Der Gast des Kalifen
zu, dass es nie wieder vorkommt.«
»Oh, das habe ich schon hundertmal bereut.« Er musterte mich von Kopf bis Fuß. »Auch glaube ich nicht, dass ich je wieder Grund zum Schlafwandeln haben werde.«
Damit war die Angelegenheit erledigt und wurde nie wieder erwähnt, weder von Padraig noch von sonst irgendjemandem. Lass mich dir sagen, Cait, dass auch ich diese Nacht seitdem hundertmal bereut habe. Doch Gott ist gut: Aus diesem schmachvollen Vorfall entwickelte sich eine Freundschaft, die nicht mit Gold aufzuwiegen ist, denn von dieser Nacht an wurde Padraig mein treuester Gefährte und geistiger Ratgeber - mein anam cara, wie er es nennt: mein Seelenverwandter.
Eine weitere Folge der Torheit jener Nacht war, dass ich darüber nachzudenken begann, wie ich für dieses feige Versagen Buße tun könnte, und es musste eine selbst auferlegte Buße sein. Einige mögen das vielleicht für übermäßig fromm oder vielleicht sogar verrückt halten, doch sollen sie denken, was sie wollen: Ich weiß, wie kurz ich in jener Nacht davor gestanden habe, das göttliche Geschenk des Lebens einfach so wegzuwerfen. Wenn ich mich ertränkt hätte, Cait, hätte ich mich selbst zu einer Ewigkeit in Elend verdammt. Das weiß ich. Stattdessen jedoch hat der Herr mich über die Maßen gesegnet. Auch wenn ich jetzt hier in einem prächtigen Gefängnis sitze und auf mein Todesurteil warte, so bin ich doch der dankbarste aller Männer, denn ich habe wahre Freundschaft gekannt. Auch danke ich dem Herrn für das anmutige, glückliche Kind, das meine Tochter ist, und dafür, dass man mir gestattet hat, so viel für das unsichtbare Reich unseres Erlösers zu tun.
Nun, mach daraus, was du willst. Wie auch immer das geheimnisvolle innere Herz funktionieren mag, das Gott uns Menschen gegeben hat, in jedem Fall begann ich über ein großes Werk der Buße nachzudenken, das ich für meine Tat leisten wollte. Während ich darüber nachdachte, fand ich Erlösung vom Entsetzen und der Trauer über den unglücklichen Tod meiner geliebten Frau. Meine Lebenslust kehrte wieder zurück und mit ihr ein neues Verlangen nach geistigen Dingen.
Padraig bemerkte meine neu gefundene Hingabe als Erster. Eines Abends, als wir nach der Vesper bei einem Becher Bier beisammen saßen, sagte er: »Pass auf, Duncan. Wenn du so weitermachst, willst du demnächst noch Priester werden.«
»Was wäre daran falsch?«, erwiderte ich mit Trotz in der Stimme. »Glaubst du, ich wäre nicht dafür geeignet? Mein Bruder ist Priester, erinnerst du dich? Ich weiß sehr wohl, was es dafür braucht. Ich könnte.«
»Ich gebe auf!« Er hob die Hände. »Das war ein Scherz. Du würdest sicher einen feinen Priester abgeben, daran zweifele ich nicht.«
Trotz dieser Worte hörte ich einen Vorbehalt in seiner Stimme. »Aber?«
Er schob die Unterlippe vor und betrachtete mich nachdenklich, sagte aber nichts.
»Komm schon. Was geht dir im Kopf herum?«
»Ich würde niemals jemanden entmutigen, Priester zu werden.«
»Doch mich entmutigst du. Hey! Na, das lob ich mir.«
»Du missverstehst mich«, sagte er rasch. »Es gibt viele Priester unter den Cele De, doch nur wenige Edelleute. Unser Herr und Gott hat dich reich bedacht, Duncan. Wenn du ihn dafür ehren willst, dann nutze die Gaben, die er dir dafür gegeben hat.«
»Du meinst, ich solle ihm als Edler dienen?«
Padraig breitete die Arme aus. »Sieh dir einmal an, was dein Vater alles zum Wohle der Cele De erreicht hat. Kannst du dir vorstellen, dass es auch nur halb so viel gewesen wäre, wäre er ein Mönch gewesen?«
Ein paar Worte, so leicht dahingesagt . aber sie lenkten meine Gedanken in eine neue Richtung. Ich dachte darüber nach, was mein Vater als junger Mann getan hatte: Als er sich der Großen Pilgerfahrt angeschlossen hatte, war er sogar noch um einiges jünger gewesen als ich. Schließlich beschäftigten mich diese Gedanken fast jeden wachen Augenblick, und schon bald dachte ich an nichts anderes mehr. Konnte es sein, fragte ich mich, dass auch ich dazu ausersehen war, als Pilger ins Heilige Land zu ziehen?
Einige Abende später erwähnte ich per Zufall diese Gedanken gegenüber meinem Vater. Wir saßen an der Tafel und aßen zu Abend; wie immer in Murdos Halle, so leisteten uns auch diesmal ein paar Pächter und Freunde Gesellschaft. Unter anderem waren einige der Steinmetze, die an der Kirche arbeiteten, zum Essen eingeladen worden; das Bier floss reichlich und lockerte die Zungen.
Die Unterhaltung wandte sich
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