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Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Titel: Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Lethem
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Murphy zusammen erlitten hatten. Die Frage war so bewusst gestellt worden wie ein Vorlesen aus Texten von Fox oder Nayler und damit etwas ganz anderes. Aber Sergius konnte sich nicht sofort eingestehen, wie tief Murphy ihn enttäuscht hatte.
    Das konnte er sich nicht leisten.
    Als er so dasaß, beide Hände auf der Gitarre, die er aber nicht mehr stimmte, in Schläfen, Augenbrauen und oben in den Wangen jüngst entdeckte Muskeln spielen ließ, die die Tränen unterdrückten, sich wünschte, ein Super-Quäker-Talent zu entdecken, das das von Murphy in die Luft gehängte Ansinnen schweigend auf lösen würde, ließ Sergius einen heißen, stechenden Literschiss (so fühlte es sich jedenfalls an) in seine Kordhose ab und durch deren Stoff hindurch in die kariert gepolsterten Kissen auf Murphys schäbigem, krümelübersätem Sofa.
    —
    Welche Möglichkeiten hatte das perfekte Quäker-Kind in der Videospielhalle? Als erstes konnte es Frogger meistern. Führe die Frösche über die Autobahn, steure die schwimmenden Baumstämme, bring sie in die Sicherheit der Buchten, eine vollkommen gewaltfreie Übung, bei der es um die Fürsorge für einen kleinen Quadranten im FriedlichenKönigreich ging. Wenn die Frösche in einer Welt voller Fallstricke Gnade gefunden hatten, konnten sie vielleicht zu Füßen des Löwen lagern. Frogger war ein vollkommener kleiner Krieg des Lamms in Form eines Videospiels, und während seine Freunde aus Pendle Acre bei Defender oder Xevious die Raumschiffe geschwaderweise wegballerten und die Horden der Außerirdischen im Pixelfeuer grillten, verwandelte sich Sergius in einen Frogger- Meister.
    Auf dem Weg auf die Straße, wo sie eine Zigarette rauchen oder klammheimlich ein Bier trinken wollten, bewunderten die älteren Jugendlichen den Punktestand des Wunderkinds bei einem Spiel, für das sie immer zu ungeduldig oder massakriersüchtig gewesen waren, um genug Vierteldollars in seine Beherrschung zu investieren. Guck dir den kleinen Frosch da an, Mann – der macht nie einen Fehler! Sie brachten Sergius M & M s mit, die er sich in den Mund stopfte, während er einhändig den nächsten Frosch ins Heil geleitete. Murphys Lektionen im Fingerpicking fanden Erfüllung in Sergius’ Tänzen mit dem Joystick.
    Sergius nahm die Rettung sechseckiger Frösche vielleicht ernster als jeder andere Mensch auf Erden.
    Er war vielleicht der George Fox des Froggers.
    Eine zweite Option war Q*bert mit seinem Universum ohne Geschütze, Bomben oder den Kannibalismus von Pac-Man: Das kleine Ersatzgeschöpf, der Tautropfen, Popel oder was es auch immer sein mochte, sprang einfach nur und wich aus, genau wie die Frösche, wollte in seiner eigentümlichen Welt überleben, einer im Weltall schwebenden Stufenpyramide. Q*bert erinnerte Sergius an den Kleinen Prinzen, das aristokratische Waisenkind, das auf seinem winzigen Planeten eine einsame Rose hegte. Q*bert, der nur zum Sterben vom Bildschirm sprang, war von einer gewissen heimlichen Schmerzlichkeit. Frogger und Q*bert waren letztlich jedoch zu einfach und zu cartoonartig, waren beides Spiele für kleine Kinder, die die Krassheit der Welt noch nicht mal in ihrer Videospielform akzeptieren konnten. Die Frösche und Q*berts waren Ferdinands, die nie gestochen, geschweigedenn in die Arena gezerrt worden waren. Für das vollkommene Quäker-Kind machten beide keine eindeutigen Aussagen.
    Die Suche nach einem Videospiel mit einem Waffenknopf, dessen Gebrauch er verweigern konnte, brachte Sergius zu Time Pilot.
    Das Spiel war einfach: Das eigene Flugzeug schweifte durch die Bildschirmmitte, drehte sich in der Luft, rotierte um dreihundertsechzig Grad, während auf allen Seiten identische kleine Flugzeuge, aber mit feindlichen Markierungen, auftauchten. Sie schossen auf einen, und man schoss auf sie. Am Anfang war man ein Doppeldecker im Ersten Weltkrieg, eine Sopwith Camel oder sonst ein alliierter Held, und der Luftraum füllte sich zunehmend mit leicht zu treffenden Roten Baronen. Time Pilot war als Massaker entworfen worden.
    Beim Aufstieg zum nächsten Level reiste man durch die Zeit. Als nächstes kamen die schnelleren Kampfflugzeuge des Zweiten Weltkriegs. Auf Level drei moderne Kampfjets. Hatte man auch das geschafft, gelangte man in eine Science-Fiction-Zukunft, die typische Bildwelt der Spielhallen. Die Action blieb aber grundsätzlich dieselbe und beschleunigte nur.
    Wenn das vollkommene Quäker-Kind Time Pilot spielte, war alles noch einfacher. Das erinnerte an

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