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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Meter hohe, gelbgraue Wand mit Ausläufern und Einbuchtungen, die auf sie zukam. Tabea ist drin, dachte Björn, und seine Angst gab ihm die Kraft, selbst durch die Einstiegsöffnung hindurch ins Innere zu rutschen. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«, schrie er, als er gegen den Winddruck mit letzter Kraft die Luke schloss. »Die Sandfilter!«, brüllte er.
    Tabea starrte ihn verständnislos und verschreckt an. »Sandfilter!« Seine Stimme überschlug sich. »Im Cockpit. Über dem Pilotensitz!«
    Tabea kroch nach vorne. Björn sah, wie sie versuchte, die kleine Klappe über dem Pilotensitz zu öffnen, auf der ein rotes Kreuz aufgedruckt war. Als sie die Klappe aufbekam, fiel der ganze Inhalt heraus.
    »Die weißgrauen Dinger!«, brüllte Björn. »Die mit dem Knubbel vorne drauf. Zwei davon! Und die Taschenlampe!« Das Tosen des Windes wurde immer lauter. Tabea klaubte um den toten Piloten herum alles vom Boden auf, was sie in die Finger bekommen konnte, und kam dann zurückgekrochen. Sie stülpten sich die Sandfilter über, die ähnlich wie Gasmasken Augen, Mund und Nase schützten. Und dann war der Sturm über ihnen. Unbeschreiblich die Dunkelheit. Das Zischen und Pfeifen des Sandes. Der Gestank – Björn war noch nie in der Nähe eines Vulkans gewesen, aber bei diesem erstickenden schweflig-staubig-steinigen Geruch in der Nase dachte er an Vulkanasche. Es fühlte sich an, als ginge ein gigantisches Sandstrahlgebläse über sie hinweg. Jeden Moment konnte die beschädigte Hülle des Gleiters weggerissen werden. Björn sah die Medikit-Tausendfüßler an seinen Beinen blinken, sie gaben Zustandsmeldungen von sich. Das war das einzige Licht; seine Taschenlampe wagte er nicht einzuschalten, um ihre Batterien zu schonen. Tabea lag zitternd neben ihm, aber was sollte er machen, er zitterte ja selbst. Sandstürme dauerten manchmal Tage. Er hatte niemanden, zu dem er beten konnte. Nach fünf oder sechs Stunden war es vorbei. Zuerst merkte er gar nicht, wie still es nach dem Sturm war, denn in seinen Ohren wollte das Zischen und Fauchen nicht aufhören. Sein Sandfilter war so verstopft, dass er nur noch schwer Luft bekam. Er zog sich das Ding herunter und schaltete die Taschenlampe ein. Überall Sand. Tabea, halb verschüttet, antwortete zunächst nicht, als er nach ihr rief. Dann hörte er ein trockenes Husten, sie richtete sich auf, Sand rieselte von ihrem Körper herab, schließlich schob sie den Filter hoch. Grauer Staub bedeckte ihr Gesicht dort, wo es die Maske nicht abgedeckt hatte. Wortlos fiel sie Björn in die Arme.
    »Alles vorbei«, sagte er, und er schämte sich für seine Worte, weil sie so unglaubwürdig klangen. Was sollte er ihr denn sagen? Dass sie so gut wie tot waren? Dass sie entweder verdursten oder von der EF geschnappt würden? »Hör mal«, sagte er, »ich will nachsehen, ob in dem Copter vielleicht noch irgendwo Wasser ist. Kann ich dich hier allein lassen?«
    »Und was ist mit deinen Verletzungen? Besser, ich gehe.«
    »Nein, du weißt nicht, wo du suchen musst. Ich bin okay.« Das war nur die halbe Wahrheit. Björn hatte starke Schmerzen, weil die Wirkung der Medikamente langsam nachließ. Wundheilung tat nun einmal weh, auch wenn medizinische Roboter sie mit tausend Mittelchen und Tricks unterstützten. Als er aus dem Wrack kletterte, merkte er, dass der tote Pilot bereits nach Verwesung roch, er würde ihn bald begraben müssen. Draußen ging die Sonne unter. Da der Sturm die Hitze des Tages mit sich genommen hatte, die Luft noch sehr dunstig war und die Sonnenstrahlen dämpfte, waren wenigstens die Temperaturen erträglich.
    Zuerst zog Björn den Soldaten, den er erschossen hatte, an den Beinen aus dem Sand. Dann durchsuchte er die Leiche. Außer zwei Ersatzmagazinen für seine Mitrailleuse, einer halb vollen Wasserflasche und einer weiteren Taschenlampe war nicht viel zu holen. Den würde er nicht begraben, den würde er einfach in der Wüstenluft vertrocknen lassen. Das Copterwrack war von dem Sturm verschoben worden, es lag jetzt näher an dem Gleiter. Björn fand die Wasser-Notrationen unter dem Boden der Kabine und schleppte die beiden Zwanzig-Liter-Tanks mühsam nach draußen. Vierzig Liter. Das reichte bei härtester Rationierung für vielleicht sechs Tage.
    Dass er umzingelt war, merkte er erst viel zu spät. Wie aus dem Nichts waren sie aufgetaucht: fünf Gestalten in Tarnfarben, die Gewehre im Anschlag. Er hob die Hände. Seine Arme zitterten vom Tragen der Wassertanks. »Ruf die

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