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Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Titel: Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Lethem
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dasideale Paar. Jeder »echte Amerikaner« hätte aus seinem deutschen Akzent die Ähnlichkeit, wenn nicht Identität mit dem Jiddisch ihrer Eltern herausgehört. Er war blond, und sie war dunkel, klar. Aber in ihrer Geistesverwandtschaft hätten sie Bruder und Schwester sein können. Natürlich sahen sich Albert und Rose stolz in einem Bündnis gegen die Blicke aller, die Juden oder Revolutionäre hassten. Würde die gemeinsame Sache nicht schon bald alle Unterschiede von Klasse, Glaube und Rasse verwischen, kannten aufgeklärte und weltliche Kommunisten denn noch Hemmungen in Bezug auf die leidenschaftliche Paarung mit Gojim, suchten Genossinnen denn nicht die Kameradschaft der Genossen, seien die nun Iren, Italiener oder sonstwas? War nicht jedes Kind, das über antiquierte Schranken oder Verbote hinweg gezeugt wurde, ein idealer Mischlingsbürger der Welt der Zukunft, die jeder Genosse herbeizuführen trachtete?
    Aber sag das mal den Juden. Bei ihrer hingestümperten, übereilten Hochzeit (die gleichwohl nicht weniger süß sein musste, als ihre eigene private Liebe es zu jener Zeit noch sein konnte) (egal, wie schnell jene Zeit vorbei sein sollte) (egal, dass Rose in dieser kurzen Zeit auf den Appetit gekommen war) (egal, egal) sahen Alma und ihr Bruder auf die Angrush-Mischpoche hinab, diese ganze chaotische Sippschaft von Roses Schwestern und ihren Männern und ihrer Brut, den unzähligen Vettern und Kusinen, als wären die Stammväter im Schtetl aufgefordert worden, ein Brooklyn zu bevölkern, in dem es, wie ihnen irrigerweise glauben gemacht worden war, keine Juden gab. Alma und ihr Bruder, der eitle, ältliche und höchstwahrscheinlich invertierte Lukas, behandelten Roses Familie wie das Gesinde, dem sie vor der Flucht aus Lübeck hatten kündigen müssen. Die Zimmers, die progressiven, aufgeklärten, weltlichen Zimmers, kannten angesichts dieser nichtdeutschen, halbreligiösen Dorfjuden sofort ihren Ort: über ihnen. Ein solcher Bund sollte von der Weltrevolution nun wahrlich nicht ermöglicht werden, danke, kein Bedarf!
    Gleichsam als Beweis, dass der Kosmos einen solchen Bund nicht wollte, verflüchtigte sich die Schwangerschaft dann und floss einesAbends in Klümpchen und Rinnsalen aus Rose heraus, so diskret, dass sie selbst es Albert nur wenige Wochen nach der Hochzeit erklären musste. Wobei ihr erst von einem Arzt erklärt werden musste, dass es von vornherein keine große Schwangerschaft gewesen sein konnte, wenn sie im fünften Monat mehr oder weniger schmerzlos in einer Nacht zerfließen konnte. Etwas hatte sich nicht festgesetzt, hatte es nur versucht. Es war eine Gnade, ja eine Mizwe. Das Ding, das sich unvollständig in ihr gebildet hatte, nicht auszutragen. So, Mädchen, jetzt iss rotes Fleisch und Salat, halt dich von exotischen Früchten wie Bananen fern, und versuch’s noch mal.
    Versuch’s noch mal? Sie biss sich auf die Zunge. Sie hatten es nicht versucht. Er hatte ihn rausziehen wollen. Jetzt, wo sie verheiratet waren, würden sie es versuchen.
    Aus Manhattan waren sie inzwischen weggezogen, aber nicht aus dem Herz der glücklichen Kontroversen der Welt: nein. Stattdessen hatten sie sich in Sunnyside Gardens ein Heim gesucht, der offiziellen utopischen Sozialistensiedlung in den Außenbezirken. Ironischerweise nach deutschen Vorbildern entworfen, wie sie entdeckten, hatte Lewis Mumford die Vision einer Gartenstadt bei Berliner Architekten geborgt und träumte von einem menschenfreundlichen Wohnen, das tief in der Theorie begründet war, Häuser, die um begrünte Innenhöfe herumlagen, Nachbarn, die einander auf einer Allmende an ihrem Leben teilhaben ließen. Rose und Albert wurden in dieser Utopie jedoch von solchen Konflikten übermannt, dass sie sich wahrlich wünschten, sich weiter aus der Hörweite ihrer Nachbarn hinausbewegen zu können. War ihr erster Akkord denn nur ein Fieber der Hormone gewesen? Ihre Hochzeit nur eine Panik der Schwangerschaft, im Kielwasser hirnvernebelnder Attacken reinen Fickens?
    Mit einem Baby würde alles gut.
    Sie versuchten es immer wieder.
    Eine Synthese dieser Art blieb ihnen versagt.
    Sie versuchten es vier Jahre lang, bevor sich sein Same wieder in ihr festsetzte und Miriam schuf. Das Mädchen traf ein, als der Krieg vorder Tür stand, und konnte schon bald sein eigenes Büchlein für Lebensmittelmarken erhalten. Geboren in eine neue Welt, die keine Ähnlichkeit mit der im Werden begriffenen Utopie hatte, in der Rose und Albert ihre Familie

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