Der Fürst der Maler
Gefolgsmann der Borgia, bevor er sich mit Herzog Cesare anlegte. Er kennt das Gift der Borgia. Und er hat jeden Grund, Onkel Giuliano umzubringen. Der hat Orsini vor wenigen Wochen exkommuniziert. Das konnte Felice diesmal nicht verhindern! Er will Orsinis Ehe mit Felice auflösen. Es ist eine Frage der Zeit, bis Onkel Giuliano auf die Idee kommen könnte, dem Conte da Bracciano auch noch seine strategisch wichtige Festung und seinen Grundbesitz in Rom wegzunehmen. Orsini ist ehrgeizig. Er war ein Condottiere Cesare Borgias. Er wollte schon einmal Herzog von Urbino werden, erinnerst du dich? Er wollte Onkel Guido und mich ermorden. Und Onkel Giuliano. Rate mal, was er jetzt will.«
»Dich? Deinen Kopf unter dem Beil des Henkers?«
»Und Onkel Giuliano. Er bekommt uns beide zum Preis von einem! Ein Papiertütchen Cantarella ist für ein paar Scudi in jeder Apotheke in Rom zu bekommen.«
»Was wird Giovanni de’ Medici dazu sagen?«
»Nichts, wenn Orsini das Konklave nicht stört. Die Orsini und die Medici sind verschwägert. Giovannis Bruder Piero, der einige Jahre Florenz regierte, war mit einer Orsini verheiratet. Und auch Giovannis Mutter war eine Orsini. Gian Giordano hat also ein verständliches Interesse daran, wenn Giovanni de’ Medici Papst wird. Dann kann er nämlich Gonfaloniere werden.«
»Giovanni will seinen Bruder Giuliano zum Bannerträger ernennen«, warf ich ein.
»Dann wird er seine umfangreichen Pläne, seine Familie an die wichtigsten Machtpositionen im Vatikan, in Florenz und Urbino zu setzen, ein klein wenig ändern müssen. Denn wenn Orsini mit seinen Truppen in Rom einzieht, wird er keine andere Wahl haben, wenn er nicht seine Tage in der belagerten Engelsburg beim Kartenspiel verbringen möchte. Das Einzige, was es in der Engelsburg im Überfluss gibt, ist Langeweile. Das wird diesen verwöhnten Sohn des Magnifico zur Vernunft bringen«, fauchte Francesco. »Aber die Langeweile wird ihn nicht umbringen, denn das wird Gian Giordano Orsini tun, wenn seine Kanonen den Passetto zwischen den vatikanischen Palästen und der Engelsburg zerstört haben und unser Heiliger Vater die Askese erlernt hat.
Wenn es dann so weit ist, dass päpstliche Breves für ein Stück trockenes Brot und einen Schluck Wasser erlassen werden, hat Orsini gewonnen. Alles! Das Herzogtum Urbino, Rom und die Kirche. Die Karriere, die einer seiner idiotischen Cousins dann als Kardinal machen wird, wird selbst noch den kometenhaften Aufstieg Francesco Alidosis in den Schatten stellen. Ein durch Inzest verblödeter Orsini als Papst – an der langen Leine geführt von diesem größenwahnsinnigen Irren, der Italien von Urbino aus regiert.« Francesco lachte freudlos. »Ich bin froh, dass ich das nicht mehr erleben muss!«
»Wie kann Orsini aufgehalten werden?«
»Mit einem Dolch in der Hand«, schlug Francesco bissig vor. »Wenn du willst, erledige ich das.«
»Du?«, fragte ich ungläubig.
»Sprich mit deinen Freunden Giovanni de’ Medici, Alessandro Farnese, Paris de Grassis oder wer auch immer bereit ist, mich per Breve wieder zum Herzog von Urbino und Gonfaloniere zu machen.«
»Dieses Breve wird keiner von ihnen unterschreiben. Sie halten dich für den Irren.«
»Dann musst du Orsini aufhalten!«
»Ich?«
»Wer sonst? Nur du kannst es.«
»Wie?«
»Der kleine Girolamo ist sein Liebling, sein Erbe. Girolamo wird der nächste Conte.«
Ich begriff nichts. »Ja, und?«
»Benutze endlich dein Gehirn zum Denken, Raffaello! Girolamo ist nicht Orsinis Sohn …«
Ich schwieg und starrte Francesco an.
»… sondern deiner!«
Die Apokalypse konnte nicht schlimmer sein als das Chaos meiner verwirrten Gedanken. Girolamo war Felices und mein Sohn! Ich dachte an die wundervolle Nacht, in der er gezeugt worden war. Ich hatte Felice gefunden und wieder verloren. Doch dann hatte sie mir geschrieben, um mir mitzuteilen, dass sie ihrem Sohn den Namen Girolamo gegeben habe. Der Kleine erinnerte sie an mich und an eine unvergessliche Liebesnacht.
Ich war zornig gewesen und hatte ihren Brief zerrissen, weil ich Girolamo für Orsinis Sohn hielt. Felice, vergib mir! Was habe ich dir angetan!
In Urbino hatte ich sie beschuldigt, sich ihm hingegeben und ihm einen Sohn geschenkt zu haben. Wie zornig sie gewesen war! Sie hatte etwas sagen wollen, doch ich hatte ihre Lippen mit einem Kuss verschlossen. Hätte ich sie doch nur ausreden lassen – nur dieses eine Mal. Sie wollte mir von Girolamo erzählen: an dem Tag, als Luca
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