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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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zwischen Mailand und Florenz, so wie Michelangelo durch seine Flucht aus Rom den Papst gegen Florenz aufgebracht hatte. Niccolò Machiavelli tat mir Leid: Er war derjenige, der die Wogen glätten musste.
    Ich genoss die Wochen mit Eleonora und dem kleinen Luca. Hunderte von Skizzen fertigte ich von meinem Sohn: Luca schläft. Luca lacht. Luca weint. Mit Luca auf dem Arm ging ich mit Eleonora im Garten des Palazzo spazieren. Ich beobachtete, wie zauberhaft er lächelte, als er den bunten Schmetterling auf seinem erhobenen Finger bemerkte. Ich sah ihm zu, als er einer Rose fröhlich lachend die Blütenblätter ausriss.
    Luca war wie der strahlende Sonnenschein durch die düsteren Wolken gebrochen und hatte mein Leben erhellt.
    Eleonora und ich waren während dieser Wochen keine Minute allein. Zärtliche Blicke, geflüsterte Worte und flüchtige Berührungen – das war alles, was zwischen uns war. Außer der schmerzlichen Sehnsucht. Und den einsamen Nächten.
    Ich verschob meine Abreise um einen weiteren Monat. Herzog Guido, der sich von seiner Gicht erholt hatte, wollte das Porträt, das ich vor Monaten begonnen hatte, vollendet haben. Baldassare Castiglione, der uns mit dem Dichter Pietro Bembo, mit seiner Geliebten Caterina, ihrem Cousin Giuliano de’ Medici und dessen Sekretär Bernardo Dovizi da Bibbiena bei den stundenlangen Sitzungen Gesellschaft leistete, schrieb einige unserer Gespräche nieder, um sie später in seinem Libro del Cortegiano zu verwenden.
    Pietro Bembo war der Auffassung, dass der direkteste Weg zwischen seiner Geburtsstadt Venedig und einem bequemen Kardinalssessel im Vatikan durch Urbino verlief. Genauer gesagt: durch den Audienzsaal des Herzogs Guido, eines der mächtigsten Fürsten Italiens, den er durch seine Dichtkunst für sich einzunehmen verstand. Aber auch mein Atelier, das Gio’ und Gianni mir in einem Saal des Palazzo eingerichtet hatten, war für ihn eine Station auf dem Weg nach Rom. Er beschwatzte mich so lange, bis ich nachgab und ihn malte.
    Giuliano de’ Medici, der jüngste Sohn Lorenzos des Prächtigen, war vier Jahre älter als ich. Er war 1494 zusammen mit Piero, Giovanni und Caterina aus Florenz geflohen. Giuliano hatte den Charme seines Vaters Lorenzo geerbt, nicht jedoch seine überragende Intelligenz. Er saß in Urbino und wartete. Worauf er wartete, wusste wohl nur er selbst – und sein Sekretär, der allwissende Bernardo da Bibbiena.
    Auch Herzog Guido wartete. Aber er schien zu wissen, worauf. Die Nachricht seines Schwagers, des Papstes, traf erst Mitte August in Urbino ein. Julius war wenige Tage zuvor in Rom aufgebrochen und mit seinem Heer nach Norden gezogen – ohne Orsini und seine Truppen. Noch am gleichen Tag schrieb der Herzog an seinen anderen Schwager, den Marchese von Mantua, er habe ihn Seiner Heiligkeit als Oberkommandierenden des Kirchenheeres für den Feldzug gegen Perugia und Bologna vorgeschlagen.
    Anfang September marschierte der Papst in Orvieto ein, während Herzog Guido den Machthaber von Perugia, Gian Paolo Baglioni, mit Versprechungen und Drohungen zu überreden versuchte, sich dem Papst zu unterwerfen und ihm kampflos die Schlüssel der Stadt zu übergeben. Julius blieb zehn Tage in Perugia, dann zog er weiter in Richtung Urbino.

    Mein Rücken schmerzte. Ich hielt die herzogliche Standarte so fest in den Wind, dass meine Schultern hart geworden waren. Es war heiß, viel zu heiß für einen Tag im September, und ich hätte gerne mein Hemd geöffnet. Der Schweiß lief mir über die Brust bis in meine Hose. Ich zog die Schultern hoch und entspannte mich wieder.
    Das Banner über mir knatterte im Wind, die Fahnenstange in meiner Hand zitterte leicht.
    Ich warf einen Blick auf die blumengeschmückten Stadtmauern von Urbino. Eine Windbö zerrte an den Blumengirlanden und drohte sie abzureißen. Neben mir saß Francesco auf seinem prächtigen Pferd. Er hatte seine langen Haare mit einer Seidenschleife gebändigt und trug seine schönste Brokatjacke mit Hermelinbesatz und ein schwarzes Barett mit Perlenstickerei. Er schwitzte wohl noch mehr als ich.
    Herzog Guido hatte mich beauftragt, den feierlichen Einzug des Papstes nach Urbino zu organisieren. Die Schlüssel der Stadt sollten Seiner Heiligkeit von seinem Neffen Francesco überreicht werden. Doch Guido wollte ein Zeichen setzen, das der Papst und auch der Marchese nicht so schnell vergessen würden.
    »Er kommt!«, brüllte eine der Wachen auf der Stadtmauer.
    Und tatsächlich – an der

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