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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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einfach, von dem zerstörten Cockpit aus in den kleinen Laderaum zu gelangen. Sie hielt sich an allem fest, was sie greifen konnte, und rutschte auf Knien durch die Trümmer. Sie fand das rote Kreuzzeichen auf der Tür eines kleinen, in die Wandverkleidung der Kabine eingelassenen Kabinetts. Beim Versuch, die Tür zu öffnen, brach sie sich zwei Fingernägel ab, bevor sie merkte, dass sie nur einen einfachen Drehgriff bedienen musste. Im Kabinett befanden sich tatsächlich zwei Medikits, für jedes Besatzungsmitglied eines. Die Kits konnten wie Rucksäcke getragen werden. Tabea hängte sich eines vor die Brust und eines auf den Rücken.
    Es wurde seltsam dunkel und kühl, aber sie durfte jetzt nicht ausruhen. Zuerst musste sie verhindern, dass Björn starb. Das war das Allerwichtigste.
    Sie öffnete den Rucksack und nahm das Medikit heraus. Das schwere und unhandliche Paket sprang an der Oberseite von selbst auf und gab einen grünen Knopf frei, neben dem in Euro und in allen europäischen Hauptsprachen das Wort »Aktivierung« stand. Sie drückte den Knopf. Die Decke des Kits wölbte sich, höher und höher, und veränderte ihre Farbe von schwarz zu dunkelgrün. Dann schaute plötzlich am vorderen Ende der teigartigen Masse, die über den Medikitbehälter hinauszuquellen drohte, ein Kopf heraus, der überraschende Ähnlichkeit mit dem einer Raupe hatte – allerdings einer Raupe von monströsen Ausmaßen.
    Angewidert wich Tabea zurück. Die Raupe richtete ihren grotesken Körper auf und pendelte zwischen Tabea und Björn hin und her. Das Wesen schien sich für eine Weile nicht entscheiden zu können, um wen es sich zuerst kümmern sollte. Dann handelte es. Mit der Geschmeidigkeit eines Tausendfüßlers glitt es aus dem Medikit heraus, kroch an Björns linkem Bein hoch, umklammerte den Oberschenkel, blähte sich noch einmal leicht auf und senkte ein gutes Dutzend seiner Füße, die in Wirklichkeit Injektionsnadeln waren, tief in Björns Haut und in seine Venen. Anfangs zuckte und stöhnte Björn, doch bald zeigten die Schmerz- und Beruhigungsmittel ihre Wirkung. Dann kamen die Infusionen: Kunstblut, Wasser, Nährlösung, Elektrolyte.
    Auf einmal klingelte es. Tabea brauchte eine Weile, bis sie begriff, dass das Klingeln aus dem zweiten Medikit kam. Sie öffnete es und sah neben dem grünen Knopf einen gelben Warnhinweis pulsieren: »Unterstützungseinheit – sofort aktivieren.« Der grüne Knopf leuchtete, sie drückte ihn. Der zweite Tausendfüßler blähte sich auf, glitt aus seinem Behälter und machte sich über Björns anderes Bein her. Kein Zucken diesmal, denn er wurde gerade in chemischem Glück gebadet. Tabea sah zu, wie die Automaten ihre Arbeit machten. Sie fand das alles so widerlich, aber zugleich so faszinierend, dass sie beinahe die Veränderungen um sie herum übersehen hätte. Als es sehr dunkel geworden war und das ferne Grollen sich zu ohrenbetäubendem Lärm gesteigert hatte, ein Lärm, der sich durch Sand und Geröll, ja, durch die Erde selbst fortzupflanzen schien, blickte Tabea auf.
    Der Himmel nahm mehr und mehr die Farbe von Asche an. Ein Dunstschleier hing vor der Sonne. Tabea hatte keine Ahnung, was los war, Angst schnürte ihr die Kehle zu. »Tabea!« Björn hatte die Augen geöffnet. Er wirkte nicht mehr wie ein Sterbender, wenn seine Stimme auch schwach war. »Wir müssen irgendwie in den Gleiter rein. Der Sandsturm wird bald hier sein.«
    Tabea zog und Björn strampelte. Er wusste ganz genau, dass er sich nicht bewegen sollte, weil die Medikit-Tausendfüßler mit ihrer Arbeit nicht fertig waren. Sie waren dabei, Flüssigkeiten auszutauschen und hatten sich noch nicht in Stützverbände verwandelt, die die Wunden schützten und versorgten. Aber er hatte keine Wahl, er musste sich und Tabea in Sicherheit bringen. Panik stieg in ihm auf. Während seiner Ausbildung zum Sahara-Kämpfer war er einmal mit seinem Bataillon in einen Sandsturm geraten, und obwohl sie gut vorbereitet worden waren und die erforderliche Ausrüstung dabeigehabt hatten, war einer seiner Kameraden im tosenden Sand erstickt. »Los«, schrie er, so laut er konnte, »rein in den Gleiter!«
    »Ich mach, so schnell ich kann«, schrie Tabea zurück. Der Wind um sie herum heulte und das Prasseln der Sandkörner schwoll bedrohlich an. Mit großer Anstrengung hievte sich Björn an der Einstiegsöffnung des Gleiters auf die Knie. Über das Heck des zerstörten Fahrzeugs hinweg sah er den Sandsturm kommen: eine mehrere hundert

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