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Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Titel: Der Garten der verlorenen Seelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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kaufen Streichhölzer, opfern fürs Anzünden an diesem nassen, gottverlassenen Abend unseren kostbaren Alkohol, und dann kommt diese … diese
kintir
… diese verwilderte Fotze daher und klaut uns unsere Wärme.» Ein Nachtfalter umflattert Faruurs Kopf. «Wo kommen wir denn da hin?»
    Karnickel tut, als betete er, hebt die Hände und sieht zum dunkel verhüllten Firmament empor. «Möge das Ende nahe sein, denn ein Mensch kann nur begrenzt Unrecht ertragen, ehe er der Verzweiflung anheimfällt.»
    Deqo macht sich zum Wegrennen bereit, falls sich die beiden auf sie stürzen sollten; ihre Haut glüht, ihre Muskeln sind geschmeidig, wie auf Flügeln kann sie in die Nacht verschwinden.
    Faruur wirft den Stock weg und macht eine abschätzige Handbewegung. «Mach, was du willst. Ich bin zu alt und zu betrunken, um hinter jemandem herzujagen. Außerdem ist mir kalt.» Er beugt sich vor und greift nach seiner Flasche.
    Deqo hofft, dass die beiden bald einschlafen, damit sie die Nacht neben dem Feuer verbringen kann, gewärmt und wohlauf, statt mit aufgerissenen Augen, mit zum Kinn hochgezogenen Knien in ihrer Tonne zu hocken, den Rücken gegen das kalte Metall gepresst wie eine Steißgeburt in einem verhärteten, toten Mutterleib.
    Karnickel und Faruur nuckeln mit geschlossenen Augen an ihren Flaschen, friedlich und abwesend wie Säuglinge, benommen von Muttermilch und leisen Wiegenliedern.
    Deqo hat die beiden schon in der Stadt gesehen, ausgestreckt auf denTreppen der Lagergebäude hinter dem Krankenhaus, wie sie die heißen Stunden zwischen Mittag und Nachmittagsgebet verschliefen, in denen alles ruht; jene Stunden, in denen sie auf den Höfen entlang des Grabens Guaven, Granatäpfel, Mangos, Bananen und Papayas aufsammelt. Sie verstaut alles in einem Tuch, das sie auf dem Fakirmarkt ausbreitet, bewacht ihr kleines Revier, bis die Sonne schwächer wird und die Dienstmädchen und Köche mit ihren Strohkörben auftauchen, um für ihre eigenen Familien preiswerte Lebensmittel einzukaufen. An manchen Tagen verdient sie bis zu fünfzig Schilling – genug, um sich ein mit Lammfleisch, Zwiebeln und Kartoffeln gefülltes Baguette zu kaufen. Mädchen dürfen die Teebuden nicht betreten, also muss sie die Schuljungen in Augenschein nehmen, bis sie einen findet, der ehrlich genug aussieht, um für sie reinzugehen. Bisher ist sie nur einmal hereinlegt worden; grinsend stopfte sich der Junge in seiner Kakiuniform auf der anderen Seite der Glastür ihr Baguette in den Mund, verspottete sie mit wiegenden Hüften. Als er schließlich aus der Teebude schlenderte, versetzte sie ihm einen heftigen Tritt in den Magen, glaubte zu sehen, wie sich ihr täglich Brot unter seiner Haut wölbte.
    Sie hasst Schuljungen. Eigentlich mag sie überhaupt nur wenige Menschen: Bashir, der auf seinem Esel sitzend Brunnenwasser verkauft, ihre Blechtasse aber umsonst füllt. Qamar, geschieden, groß, drall und parfümiert, die sie auf dem Markt in ihre molligen Arme schließt und herzt und küsst, und Eid, der blinde
ma’alim
, der den Marktkindern unter einer Weide in der Nähe des Museums Koranunterricht gibt. Karnickels Sarong hat sich bis zu den Knien hochgeschoben, sein Schnarchen wird beinahe ganz vom Prasseln des Feuers verschluckt. Ihre Beine sind müde, ihre Lider kurz vorm Zufallen, aber sie kann nicht neben ihnen hier schlafen. Schwer lässt sie sich auf den Mulch fallen und setzt sich in den Schneidersitz. Sie wird bis zum Sonnenaufgang warten, das Wasser aus ihrer Tonne kippen und ein paar Stunden schlafen.
    Mit lautem Vogelgesang bricht die Morgendämmerung an, zwischen den Bäumen schlagen im schummrigen Sonnenlicht schwarze Flügel. Deqo wirft einen raschen Blick zu den Betrunkenen hinüber und isterleichtert, dass sie immer noch neben dem Fass schlummern, in dem das Feuer niedergebrannt ist. Sie steht auf und macht sich auf zur Hargeisa-Brücke. Noch ist sie früh genug dran, um rechtzeitig bei der Hauptmoschee einzutreffen und etwas von dem Brot und dem Tee abzubekommen, die morgens kostenlos ausgegeben werden. Schon jetzt hat die Hitze den Regen der Nacht getrocknet, nur im Unterholz hängt noch ein wenig Feuchtigkeit, die ihre Plastiksandalen zum Quietschen bringt. Deqo hat sie eines Abends unter einem
Whodead-Stand
gefunden, wo sie der Wind hingetragen hatte, zu ramponiert, als dass es sich für den Besitzer gelohnt hätte, sie aufzuklauben, ehe er vor der Ausgangssperre nach Hause gehastet war. Sie gehören gar nicht zusammen, ein

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