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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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von ihnen nicht unverschuldet zu Tode gekommen. Es hatte sich um Plünderer und einige Wittkittel gehandelt, die die Gunst der Stunde zu einem Saufgelage in einem Weinkeller genutzt hatten. So lange, bis über ihnen das brennende Haus zusammengebrochen war.
    Leider hatte der Brand auch die schlechten Seiten der Menschen zum Vorschein gebracht. Einige Fuhrleute hatten von der Not ihrer Mitmenschen profitiert, indem sie Wucherpreise für ihre Dienste verlangt hatten. Und durch die Straßen war ein Mob getobt, der Jagd auf englisch aussehende Mitbürger gemacht hatte. Kurz zuvor war nämlich ruchbar geworden, dass einige Engländer vor Ausbruch des Brandes eine große Ladung Kerzen zur Inspektion einiger Speicher gekauft hatten. Erwischt hatte es schließlich einen unschuldigen Oberländer Schiffer.
    Doch trotz des großen Leids, das über die Hafenstadt hereingebrochen war, zeichnete sich am Horizont ein Hoffungsstreif ab. Denn die Hilfsbereitschaft, die Hamburg in diesen Tagen aus aller Welt zuteil wurde, war schier überwältigend. Während des Brandes waren sogar aus dem fernen Kiel Löschtrupps eingetroffen, und der preußische König hatte Pioniere und Wagenladungen mit Broten und Decken geschickt. Derzeit ließ die Stadt Altona täglich über tausend Portionen Suppe in der Stadt verteilen, und aus allen Teilen Deutschlands trafen Sach- und Geldspenden ein. Selbst das Ausland zeigte sich berührt. Aus London, Rotterdam, Antwerpen, St. Petersburg und Riga waren inzwischen Geld und Hilfsgüter eingetroffen. Selbst in Übersee, in Brasilien, Mexiko und Kuba, so hieß es, wurde für die alte Hansestadt gesammelt.
    Und doch sprach in diesen Tagen jeder Hamburger nur von einem: von Salomon Heine.
    Denn während des Brands war es fast zu einer weiteren Katastrophe gekommen. Bankiers aus Hamburg und Altona hatten sich in ihrer Panik darauf verständigt, den Zahlungsbetrieb für einige Stunden außer Kraft zu setzen. Einige wollten den Geschäftsbetrieb sogar gänzlich einstellen. Und kurz nach dem Brand weigerten sich einige Bankiers und Profiteure, Wechsel einzulösen, andere verlangten sofort bares Geld von ihren Schuldnern und setzten den Zinssatz für Wechsel rabiat auf zwölf Prozent herauf. Das war drei- bis viermal so hoch wie vor der Brandkatastrophe. Den Kaufleuten drohte der Verlust ihrer Liquidität. Eine Serie massenhafter Konkurse schwebte wie ein Damoklesschwert über der Hansestadt, und von der Hamburger Kaufmannschaft wurde ein Moratorium erwogen: eine Bitte um Zahlungsaufschub. Die Folgen wären für Hamburg verheerend gewesen. Doch Salomon Heine hatte als bedeutendster Bankier der Stadt diese Katastrophe durch seinen Einfluss und sein Kapital fast im Alleingang verhindert.
    Mehr denn je war Tobias stolz darauf, diesen Mann persönlich kennen gelernt zu haben. Ihm fiel ein Zitat von Tennesse Williams ein: ›Die wahren Helden sehen selten aus wie Helden.‹
    Tobias seufzte und griff versonnen nach dem ›Buch der Lieder‹, das ihm Heine zum Abschied signiert hatte:
     
    Und scheint die Sonne noch so schön,
    Am Ende muss sie untergehen!
    Heinrich Heine
     
    Der berühmte Dichter war bereits einen Tag nach Ende des Brands wieder nach Paris aufgebrochen, wo seine Frau auf ihn wartete. Der Abschied war recht unprätentiös ausgefallen. Heine hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er nach den verrückten Geschehnissen, die sie zusammen erlebt hatten, froh war, wieder in sein altes Leben zurückzukehren. Von der Zukunft hatte er immer noch nichts wissen wollen.
    Tobias hatte seinen Wunsch natürlich respektiert. Doch er vermisste seine Gesellschaft. Zugleich freute er sich schon darauf, mehr von Heines Büchern zu lesen.
    »Zwei Herren von der Polizei sind soeben eingetroffen«, riss ihn die Stimme Hannchens aus diesen Gedanken. Die Haushälterin der Lewalds trat neben ihn und räumte die leeren Limonadengläser ab, die neben der Chaiselongue auf einem Beistelltisch standen.
    Tobias nickte und erhob sich. Mit einem letzten Blick auf Caroline ging er auf die Terrasse des Landhauses zu, wo ihn Groth, der Hausverwalter, bereits erwartete. Lewalds Verwalter hatte über den Vorfall auf dem Heiligengeistfeld bis heute kein einziges Wort verloren.
    Er führte Tobias in das Kaminzimmer, wo er in jener Nacht seinen ersten Kampf mit de Lagarde ausgetragen hatte. Dort war bereits die vertraute Stimme Borcherts zu hören. »De Opräumarbeiten sünn in vollem Gange. Über Mangel an Arbeit künn wi üss wahrhaftig nich

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