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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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verscheuchte sanft seine Besorgnis. »Bin ich nicht Herrscherin genug, Relius?«, fragte sie. Auf ihrem Gesicht lag kein Lächeln, dafür aber in ihrer Stimme, und Relius, der jeden Tonfall bei ihr gut kannte, hörte es und atmete freier.
    Die Königin sagte: »Ganz gleich, wie sicher ich die Zügel der
Macht in der Hand halte  – solange ich keinen Ehemann hatte, mussten meine Barone kämpfen, weil sie befürchteten, dass vielleicht ein anderer diese Macht an sich reißen könnte. Erst wenn sie sicher sein können, dass dieses Ziel für sie selbst und auch für ihre Nachbarn außer Reichweite liegt, kann es Frieden geben, Relius. Oh, es sind dumme Männer unter ihnen, und ein paar Kriegtreiber, aber wir wissen doch beide, dass sie größtenteils nur aus dem Grund gegen mich kämpfen, weil sie sich voreinander fürchten. Wenn es einen König gäbe, dessen Machtposition gesichert wäre, würden sie sich einig werden … Ich habe so viel Zeit gegen das Anrücken der Meder herausgeschunden, wie ich nur konnte«, fuhr sie nach einem kurzen Innehalten fort. »Wenn Attolia nicht vereint ist, wenn sie wieder zuschlagen, dann sind wir alle verloren: König und Königin, Patronoi und Okloi. Aber es liegt nicht an mir allein, ob Eugenides König wird oder nur wie einer erscheint, Relius.«
    »Er weigert sich?«
    »Er weigert sich, seine Stellung zu verteidigen oder sich durchzusetzen. Er … drückt einfach die Augen zu und tut so, als würde er nichts hören. Er lässt sich nicht lenken oder zwingen. Der eddisische Botschafter hat wohl alles versucht, bis hin zu Erpressung, und ist doch gescheitert. Ich glaube, er hat Angst.«
    »Ornon oder der König?«
    »Beide. Ornon wirkt mit jedem Tag mehr wie ein Mann am Rande des Abgrunds. Aber ich glaube, Eugenides fürchtet sich.«
    »Wovor?«
    »Davor, zu versagen«, antwortete Attolia, als ob Relius zumindest diese Furcht hätte erkennen sollen. »Davor, mir die Macht zu stehlen.«
    »Ihr wärt dadurch nur umso stärker.«
    »Ich weiß«, beschwichtigte ihn Attolia. »Ich habe ja auch nicht gesagt, dass ich Angst hätte. Er aber schon, glaube ich.
Vor seinem eigenen Machthunger. Es ist ihm zwar nicht fremd, Macht auszuüben, aber bisher ist das immer heimlich geschehen. Ich könnte ihm natürlich befehlen, König zu sein. Er gibt mir alles, was ich von ihm verlange.«
    »Das würde aber nur Eure Machtvollkommenheit bestätigen, nicht seine«, wandte Relius ein.
    »Ganz recht«, pflichtete die Königin ihm bei.
    Relius betrachtete sie, wie sie dort neben ihm saß. Sie wirkte nicht übermäßig besorgt. »Meine Königin, ich bin zuversichtlich, dass er, wenn Ihr Euren Meister gefunden habt, den seinen gefunden hat.«
    »Er ist störrisch«, rief Attolia ihm ins Gedächtnis, »und sehr stark.«
    »Bei Erondites’ Sturz hat er doch gewiss gezeigt, was in ihm steckt?«, fragte Relius.
    »Die Barone ziehen in Scharen durch mein Schlafzimmer, um einen Blick auf ihn zu erhaschen.«
    »Und?«, fragte Relius.
    »Er lächelt einfältig und prahlt.«
    Relius schnaubte. »Ich nehme an, die Barone haben gemeldet, dass der Plan von Anfang an Eurer gewesen sein muss und der König Euer tumbes Werkzeug war.«
    »So ist es.« Die Königin nickte. Sie sah auf ihre Hände hinab, die in ihrem Schoß ruhten, während Relius sich die Komödie vorstellte, die der König gespielt haben musste  – sie konnte sich nicht sehr von den Szenen unterschieden haben, die er selbst mit angesehen hatte, wenn der König den Narren gespielt hatte.
    »Ihr müsst ihn aus der Reserve locken«, mahnte Relius sie.
    Sie hob den Kopf, und er war fassungslos, als er ihre Augen vor Tränen glänzen sah. »Ich bin es müde, Leute anzutreiben und sie zu zwingen, meinen Willen zu tun. Ich bin wie ein Streitwagen mit Klingen an den Rädern: Ich mähe die nieder,
die mir am nächsten stehen, meine Feinde und meine liebsten Freunde zugleich.«
    »Ich habe an Euch versagt, meine Königin«, sagte Relius noch einmal.
    »Ihr habt mir gedient. Ich habe Euch mit Folter belohnt  – und hätte er nicht eingegriffen, dann auch mit dem Tod. Er liebt mich, und ich belohne seine Liebe, indem ich ihm etwas aufzwinge, das er verabscheut. Am Abend kehrt er, nachdem wir getanzt haben, selten auf den Thron zurück; er tanzt mit anderen oder wandelt im Saal hierhin und dorthin. Der Hof glaubt, dass er versucht, freundlich zu sein und seine Aufmerksamkeit auf alle zu verteilen. Nur ich sehe, dass er immer auf einen leeren Platz zuhält und

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