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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Kasinobereich aus, gingen durch den Rauch und den Geruch von Schnaps und Parfum und den Lärm der Spielautomaten zur Rezeption und traten hinaus in das spätnachmittägliche Sonnenlicht und den warmen Wind.
    »Ah, ist das schööön«, sagte Sue. Sie lief voraus und streckte die Arme aus, als wollte sie das Sonnenlicht oder den Wind umarmen. Nach ein paar Schritten wirbelte sie herum. Neal konnte durch die abgeschnittenen Ärmel einen Blick auf die blasse Haut unter ihren Achseln werfen. Sie ging rückwärts und lächelte ihn mit erhobenen Armen an. Der Wind kam von hinten und blies ihr das Haar ins Gesicht.
    Mein Gott, sieh sie dir an.
    Neal empfand Traurigkeit und Verlangen und Freude zugleich.
    Er schüttelte den Kopf.
    Ich kann mich nicht in sie verlieben, sagte er sich. Sie ist noch ein Kind.
    Ein Dummkopf. Eine Nervensäge.
    Ein Engel.
    Hör auf damit! Denk an Marta.
    Sue ließ die Arme sinken, ging jedoch weiter rückwärts. »Was ist los?«, fragte sie.
    »Nichts.«
    »Du siehst aus, als ob dich was quälen würde.«
    »Nur du.«
    »Wie nett von dir.« Sie lachte und kam zu ihm, um seine Hand zu nehmen und neben ihm zu gehen.
    Als sie den kleinen Ort hinter sich gelassen hatten und vor ihnen nur noch The Fort lag, stiegen sie vom Bürgersteig herunter und gingen mitten auf der Straße weiter. Bald endete das Pflaster. Eine unbefestigte Straße aus weicher gelber Erde führte zwischen zwei Feldern zum Eingang. Vor dem Haupttor stand eine Reihe Ticketschalter. Von dem Dutzend Kabinen war nur eine offen. Sieben oder acht Leute standen dort an.
    Über jeder Kabine war auf einem großen Schild der Eintrittspreis angeschlagen. Für Erwachsene kostete es zwanzig Dollar.
    Freitags und samstags hatte The Fort bis Mitternacht geöffnet, an den anderen Tagen nur bis zehn Uhr.
    Es war Dienstag.
    »Meine Fresse!«, stieß Sue aus.
    »Was?«
    »Zwanzig Dollar! Das sind insgesamt vierzig! Ich hab doch gesagt, wir sollen das Armband benutzen.«
    »Immer noch billiger als Disneyland«, wandte Neal ein.
    »Das können wir doch nicht bezahlen!«
    »Ich zahle«, sagte Neal. »Ist schon in Ordnung. Mach dir keine Gedanken deswegen.«
    »Vierzig Kröten!«
    »Beruhig dich.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist Diebstahl.«
    »Nicht der Rede wert«, sagte Neal. »In ein paar Tagen haben wir die Fünfzigtausend.«
    »Ja, klar.«
    Obwohl Sue protestierte, blieben sie in der Schlange stehen. Mit dem Eintrittspreis hatte Neal kein Problem, doch er wollte nicht so viel Bargeld ausgeben, deshalb beschloss er, mit Kreditkarte zu zahlen. Die Karte würde Spuren hinterlassen. Aber das sollte keine Rolle spielen, denn er glaubte nicht, dass die Polizei hinter ihm her war.
    Wie auch?
    Sie könnten seine Visitenkarte in Elises Haus gefunden haben, doch das bezweifelte er. Er war sich fast sicher, dass Rasputin die Karte mitgenommen hatte.
    Und Rasputin war offenbar noch nicht einmal in seiner Wohnung gewesen, deshalb schien es unwahrscheinlich, dass er versuchte, Neal über seine Kreditkartenzahlungen ausfindig zu machen.
    Wenn er überhaupt dazu fähig war.
    Aber nehmen wir mal an, er ist dazu in der Lage. Nehmen wir an, es geht ihm besser, und er findet, es sei Zeit, es mir heimzuzahlen, mich zum Schweigen zu bringen …
    Neal schob die MasterCard zurück in seine Brieftasche und kramte nach Bargeld, als ihm plötzlich einfiel, dass er das Zimmer im Apache Inn bereits mit Kreditkarte bezahlt hatte.
    Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen.
    Wahrscheinlich schadet es nicht, sagte er sich. Trotzdem war es ein Fehler, im Hotel die Kreditkarte zu benutzen. In dem Moment war er nicht einmal auf die Idee gekommen, dass Rasputin ihn auf diese Weise aufspüren könnte.
    Mach dir deswegen keine Sorgen. Selbst wenn er zu den Typen gehört, die mithilfe der Datenautobahn alles über einen herausfinden können, muss er erst noch die echte Autobahn aus Beton bewältigen. Er braucht acht oder neun Stunden, bis er hier ist.
    Neal rechnete nach.
    Der Mistkerl könnte gegen Mitternacht hier sein.
    Aber das wird nicht geschehen, sagte er sich. Falls seine Schussverletzungen nicht wie durch ein Wunder verheilt waren. Niemand würde sich mit drei Kugeln im Leib der Tortur einer achthundert Kilometer langen Autofahrt aussetzen.
    Wenn er nicht verrückt ist – oder tot –, wird er die nächsten Wochen im Bett verbringen.
    Neal zahlte ihre Eintrittskarten mit der MasterCard. Die Tickets reichte er kurz darauf einem jungen Mann in Kavallerieuniform, der sie

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