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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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und Gelb. Ich habe keine Ahnung, was das für Vögel waren oder woher sie kamen, aber sie krächzten so laut wie die Möwen in unserer Heimat, dass es einem in den Ohren schmerzte. Auch gab es hier Hunde, wie ich sie noch nie gesehen hatte: groß und schlank mit langen, schmalen Köpfen, muskulösen Schultern, doch eingefallenen Seiten. Sie waren fast so groß wie unsere Wolfshunde, doch feiner gebaut, um besser im Sand laufen zu können.
    Was ich allerdings erst nach einer Weile entdeckte, waren Katzen. Nachdem ich sie jedoch erst einmal gesehen hatte, erstaunte mich ihre Zahl. Es waren unglaublich viele, und sie waren überall. Man konnte nicht in einen Schatten in der Stadt blicken, ohne dort das Funkeln gelber Augen zu sehen; es gab nicht einen Baum, nicht einen Marktstand, nicht eine Tür, ein Fenster oder eine Mauer, wo nicht eine Katze saß, ging oder sich streckte.
    In den gewundenen Straßen wimmelte es von jeder Art Händler, die man sich nur vorstellen kann: Einige arbeiteten an Ständen, andere trugen ihre Waren in Stapeln auf dem Kopf oder in den Armen ... und jeder Einzelne von ihnen schrie aus vollem Hals, um sich im allgemeinen Lärm Gehör zu verschaffen. Hier kam mir ein Kerzenmacher entgegen mit Hunderten von Kerzen, deren Dochte an eine lange Stange gebunden waren; dort rief ein Metzger mit Wurstringen an den ausgestreckten Armen nach Kunden; neben ihm balancierte ein Schreiner vier Stühle aufdem Rücken; ein Stück weiter rasselte ein Eisenwarenhändler mit den Ketten, die er zum Verkauf anbot ... und es gab noch mehr: Goldschmiede, Juwelen- und Sklavenhändler und alle möglichen Arten von Leuten, die Obst, Gemüse und andere Nahrungsmitteln feilboten.
    Jeder freie Platz auf der Straße, sei er nun groß oder klein, wurde zu einem Marktplatz. Ich sah Karren voller süßer schwarzer Datteln und andere mit Persimonen, Birnen, Limonen, Mandeln oder grünen bitteren Quitten.
    Menschen drängten sich auf diesen scheinbar willkürlich entstehenden Märkten oder Basaren, wie sie genannt werden, und feilschten derart leidenschaftlich und laut mit den Händlern, dass man kaum sein eigenes Wort verstehen konnte. Durch das Gedränge huschten kleine braune Kinder. Sie tollten um die Beine der Erwachsenen herum und trugen mit ihrem Geschrei ihr Übriges zu dem allgemeinen Lärm bei. Mehr als einmal beobachtete ich allerdings auch, wie eines dieser Kinder einen ahnungslosen Erwachsenen um seine Börse erleichterte.
    Unsere Prozession schlängelte sich durch die Menge, durch ein exotisches Viertel nach dem anderen - auch einem, das ausschließlich aus winzigen Häusern bestand. Dieses schien die einzige ruhige Ecke in der gesamten Stadt zu sein, und ich sollte auch bald den Grund dafür erfahren. Zunächst einmal ließ mich jedoch allein schon der hier herrschende Gestank erahnen, dass die Einwohner dieser Gegend ein großes Unglück befallen haben musste. Tatsächlich war es der Geruch des Todes, der über den verlassenen Straßen hing; nur dann und wann sah man schwarz gewandete Männer von einem Haus zum andern huschen.
    »Ah, die Totenstadt«, erklärte mir Wazim, als ich ihn danach fragte. »Viele Ägypter halten noch immer an den alten Traditionen fest. Sie betrachten es als ihre Pflicht, ihre Vorfahren mit Unterkunft und Essen zu versorgen.«
    Die Männer des Kalifen schenkten dem Tumult keinerlei Beachtung, der um sie herum herrschte, sondern gingen hoch erhobenen Hauptes durch die Menge hindurch, als sei sie unsichtbar; nicht ein einziges Mal schauten sie nach rechts oder links. Dennoch dauerte es wegen des Gedränges und der Enge der Straßen fast den ganzen Morgen, bis wir unser Ziel erreichten: einen Palast aus Stein, der aussah, als wäre er aus einem einzigen Felsblock herausgehauen worden.
    In der schier unerträglichen Hitze der Mittagssonne wirkte der blasse ockerfarbene Stein wie stumpfes Gold. Rote und blaue Wimpel flatterten unregelmäßig an großen Standarten, als wir die lange Rampe zu dem reich verzierten Eisentor hinaufschritten. Vier große schwarze Männer mit Speeren und Löwenfellen über den Schultern bewachten den Eingang. Als der Gesandte sich ihnen näherte, öffneten die Männer wortlos das vergoldete Tor. Schließlich betrat auch der Tross den Palastbezirk, und ich hatte mein prächtiges, neues Verlies erreicht.

    och immer benommen von der berauschenden Reise durch die Straßen Kairos bewegte sich unser Tross durch ein Labyrinth aus Toren, Korridoren, Mauern und Wegen und

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