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Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Titel: Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Lethem
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Haverford oder Swarthmore, als Murphys Ablösung hierher zurückkommen würde. Nichtdass Murphy auch nur in der Nähe der Pensionierung stand, selbst wenn er sich in seinen Fox zitierenden Büßerhemden immer mehr von den anderen Lehrern absonderte; aber vielleicht spiegelte der Witz den nervösen Wunsch, Murphy möge sich mit seiner Intensität ein anderes Betätigungsfeld suchen.
    Das vollkommene Quäker-Kind wusste nicht recht, was es von dem Witz halten sollte.
    Für Sergius hatten andere Arenen fast nur theoretische Bedeutung.
    Nachdem er eines Abends ans Telefon vom West House gerufen worden war und von Stella Kim erfahren hatte, er habe vielleicht nicht mehr viel Zeit, um Rose Zimmer in ihrem Altenpflegeheim zu besuchen – es könne sich sogar um eine Sache von Monaten handeln –, fuhr Sergius wieder mit dem Zug nach New York. Diesmal war er entschlossen, die Stadt als ein normales Reiseziel anzusehen und nicht als Bühnenraum für krampfartige Episoden im Zusammenhang mit seiner unwiederbringlich verlorenen Vergangenheit. Er würde den Drachen seiner Großmutter erschlagen, feststellen, inwiefern sie eigentlich über ihn herrschte und ob sie eigentlich etwas gegen ihn hatte.
    Aus derselben Einstellung heraus nahm er Stellas Angebot nicht an, in ihrer neuen Wohnung an der Jane Street zu übernachten, weil er sich wie ein Teenager noch zu gut daran erinnerte, dass die beste Freundin seiner Mutter einen lockeren Umgang mit einem japanischen Morgenmantel pflegte. Er speiste auch Murphy ab, der ihm nahegelegt hatte, das Netz der Quäker zu nutzen, die Älteren im 15th Street, deren Gastfreundschaft er jederzeit in Anspruch nehmen konnte. Sergius rief Toby Rosengard an.
    Toby holte Sergius an der Penn Station ab und nahm ihn mit in sein Elternhaus, einen riesigen, langsam zerfallenden Brownstone an der West 82nd, in dessen Eingangsbereich Tobys verschiedene Fahrräder für Radrennen, Mountain Biking und Streckenfahren standen. Deshalb hatte Toby die Uni sausen lassen: um sich ganz dem Radfahren zu widmen. Mit nur drei Seelen stand das Haus gähnend leer, ein gotisches Schloss – Sergius musste immerzu daran denken, wievieleMitbewohner Miriam hier wohl untergebracht hätte. Das oberste Stockwerk war Tobys Reich und für seine Eltern tabu, im Erdgeschoss hatten ein paar Psychotherapeuten Büros gemietet und übersahen geflissentlich die Schwarzlichtposter und Marihuana-Wachstumsleuchten über ihren Köpfen. Sergius wurde ihnen wortkarg vorgestellt, als Toby und er das Gebäude durch den Hintereingang verließen, in den Central Park gingen, sich auf einen Fels setzten und kifften.
    Auf den Parkflächen war keine Million Friedenshetzer unterwegs, was Sergius vorläufig nur allzu recht sein sollte. Toby und er hatten einen ganzen Fels für sich, und nur aufgeweichte Kippen und Kronkorkenflaschen in den Schründen bewiesen, dass sie nicht versehentlich einen Hochsitz auf dem Mond für sich beanspruchten. Doch unter ihnen wurde eine Mahnwache abgehalten. Sergius konnte sich zwar nicht mehr an das Gesicht seines Vaters erinnern, aber eine Mahnwache erkannte er auf Anhieb. Wie bei Tommy bildeten auch hier Gitarren einen wichtigen Bestandteil. Imagine no possessions. Die Sänger waren unwesentlich älter als Sergius und bezogen ihre Lennonismen aus zweiter Hand. Sergius war nicht der einzige Zeitpilot. Die Sechziger bildeten einen Algenteppich, durch den sie alle hindurchpflügten und nach Öffnungen suchten, um auftauchen und frei atmen zu können.
    »Der Park ist mein Zuhause«, sagte Toby und drückte den Jointstummel mit den Fingerspitzen aus. »Ich fahre jeden Tag achtzig Kilometer.« Ein seltenes Prahlen. Sergius wusste, was ihm das bedeutete.
    »Hast du Rennen gewonnen?«
    »Man ist sein eigener Gegner.«
    Sergius ließ das sacken. Nothing to kill or die for.
    »Hängst du immer noch mit Murphy rum?«, wollte Toby wissen. »Kommt er immer noch mit dem Krieg des Lamms an?«
    »Klar, warum nicht?«
    »Ich weiß nicht«, Toby starrte in die Ferne, schien zu überlegen, wieviel Ernüchterung er austeilen wollte, und sich zu sagen, dass er kaum eine Wahl hatte. »Hast du schon raus, wer das Lamm ist?«
    »Hä?«
    »Der Quäkerkram ist ganz schön cool, ich mein, ’ne Zeitlang bin ich da auch voll drauf abgefahren, aber eigentlich dreht sich das alles um Jesus .«
    »Es gibt Quäker, die nicht an Jesus glauben«, sagte Sergius. Dessen war er sich zwar sicher, fand sich in diesem Augenblick aber selber

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