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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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wiederum amüsierte. Ich hatte mein Gebet noch nicht beendet, da sagte Giovanni: »Ich werde das nicht jetzt entscheiden, Conte Orsini.« Er sprach mit der Autorität des künftigen Papstes, als er Gian Giordano Orsinis wütendem Blick standhielt.
    »Euer Eminenz, warum trefft Ihr diese Entscheidung nicht jetzt? Es gibt nicht viele Alternativen …«
    »Nein, Conte Orsini, nicht viele: eine.« Giovanni deutete auf Francesco, über dessen Gesicht ein zufriedenes Lächeln huschte.
    »Aber, Euer Eminenz, wann wollt Ihr entscheiden?«, fragte Orsini, verärgert über die offensichtliche Unentschlossenheit des Kardinals.
    »Morgen, Conte Orsini. Morgen früh werde ich das entscheiden.«
    Ich schloss die Augen und sandte ein Dankgebet zum Himmel. Giovanni reagierte so, wie Paris de Grassis und ich es vorausgesehen hatten, als wir besprachen, wie er die fingierte Nachricht vom Vormarsch der Franzosen vortragen sollte. Giovanni kannte seine Rolle in dieser Farce nicht, aber spielte sie perfekt: Er war Giovanni de’ Medici und niemand sonst.
    »Morgen könnte es zu spät sein«, begehrte Orsini auf.
    »Schweigt!«, übertönte ihn Giovanni mühelos mit seiner wundervollen Tenorstimme. »Für Euch gilt dasselbe wie für Signor della Rovere. Wagt es nicht, mich zu verärgern!«
    Orsini schluckte überrascht die Worte hinunter, die er Giovanni an den Kopf werfen wollte. Und ich hoffte, dass sie ihm heute Nacht Bauchschmerzen bereiten würden …
    Giovanni wandte sich an die Trauernden, die angesichts seines Zorns einen Schritt zurückwichen. »Wir tun hier alle so, als wäre Seine Heiligkeit bereits von uns gegangen. Er ist bewusstlos und schläft, auch wenn einige von uns ihn lieber schon unter der Erde sehen würden.« Keine Spur von Ciceros Latein – Giovanni sprach ein sehr klares Italienisch mit florentinischem Akzent, und er benutzte deutliche Worte der Warnung. »Seine Heiligkeit hat die Letzte Ölung erhalten. Aber er ist noch nicht tot – noch nicht! Solange er den Fischerring an seiner Hand trägt, ist er der Papst. Ich werde diese Nacht abwarten und morgen früh die weiteren Maßnahmen entscheiden. Basta! «
    Ich versuchte, mein zufriedenes Lächeln zu verbergen.
    Paris de Grassis blinzelte mir zu: Alles lief nach Plan. Wir hatten noch die ganze Nacht, um den Attentäter zu stellen.
    Paris ergriff das bereitgestellte Tablett mit den Gläsern und stellte es auf den Tisch in der Mitte des Raumes. Dann nahm er die halb leere Karaffe vom Nachttisch des Papstes und schenkte jedem der Anwesenden ein Glas Wasser ein. Es waren zehn Gläser, eines zu wenig. Ich machte keinen Versuch, nach einem Glas zu greifen.
    Agostino leerte sein Glas in einem Zug und stellte es zurück auf das Tablett. Auch Taddeo trank. Rafaele Riario zögerte mit einem nachdenklichen Blick auf den sterbenden Cousin. Welche Gedanken wälzte er in seinem Kopf herum? Doch schließlich nahm er das Glas und trank es leer.
    Gian Giordano Orsini starrte bleich die Karaffe an: »Ich bin nicht durstig.«
    Francesco sah mich an. »Ich auch nicht.« Dann reichte er mir sein Glas. »Du hast die ganze Nacht an seiner Seite ausgeharrt, Raffaello. Nimm mein Glas, und stille deinen Durst«, bot er mir in fürsorglichem Tonfall an.
    Ich ergriff das Glas. »Danke, Francesco.« Dann setzte ich das Glas an die Lippen und trank das Wasser in einem Zug aus.
    Was blieb mir anderes übrig? Ich konnte es nicht zurückweisen! Innerlich fluchend wischte ich mir mit dem Handrücken über die Lippen und stellte das Glas zurück auf das Tablett. Drei der Anwesenden beobachteten jede meiner Bewegungen. Doch – wer von ihnen war der Attentäter?
    Giovanni knallte sein Glas auf das Tablett und entschuldigte sich bei den Anwesenden – er habe noch vieles zu erledigen, das keinen Aufschub duldete. Dann rauschte er aus dem Raum. Zornig, wie mir schien. Hatte er mein Spiel durchschaut? Sein Glas war noch voll …
    Felice und Eleonora wandten sich zu mir um, als sie sich zum letzten Mal vom Papst verabschiedet hatten und den Raum verließen. Fioretta weinte wieder, als sie sich von ihrem geliebten Onkel losreißen sollte, Taddeos und Agostinos Gesichter waren wie aus Marmor gehauen. Francesco warf mir einen langen Blick zu, als er als Letzter den Raum verließ und leise die Tür hinter sich schloss. Die Schweizer Gardisten würden ihn wieder in Ketten legen und zurück zum Palazzo della Rovere eskortieren.
    »Bist du verrückt geworden, Raphaël?«, fauchte mich Paris de Grassis an, als

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