die Bulle für die Einberufung des Laterankonzils nicht unterschreiben konnte. Aber Julius besteht aus Stahl und Marmor, und der Schmerz hat ihn nicht zerbrochen. Warum, glaubst du, wurde er erst krank, als der Prozess gegen seinen Neffen begonnen hat?«
»Vielleicht liebt er Francesco …«
Paris lachte, aber es war nichts Fröhliches in seiner Stimme. »Julius liebt niemanden. Nicht einmal Gott! Verflucht hat er Ihn, als wir ihn ins Bett brachten. Er hat sich gewehrt, als wollten wir ihn auf der Folterbank in der Engelsburg festschnallen.«
»Was glaubst du, was geschehen ist, Paris?«
»Ich glaube, dass jemand versucht, Julius zu vergiften.«
Ich hielt den Atem an. »Zu vergiften?«
»Er hat dieselben Symptome wie Papst Alexander und sein Sohn Cesare Borgia, als beide die Cantarella zu sich nahmen, mit der Kardinal Adriano da Corneto beide vergiften wollte. Ich bin sicher, dass irgendjemand Julius eine Prise Gift ins Essen gemischt hat.«
»Wer?«, fragte ich atemlos.
»Jemand, der einen Vorteil von seinem plötzlichen Tod hat. Einer von ihnen ist Francesco della Rovere. Er will als Herzog nach Urbino zurückkehren, und auf diesem Weg ist er bereit, über Leichen zu gehen. Das hat er mehr als ein Mal bewiesen. Und Julius steht mit einem Bein bereits im Fegefeuer.«
»Aber wenn Julius stirbt, kann Francesco nicht gewinnen. Er wird mit oder ohne Prozess hingerichtet.«
»Ja, falls Julius stirbt. Hast du mal darüber nachgedacht, dass Herzog Francesco mit Gift ebenso gut umgehen kann wie mit seinem Dolch, den er schnell und präzise zu führen weiß? Weißt du, wie Herzog Guidobaldo da Montefeltro und der kleine Herzog Luca della Rovere starben? Durch Gift. Durch Cantarella. Das Gift wirkt schnell, aber nicht so schnell, dass das Opfer nicht merken würde, was mit ihm geschieht. Deshalb liebten die Borgia dieses Gift so sehr. Es gab ihnen die Möglichkeit, ein wenig mit der Dosis zu experimentieren. Eine Prise nur, und das Opfer konnte noch das eine oder andere Schriftstück unterzeichnen. Ein Testament zum Beispiel, das das Vermögen
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