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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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wie er Karen schlug. Sie kannte die Wahrheit.
    Die Scham brannte in ihm, als er sagte: »Ich bin eben nicht perfekt.«
    »Nein. Aber insgesamt bist du gar nicht mal so übel.«
    »Danke. Du auch nicht.«
    Sie grinste.

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    Als Neal seine Schuhe wieder anzog, sagte Sue: »Wir könnten Geld sparen, wenn nur einer von uns in The Fort gehen würde.«
    »Wir könnten noch mehr sparen, wenn keiner von uns geht«, entgegnete Neal.
    »Ich hab gemeint, dass ich ganz normal reingehe und du mit dem Armband. Verstehst du? In mir. So zahlen wir nur den halben Eintritt.«
    Er sah sie an und war versucht, sich darauf einzulassen.
    Doch vorhin, als sie gebadet hatte, war die Versuchung noch viel größer gewesen. Er hatte ihr widerstanden, also würde er auch diesem ungenierten Angebot widerstehen.
    »Du bist ja richtig scharf drauf, mich in dir zu haben.«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich hab nichts zu verbergen.«
    »Sieht ganz so aus.«
    Sie wackelte mit Schultern und Hüfte und bewegte ihre Hände wie ein Magier vor dem Gesicht auf und ab. »Ich wäre deine Gastgeberin. Es wäre meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass du dich amüsierst. Ich würde bei allen Karussells mitfahren, bei den Imbissen zuschlagen und einfach alles machen. Das wäre toll. Du bleibst einfach hier im Zimmer, und ich nehme von dem ganzen Essen zu, und wenn der Pony-Express zusammenbricht oder so, während ich drin bin, geb ich den Löffel ab, und dir passiert nix.«
    »Ein angenehmer Gedanke.«
    »Also … ich bin nicht aufs Sterben aus. Aber wenn es passiert, könntest du einfach rausspringen und wärst in Sicherheit.«
    »Sehr fürsorglich von dir.«
    »Und wir würden Geld sparen.«
    »Warum willst du Geld sparen? Ehe du dich’s versiehst, werden wir fünfzigtausend Dollar haben.«
    »Hm, das ist ja noch nicht sicher.«
    Neal stand auf. »Lass uns zusammen zu The Fort gehen. Ich bin extra so weit gefahren. Jetzt habe ich nicht vor, hier im Zimmer zu bleiben und den ganzen Spaß nur in dir zu genießen.«
    »In mir wäre es aber ein größerer Spaß.«
    »Vielleicht.«
    »Du hast keine Ahnung, was du verpasst.«
    »Ich kann es mir vorstellen. Aber ich muss selber gehen. Ich habe nämlich Hunger. Wenn ich nur genieße, was du isst, werde ich nicht satt.«
    »Einverstanden«, sagte sie. »Ich wollte es dir nur anbieten.«
    »Bist du startklar?«
    »Fast.« Sie ging zurück ins Bad und schloss die Tür.
    Während sie weg war, überlegte Neal, was er mit dem Armband tun sollte. Er erwog, es zu der Pistole in die Reisetasche zu legen, hatte jedoch Angst, es könnte in seiner Abwesenheit gestohlen werden. Deshalb steckte er es sich vorn in die Hosentasche.
    Als Sue aus dem Bad kam, schwang die Jeanshandtasche an ihrer Hüfte. Sie trug weiße Socken und Turnschuhe. Das Handtuch hatte dunkle Feuchtigkeitsflecken auf ihrem blauen Hemd hinterlassen. Sie hatte sich ihr noch nasses Haar zurückgekämmt. Es hing wie eine dicke gelbe Fahne an ihrem Rücken herunter. Sie sah blass und frisch und hübsch aus.
    »Seh ich okay aus?«, fragte sie.
    »Toll. Bist du fertig?«
    Sie sah an sich herunter, dann trat sie vor einen Spiegel und betrachtete sich. »Ich finde, ich seh super aus«, sagte sie schließlich und lachte.
    Als Neal sie von vorn und von hinten zugleich sehen konnte, wurde ihm mit einem Mal bewusst, dass ihre Arme und Beine praktisch nackt waren. Keine Ärmel, und der Rock war auch nicht der Rede wert.
    »Hast du keine Angst, dich zu erkälten?«, fragte er.
    »Was soll ich machen? Ich hab doch sonst nichts, oder willst du, dass ich wie eine Kellnerin rumlaufe.«
    »Ich habe noch Sachen in meinem Koffer.«
    »Ist schon okay.« Sie kam zu ihm, nahm seinen Arm und zog ihn zur Tür.
    Auf dem Korridor begegneten sie niemandem. Sie mussten einen Augenblick auf den Aufzug warten. Er war leer, wie beim letzten Mal.
    Sue war erneut fasziniert von den Spiegeln. »Es ist, als würde man drin verschwinden«, sagte sie. »Man wird immer kleiner und kleiner, und dann ist man einfach weg.« Sie verzog das Gesicht. »Da läuft es mir irgendwie kalt den Rücken runter.« Ihre Hand schloss sich fester um Neals Arm.
    »Fehlt nur noch ein Spiegel auf dem Boden«, sagte er.
    »Hey!« Ohne ihn loszulassen, stieß sie ihn mit der Schulter an.
    »Das habe ich nur gesagt, um dich abzulenken.«
    »Das würde dir gefallen, so ein Spiegel auf dem Boden, damit du mir unter den Rock gucken kannst.«
    »Nein«, sagte Neal.
    Der Aufzug fuhr durch bis ins Erdgeschoss. Sie stiegen im

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