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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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möglicherweise nicht überleben wird.«
    »Wenn diese Nachricht die Mauern des Vatikans verlässt, wird in Rom der Aufstand losbrechen.«
    »Nicht, solange Gian Giordano Orsini sich im Vatikan aufhält.«
    »Was ist mit Julius’ Tochter Felice? Sie ist vor einer Stunde in Rom angekommen. Sie wartet in meinem Arbeitszimmer auf mich.«
    »Die Contessa Orsini ist in Rom?«, fragte ich entsetzt. »Wieso sagst du mir das jetzt erst?«
    »Du warst so fasziniert von der Maus, dass du mir ohnehin nicht zugehört hättest. Was macht das überhaupt für einen Unterschied? Sie ist doch nicht verwickelt in das Attentat auf ihren Vater. Soll ich sie nun auch informieren oder nicht?«
    Sollte ich Felice das antun? Durfte ich mit ihren Gefühlen, mit ihrer Liebe zu ihrem Vater spielen? Aber ich hatte keine andere Wahl! Auch sie würde im Sterbezimmer sein.
    »Ja, Paris. Informiere auch sie über den Zustand ihres Vaters«, bat ich ihn.
    Ich goss das Wasser aus der Karaffe in eine Blumenvase aus durchscheinendem Alabaster und füllte die Glaskaraffe zur Hälfte mit frischem Wasser. Dann stellte ich sie zurück auf den Tisch neben Julius’ Bett. Das Glas ließ ich halb voll: Es sah so aus, als hätte Julius von dem vergifteten Wasser getrunken.
    Während Paris aus dem Raum eilte, um die furchtbare Nachricht zu verkünden, ließ ich ein Papiertütchen eines weißen Pulvers in die Karaffe rieseln. Es löste sich schnell auf, bildete keine Kristalle auf dem Boden.
    Dann nahm ich die Position ein, die ich in den kommenden Stunden nicht mehr verlassen würde: die Position des Regisseurs eines grotesken Theaterstücks, der von seinem Sessel aus die Anweisungen für die Akteure gab, die bis auf den Mörder nicht wussten, welche Rolle sie spielten.

    Paris de Grassis öffnete die Tür, und Giovanni de’ Medici betrat als Erster den Raum. Er sollte als ranghöchster Kardinal die Letzte Ölung an Julius durchführen. Die anderen Kardinäle und Monsignori, die wegen des bevorstehenden Konklaves nach Rom gekommen waren, warteten draußen im Vorzimmer, um dem sterbenden Papst die letzte Ehre zu erweisen – oder um sicherzugehen, dass er nach acht Jahren des Krieges endlich abtrat und Platz machte für einen jungen, ehrgeizigen Kardinal.
    Der Nächste war Rafaele Riario, der Cousin des Sterbenden. Dann betraten der Conte Gian Giordano Orsini und die Contessa Felice den Raum, gefolgt von Taddeo Taddei, der die weinende Fioretta im Arm hielt. Francesco hatte mir erzählt, dass er den Gemahl seiner Schwester in Rom erwartete. Taddeo war an diesem Morgen mit seiner Eskorte im Vatikan eingetroffen.
    Der Herzog von Urbino war an Armen und Beinen gefesselt in den Vatikan gebracht worden, und jeder seiner Schritte wurde durch schwere Eisenketten behindert, als er das Schlafzimmer seines sterbenden Onkels betrat. Mit Eleonora.
    Ich gab dem Schweizer Gardisten, der Francesco nicht nur zu seiner eigenen Sicherheit begleitete, ein Zeichen, die Fesseln zu lösen und den Raum zu verlassen. Er öffnete die schweren Ketten, nahm sie Francesco ab und verschwand, während Agostino Chigi als Letzter den Raum betrat. Paris de Grassis schloss die Tür.
    Ich betrachtete die Gesichter der Anwesenden, die eine ganze Farbpalette von Gefühlen widerspiegelten, während sie an das Bett des Papstes traten: Trauer, Wut, Verzweiflung, Fassungslosigkeit, Erbitterung, Hoffnungslosigkeit.
    Agostinos Augen reflektierten eine tiefe und ehrliche Trauer über den Verlust seines Freundes Giuliano della Rovere, der beinahe sein Schwiegervater geworden wäre, wenn Agostino vor Jahren der Ehe mit Clarice della Rovere zugestimmt hätte. Er, der Magnus Mercator Christianus, stand hilflos am Bett seines Freundes und konnte nichts tun, um ihn am Sterben zu hindern.
    Eleonora – ich hatte nicht gewusst, dass sie in Rom war! Ihre Wangen waren tränennass, aber sie warf mir ein kleines Lächeln zu, als sie merkte, dass ich sie ansah. Eleonora war durch ihre Ehe mit Francesco eine della Rovere und von Julius nicht anders als seine eigenen Töchter behandelt worden – er hatte sie liebevoll einige Male ›meine Eleonora‹ genannt. Sie hatte ihn trotz seiner ungehobelten Art gemocht – sie war schließlich die Tochter des Marchese Francesco Gonzaga, der seinen Hof in Mantua wie ein Heerlager führte, und war auch von ihrem Gemahl Francesco della Rovere einiges gewohnt.
    Francesco war zornig. Am liebsten hätte er wohl alle Anwesenden aus dem Zimmer gejagt, um mit seinem Onkel Giuliano

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