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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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ihrer Zunge ähnelte mehr und mehr dem Beißen winziger Kneifzangen und warnte sie vor einer konkreten Gefahr. Er trat an die Brüstung. Breite Schultern, ein Kopf mit für einen Werwolf ungewöhnlich kurzem Haar und ein Gesicht, das sie aus der Distanz nicht erkennen konnte. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, hob sie die Armbrust. Ruhe bewahren. Atmen. Zielen. Sie spähte durch das Visier.
    Im selben Augenblick stützte er sich auf die Brüstung und verhinderte einen sauberen Schuss in sein Herz. Verflixt! Sie schwenkte konzentriert das Visier zu seinem Kopf. Der Strudel in ihrem Magen stieg nach oben, drückte ihr die Kehle zu. Die Gewissheit, ein viel zu großes Risiko einzugehen, ließ sie zögern. Der Kopf war ein viel zu unsicheres Ziel. Sie atmete tief durch und wartete. Irgendwann musste er sich wieder aufrichten.
    Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Minuten verstrichen, in denen er mit gesenktem Kopf verharrte und sie auf ihn zielte. Ausreichend Zeit, um die Ahnung zu schüren, dass ihr Plan womöglich einen Haken hatte. Als endlich Bewegung in ihn kam, geschah dies so unerwartet, dass sie zusammenzuckte. Er warf abrupt den Oberkörper nach hinten und riss die Arme zurück. Sein Schrei tilgte jedweden Gedanken, dass er in dieser Haltung ein perfektes Ziel bot. Rasende Mordlust gellte zu den Sternen auf. Der Werwolf brüllte seine Gier nach Blut heraus.
    Versteinert durch das ohrenbetäubende Toben stierte Berenike ihn an. Beim Eckzahn der Mechalath! Sie musste schießen! Hastig richtete sie das Visier auf sein Herz. Als sie den Finger um den Abzug krümmte, fiel ein eiskalter Tropfen von einem Ast in ihren Nacken. Sie verzog das Visier und hielt inne. Die eiskalte Warnung war ein Glücksfall, denn hätte sie abgedrückt, wäre der Pfeil knapp über seinen Kopf hinweggeflogen. Der Werwolf hatte sich abermals nach vorn geworfen und rammte die Fäuste in die Brüstung. Bis unter die Bäume war das Knacken seiner Knochen zu hören. Die Brachialgewalt, mit der er die Brüstung traktierte, ließ Berenike die Armbrust und ihren Mordplan vergessen. Sich mit diesem Verrückten anzulegen, konnte übel ausgehen. Als sie bemerkte, dass sie mit offenem Mund dastand, schloss sie eilig die Lippen. Der wilde Ausbruch endete in einem rauen Aufschrei. Schwer über die Brüstung gebeugt, hob er den Kopf. Ein Windstoß wehte einige Strähnen seines kurzen Haares auf. So schwarz wie seine Werwolfseele. An den Baum gepresst hielt Berenike den Atem an. Jeden Augenblick konnte er ihre Gegenwart wittern. Sie glaubte, das Glimmen seiner Augen zu erkennen und erwartete, dass er über die Brüstung setzte. Stattdessen wirbelte er herum und kehrte in das Haus zurück. Es war vorüber.
    Erleichtert stieß sie den angehaltenen Atem aus. In Gilian de Garou lauerte die Bestie ganz knapp an der Oberfläche. Diese sinnlose Aggression gegen eine Terrassenbrüstung war alles andere als normal. Schritt für Schritt zog sie sich tiefer unter die Bäume zurück, die Waffe weiterhin auf das Haus gerichtet. Eine Brise aus Rosmarin und Thymian kitzelte ihre Nase. Noch jemand suchte unter den Bäumen Schutz. Sofort richtete sie die Armbrust auf das neue Ziel. Ein Vampir kam auf sie zu. Das lange Haar war an den Schläfen zu schmalen Zöpfen geflochten. Die Nacht verstärkte das Strahlen seiner Augen und sein Lächeln bestätigte ihre Vermutung. Ein weißes Gebiss und zwei scharfe Fänge blitzten auf. In einiger Distanz verneigte er sich.
    „Eine Lamia in London. Soll ich erschrocken oder entzückt sein?“
    Sie zumindest war weit entfernt von Entzücken. Seit dem letzten großen Brand hatte das alte Volk London gemieden. Berenike war nicht davon ausgegangen, ausgerechnet in dieser Stadt auf einen Vampir zu treffen. Dazu noch einen Angehörigen der alten Generation. Doch obwohl er ihr an Jahren weit voraus war, hielt er einen sicheren Abstand ein. Das Zerwürfnis zwischen Vampiren und Lamia, entstanden durch den Kodex ihres Bruders, reichte tief. Micas Gebot, das Leben der Blutquellen zu verschonen, hatte jede Eintracht erschüttert, und so konnte sich kein Vampir vor dem Gift einer Lamia sicher wähnen. Es sei denn, sie war seine Mutter. Solange dieser Fremde an eine Gefahr glaubte, war Berenike vor seinem Zugriff sicher. Um seinen Argwohn einzuschläfern, senkte sie die Armbrust. Leider verstand er dies als Einladung, die Distanz zu verringern. Ein spitzfindiges Lächeln hob seine Mundwinkel.
    „Du willst einen Alphawolf mit einem

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