Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gamma-Stoff

Der Gamma-Stoff

Titel: Der Gamma-Stoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gunn
Vom Netzwerk:
ganzen Tag herumzulaufen und Briefe zuzustellen. Ich war gerade hier oben, und da wollte ich ihn gleich abgeben.«
    »Wenn es nicht wichtig gewesen wäre, hätte ich Ihnen das nicht eingeschärft.«
    »Na ja« – das schmale, alte Gesicht mühte sich ein Lächeln ab –, »tut mir leid. Ist ja nichts passiert.«
    »Nein. Guten Abend, Mrs. Gentry.«
    Als die Schritte der Hauswirtin verklungen waren, drehte er sich um, um den Namen an der Tür zu studieren: ›Barbara McFarland‹.
    Stumm ergänzte er ›unsterblich‹.
    Die Schritte näherten sich der Tür, verstummten. Finger machten sich am Schloß zu schaffen. Sibert dachte an Rückzug, verzichtete darauf. Die Tür öffnete sich.
    »Eddy!« Die Stimme des Mädchens war sanft, überrascht und erfreut. »Ich habe nicht gewußt, daß du zurück bist.«
    Sie ist nicht schön, dachte Sibert. Ihre Züge sind unauffällig, ihre Haarfarbe neutral. Bestenfalls: anziehend. Und doch sah sie gesund und frisch aus. Sogar strahlend. Das war das richtige Wort. Oder spiegelte sich darin nur sein neues Wissen wider?
    »Babs«, sagte er zärtlich und schloß sie in die Arme. »Ich bin eben eingetroffen. Ich mußte gleich wissen, ob alles in Ordnung ist.«
    »Kindskopf«, sagte sie schwankend, schien die Aufmerksamkeit zu genießen, aber die Besorgnis doch für übertrieben zu halten. »Was kann mir schon passieren?« Sie wich etwas zurück und lächelte ihn an.
    Er senkte kurz den Blick, dann sah er ihr in die Augen.
    »Ich weiß es nicht, und ich will es auch nicht erfahren. Pack in eine Tasche, was du denkst. Wir verschwinden.«
    »Ich kann nicht einfach weggehen«, sagte sie hastig. »Was ist denn –«
    »Wenn du mich liebst, Babs«, sagte er gepreßt, »tust du, was ich sage, ohne zu fragen. Ich bin spätestens in einer halben Stunde zurück. Inzwischen mußt du fertig sein. Ich erkläre dir dann alles.«
    »Gut, Eddy!«
    Er belohnte ihre Folgsamkeit mit einem zärtlichen Lächeln.
    »Fang schon an. Sperr die Tür ab und öffne nur für mich!« Er schob sie hinein, schloß die Tür und wartete, bis der Riegel vorgeschoben wurde. Sein Zimmer befand sich am Ende des Korridors. Als er dort angekommen war, überfiel ihn grenzenlose Erschöpfung. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und versuchte sich zu entspannen. Fünf Minuten später raffte er sich auf und öffnete den Brief, den er Mrs. Gentry abgenommen hatte. Er begann so:
     
    ›Liebe Babs, wenn ich recht habe – und du wirst diesen Brief nur unter der Voraussetzung bekommen –, so bist du das Objekt der größten Menschenjagd, die es in der Geschichte der Menschheit je gegeben hat …‹
     
    Er las ihn hastig durch, riß ihn in Fetzen und verbrannte sie im Aschenbecher. Er zerdrückte die Asche zu unverwendbaren Stäubchen, setzte sich an den Schreibtisch und legte ein Blatt Papier in die Schreibmaschine ein. Seine Finger tanzten über die Tasten:
     
    ›In der Nähe der Hauptstadt dieses Landes, in einem sechsstöckigen, bombensicheren Gebäude, befindet sich die Zentrale einer Organisation, die im Jahr hundert Millionen Dollar ausgibt und dafür nicht ein einziges Produkt hervorgebracht hat. Sie gibt diese Beträge seit fünfzig Jahren aus und wird es ein weiteres halbes Jahrhundert lang tun, wenn sie ihr Ziel vorher nicht erreicht. Sie jagt etwas Bestimmtes.
    Sie veranstaltet eine Jagd nach der Unsterblichkeit.
    Wenn Sie bis hierher gelesen haben, sind Sie außer den Gründern dieses Unternehmens der dritte Mann, der an diesem Geheimnis teilhat. Sorgen Sie dafür, daß es kein Geheimnis mehr bleibt.
    Die Organisation ist das Nationale Forschungsinstitut. Es jagt die Kinder Marshal Cartwrights.
    Warum sind Cartwrights Kinder eine Suche wert, die bereits fünf Milliarden gekostet hat?
    Marshall Cartwright ist unsterblich. Man nimmt an, daß seine Kinder diese Immunität geerbt haben.
    Diese Tatsache allein wäre unwichtig, stünde nicht auch fest, daß der Immunitätsfaktor sich im Blut befindet. Es handelt sich um eines der Gammaglobuline, die Widerstand gegen Krankheiten entwickeln. Cartwrights Körper stellt Antikörper gegen den Tod selbst her. Sein Kreislaufsystem wird ständig erneuert; infolge reichlicher Ernährung sterben seine Zellen nie ab.
    Im Blut. Und Blut läßt sich übertragen. Gammaglobulin kann injiziert werden. Das Ergebnis: neue Jugend für die Alten. Unglücklicherweise verschaffen sie wie alle Gammaglobuline nur eine passive Immunität, die nur andauert, solange die Proteine im Blut verbleiben

Weitere Kostenlose Bücher