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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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aufbietet und meine Barone immer noch uneins sind. Die Garde ist das loyale Herz meiner Streitmacht.«
    »Und Eure Barone werden weiter uneins bleiben, solange Eugenides nur eine Galionsfigur ist.«
    Attolia wartete.
    »Und Eugenides sträubt sich, König zu sein. Und?«, drängte Relius.
    Attolia hob die Hände in geheuchelter Hilflosigkeit. »Ich habe zugestimmt, die Garde zu verkleinern.«
    Relius wartete.
    »Unter der Bedingung, dass er Teleus fragen und Teleus zustimmen muss.«
    Relius lachte freiheraus. Er war so weit genesen, dass kein Schmerz ihn mehr zwang, damit aufzuhören.
    Die Königin sagte mit einem damenhaften Glucksen: »Ich glaube, Ihr habt einmal genau das Gleiche mit mir gemacht: Als Ihr mir gesagt habt, dass ich einen Okloi-General einsetzen könnte, sobald ich die Zustimmung des Rats der Barone hätte.«
    »Und ich hatte recht«, sagte Relius. »Als Ihr erst einmal bewiesen hattet, dass Ihr den Rat umstimmen konntet, konntet Ihr befördern, wen Ihr nur wolltet.«
    »Habe ich denn nicht recht?«
    »Doch, voll und ganz. Teleus beugt sich keiner überlegenen Gewalt. Er beugt sich auch nicht der Vernunft und in seiner verdammten Sturköpfigkeit noch nicht einmal seinem Selbsterhaltungstrieb   – aber einem König würde er sich beugen. Wenn Teleus Eugenides für einen König hält, dann nur, wenn er wirklich einer ist. Es ist eine brillante Strategie, meine Königin.«
    »Es tut gut, Euch das sagen zu hören«, erwiderte Attolia ruhig
und betrachtete wieder ihre Hände, die immer noch in ihrem Schoß ruhten. »Ich habe Eure Ratschläge vermisst.«
    Die Königin raffte ihre Röcke und wollte aufstehen. Zögernd hob Relius die Hand, um sie aufzuhalten. »Meine Königin«, sagte er, »als Ihr sagtet, dass Ihr mir all die Jahre vertraut hättet …?«
    Jetzt zeigte sich das Lächeln, das sie so oft in ihrer Stimme verbarg, auf ihrem Gesicht. Relius hatte schon früher das Vorrecht genossen, dieses Lächeln zu sehen. Er wusste, dass er dieses Privileg mit nur wenigen anderen teilte. Es freute ihn zutiefst, dass einer dieser anderen der König war. »Ja, Relius«, sagte die Königin lächelnd. »Ich habe Euch vertraut, und, nein, das bedeutet nicht, dass ich Euch nicht hätte beobachten lassen und dass ich keine Spione hätte, die meine Spione beschatten, und dann wieder Spione, die diese anderen im Auge behalten.«
    »Gut«, sagte Relius erleichtert.
    Die Königin schüttelte den Kopf und sagte warnend: »Damit ist es nun vorbei, mein Freund. Ihr seid in einen neuen Rang erhoben worden, in dem Euch bedingungslos vertraut wird. Blickt nicht so unbehaglich drein. Ich habe gelernt, dass Eure Philosophie einen Fehler hat. Wenn wir wirklich niemandem vertrauen, können wir nicht überleben.« Sie beugte sich über ihn, um ihn auf die Wange zu küssen, raffte dann ihre Röcke und war fort. Relius blieb in dem stillen Zimmer zurück und zog eine neue Philosophie in Erwägung.
     
    Die Staatsangelegenheiten nahmen weiter ihren Lauf. Die Königin bedachte ihren König mit allen Beweisen der Zuneigung, und das wurde als notwendige Verstellung akzeptiert. Die Höflinge nahmen sich nun vor Eugenides in Acht; obwohl er nicht mehr als ein Werkzeug der Königin war, war er doch offensichtlich ein gefährliches. Die Garde hielt daran fest, im Namen ihres
Hauptmanns gekränkt zu sein. Die großen Staaten des Kontinents reagierten auf alle Gerüchte über Kriegsvorbereitungen des Meder-Reichs mit höflichem Unglauben, und der König von Sounis erlangte langsam die Kontrolle über sein Land zurück; von Sophos, dem verschwundenen Erben, fehlte weiterhin jede Spur. Sejanus wurde unter der Anklage der Verschwörung zum Königsmord der Prozess gemacht, und er sagte aus, dass die Meuchelmörder von Sounis geschickt worden seien. Die Königin befahl, angeblich auf Anregung des Königs hin, dass ihm die Höchststrafe für seine Verbrechen erspart bleiben und er stattdessen im Binnenland eingekerkert werden sollte. Der letzte Attentäter starb im Gefängnis der Königin, nachdem er enthüllt hatte, dass seine Dienste dem König von Sounis von Nahuseresh, dem ehemaligen Gesandten des Meder-Reichs in Attolia, zur Verfügung gestellt worden waren.
     
     
    Die Kammerherren standen herum und lauschten dem gedämpften Lärm der Zerstörung. Dass sie überhaupt etwas hören konnten, war der Heftigkeit der Vorgänge jenseits der schweren Holztür geschuldet. Bei jedem Krachen zuckten sie zusammen. Froh, in der Wachstube des Königs

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